Stadt will bis 2035 doppelt so viele Velos

Aussenparkplätze sollen aus Luzerner Innenstadt verschwinden

Stadtrat Adrian Borgula stellt die neue Mobilitätsstrategie für Luzern vor.

(Bild: giw)

Nur noch rund jede dritte Fahrt in Luzern soll zukünftig mit dem Auto gemacht werden: Statt auf Strassenprojekte setzt der Stadtrat auf den öffentlichen Verkehr, das Velo und Fussgänger. Gleichzeitig sollen die Aussenparkplätze in der Innenstadt abgebaut werden. Doch die aktuellen Verkehrszahlen zeigen in eine andere Richtung.

Am Montagvormittag präsentierte der Luzerner Stadtrat die Mobilitätsstrategie für die kommenden vier Jahre – mit einem Ausblick bis ins Jahr 2035. Wie ein roter Faden zieht sich dabei der Grundsatz «weniger Autos, dafür platzsparend mehr S-Bahn, Bus, Velo und Fussgänger» durchs Programm. «Mehr Intelligenz, weniger Beton», schreibt der Stadtrat unter anderem salopp im Antrag an das Parlament. Bis 2035 wird alleine in der Stadt mit jeweils rund 16’500 mehr Wohn- und Arbeitsplätzen gerechnet. Und das soll nicht mit mehr Autos abgewickelt werden.

Doch die Entwicklung der letzten Jahre zeigt in eine andere Richtung. Noch immer werden 47 Prozent aller Fahrten in der Stadt mit dem Auto zurückgelegt, während der Anteil des öffentlichen Verkehrs um zwei Prozent auf rund ein Drittel abgenommen hat in den vergangenen Jahren. «Diese Entwicklung ist für uns nur teilweise erklärbar», sagt Stadtrat Adrian Borgula.

ÖV-Nutzung wächst nicht wie erwartet

Ein Grund könnte die neue Zählweise sein – neu wird auch der Autoverkehr auf den Nationalstrassenabschnitten berücksichtigt. Und hier sei eine klare Zunahme zu verzeichnen. Ausserdem seien einige Massahmen der vergangenen Jahre im öV-Bereich, wie die Einführung des R-Bus mit separaten Busspuren, erst im Jahr 2014 umgesetzt worden. Die aktuellsten Zahlen liegen von 2015 vor. «Bis diese Massnahmen Wirkung zeigen, dauert es jeweils eine gewisse Zeit», so die Projektverantwortlichen der Stadt. Dennoch: Die Nutzung des öVs liege leicht unter den Erwartungen des Verkehrsverbundes.

Langfristig will die Stadtregierung mit der Vision 2035 den Anteil des Autoverkehrs auf 36 Prozent reduzieren und den Anteil des Velos verdoppeln. Ist das mit den vorliegenden Trends erreichbar? «Wir sind zuversichtlich, dennoch ist das eine grosse Herausforderung», sagt Borgula. Um ans Ziel zu kommen ist eine breite Palette an Massnahmen vorgesehen.

Parkhäuser statt Aussenparkplätze

Manche sind bereits in Umsetzung, andere erst strategische Überlegungen. Und grosse Herausforderungen könnten da tatsächlich in der Umsetzung liegen. Denn neben unproblematischen Plänen, etwa der Bau eines Bushubs in Littau, eine Verlängerung des Freigleises bis an den Inselquai, ein Fuss- und Veloweg an der Reussinsel oder neue S-Bahn-Haltestellen, gibