Zuger Politiker sind früh aktiv: Was bringt’s?

«Raus aus der Kuschelecke, rein in den Wahlkampf»

Es hat geklappt – nun gehts ans Eingemachte.

(Bild: woz)

Die Sommerferien hindern Zuger Politiker nicht daran, sich schon mal für die Wahlen im Oktober zu positionieren. Ganz eifrige haben ihre Plakate noch vor den Ferien an der Strasse aufgestellt, andere treten jetzt stramm in die Pedale. Doch fängt der frühe Vogel wirklich den Wurm, respektive den Wähler?

Seit Wochen lächeln sie Autofahrer von den Wahlplakaten entlang den Strassen im Kanton Zug an: Florian Weber und Andreas Hostettler von den Zuger Freisinnigen. Beide wollen bekanntlich in den Zuger Regierungsrat. Dieser wird bei den Gesamterneuerungswahlen am 7. Oktober gewählt.

Hitze und Politik – verträgt sich das?

7. Oktober?! Ist das nicht ein bisschen gar zu früh, um bei den Wählern auf sich aufmerksam zu machen? Derzeit sind die meisten Wähler eher damit beschäftigt, nach einem schattigen Plätzchen Ausschau zu halten, denn sich in der schweisstreibenden Hitze auch noch zu überlegen, wem sie im Herbst ihre Stimme geben sollen.

Dabei wurden FDP-Parteipräsident Andreas Hostettler und der freisinnige Kantonsrat Florian Weber ja im April von ihrer Partei nominiert. Warum also nicht die beiden, die nicht allen Zugern bekannt sind, gleich auf den Schild hieven? Schliesslich handelt es sich um eine Majorz- und eine Personenwahl, wenn es darum geht, wer neu in den Rang eines Zuger Magistraten erhoben wird.

«Wir sind die Gejagten.»

Andreas Hostettler, Zuger FDP-Regierungsratskandidat

Zudem steht die Zuger FDP ja dieses Mal extrem unter Druck, Nachfolger für die scheidenden Regierungsräte Urs Hürlimann und Matthias Michel zu finden. Da kann eine Extratour in Sachen Wahlkampf nicht schaden.

«Der frühe Vogel fängt den Wurm»

Das sieht auch Andreas Hostettler so. «Wir von der FDP sind die Gejagten, und deshalb haben Florian Weber und ich uns entschlossen, relativ früh mit dem Wahlkampf zu beginnen – nach dem Motto: Der frühe Vogel fängt den Wurm», erklärt der Baarer Freisinnige.

Die Plakatkampagne im Juni – zwei Plakate jeweils zwei Wochen lang in einer Zuger Gemeinde aufzustellen – habe dazu gedient, eine erste Bekanntheit zu erreichen. «Uns kennt man draussen ja nicht dermassen», räumt Hostettler bescheiden ein.

Sommerlich vereint auf dem Plakat: Schon sehr früh haben Florian Weber und Andreas Hostettler von der Zuger FDP mit ihrem Wahlkampf begonnen. Zu früh?

Sommerlich vereint auf dem Plakat: Schon sehr früh haben Florian Weber und Andreas Hostettler von der Zuger FDP mit ihrem Wahlkampf begonnen. Zu früh?

(Bild: zvg)

Die Kosten für diese Kampagne – rund 5’000 Franken – halten sich seiner Meinung nach im Rahmen. «Ich habe nun für 2’000 Franken meine persönliche Kampagne nochmals verlängert.» Will heissen: ein Plakat in einer Gemeinde pro Woche. Das sei insgesamt auch günstiger, als in der Zeitung zu inserieren. Mitte August beginne dann die kantonale Wahlkampfkampagne der FDP.

In den Wahlkampfmodus treten

«Mir hat dieser recht frühe Wahlkampf auf jeden Fall sehr geholfen, mich innerlich aus meiner Kuschelecke herauszubewegen und bereit zu sein für die kommende Wahl», bekennt Hostettler. Sprich: in den Wahlkampfmodus zu treten. Denn es sei schon recht speziell, plötzlich irgendwo mit seinem eigenen Konterfei auf einem Plakat konfrontiert zu werden.

Ob die Wähler seinen frühen Wahlauftritt honorieren, kann er nicht einschätzen: «Die einen werden es gut finden, die anderen schlecht und wieder anderen ist es egal», so Hostettler. Er selbst schätzt seine Wahlchancen «schwankend» ein. «Ich glaube aber sicher an meine Chancen, als Unternehmer im Zuger Regierungsrat einen Mehrwert zu bringen – abgerechnet wird am 7. Oktober.»

«Neue Bewerber müssen die Sommermonate nutzen.»

Iwan Rickenbacher, Politikexperte und Kommunikationsberater

Politikexperte und Kommunikationsberater Iwan Rickenbacher aus dem Kanton Schwyz findet es grundsätzlich nicht schlecht, früh mit dem Wahlkampf zu beginnen. Sogar in den Ferien.

«Für neue Kandidaten ist es ein Vorteil, wenn sie einen längeren Wahlkampf führen können, um sich die Aufmerksamkeit der Wähler zu sichern.» Bekannte, bisherige Bewerber könnten sich dagegen auf die wichtige Phase konzentrieren. «Neue Bewerber müssen die Sommermonate nutzen, denn nach den Ferien bleiben wenige Wochen, bis die Wahlunterlagen bei den Wählern eintreffen.»

Gerade die Sommermonate findet Rickenbacher nicht ungeeignet, um sich als Kandidat zu positionieren. «Die Sommermonate sind nicht ungünstig, um auf den Herbst hin Wahlkampf zu führen. Immer mehr Wähler seien nämlich nicht auf Schulferien angewiesen, um ihre eigene Freizeit zu planen. «Sie verbringen die schönen Tage hier und entfliehen dann im Herbst an die fremde Sonne.»

Soziale Medien verlängern zudem die Wahlkampfdauer

Hinzu kommt, so Rickenbacher, dass neue Medien, eine gute Webseite sowie sich in soziale Medien einbringen mit relativ wenig Aufwand möglich seien. «Dies verlängert dann tendenziell sowieso die Wahlkampfdauer.»

«Statt Money-Power haben wir Muscle-Power gewählt.»

Rupan Sivaganesan, Zuger SP-Kandidat für den Stadtrat 

Auch andere Zuger Politiker haben ihren Wahlkampf früh lanciert. Wie Andreas Hürlimann von der Alternative – die Grünen, der etwa in der Broschüre zum Chamer Dorfturnier Ende Juni/Anfang Juli sein Gesicht zeigt. Oder auch die Zuger CSP-Stadträtin und Prätendentin aufs Stadtpräsidium, Vroni Straub – deren Antlitz derzeit in einem Dia den Besuchern des Zuger Open-Air-Kinos entgegenschimmert.

Wesentlich günstiger und mit viel Energie tritt inzwischen Rupan Sivaganesan von den Zuger Sozialdemokraten im wahrsten Sinne des Wortes in die Pedale für sein Wahlziele: nämlich Stadtrat zu werden und das Stadtpräsidium zu übernehmen. Er radelt mit einem selbstgebauten «Velo-Wahl-Mobil» durch die Stadt.

Mit «Muskel-Power» statt mit »Money-Power ist Rupan Sivaganesan, Zuger SP-Kandidat für den Stadtrat und fürs Stadtpräsidium, im Wahlkampf unterwegs.

Mit «Muskel-Power» statt mit »Money-Power ist Rupan Sivaganesan, Zuger SP-Kandidat für den Stadtrat und fürs Stadtpräsidium, im Wahlkampf unterwegs.

(Bild: zvg)

«Mit meinem Veloanhänger mit Plakaten und ein paar Postkarten habe ich jetzt einen ersten Anlauf genommen», erzählt Rupan Sivaganesan. «Aber so weit wie unser Baarer Kandidat Zari Dzaferi, der schon längst mehr als 4000 Briefe verteilt hat, bin ich noch nicht.» Bekanntlich tourt der Baarer SP-Gemeinderatskandidat schon länger mit seinem Wahl-Velo durch Baar.

«Wir in der SP haben gar nicht so viele finanzielle Ressourcen, als dass wir jetzt schon grosse Inseratekampagnen und Verteilaktionen hätten starten können», sagt der 37-jährige Zuger. «Die SP ist es sich gewohnt, mit wenig Mitteln zu arbeiten. Statt Money-Power haben wir Muscle-Power gewählt.»

Die Menschen würden es toll finden, dass er für den Stadtrat kandiere, für eine soziale und ökologische städtische Politik einstehe und für die Zuger Vielfalt eintrete, die in der Zentralschweiz am höchsten ist.

Bisherige Wahlkampfkosten: 479 Franken und 25 Rappen

Er sei es gewohnt, auf der Strasse politisch aktiv zu sein. Sivaganesan: «Als sozial Engagierter bin ich gut in Zug verankert und erfahre sehr gute Rückmeldungen auf meine Projekt- und Vereinsaktivitäten.» Deshalb bereite ihm der Wahlkampf auf dem Velo auch sehr viel Spass. Und macht ihn gleichzeitig fit für die Politik. Denn er fährt ein ganz normales Velo, kein E-Bike.

Was die Kosten für seinen Wahlkampf angehen, so hat Rupan Sivaganesan für die Plakate fürs Velo-Wahlmobil bisher 280 Franken ausgegeben und für die Postkarten 199.25 Franken. «Inklusive Mehrwertsteuer», sagt er schmunzelnd.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 13.08.2018, 12:49 Uhr

    Bin immer noch überzeugt, man kann ohne ein einziges Plakat und Inserat einen Wahlkampf gewinnen, sie werden völlig überschätzt

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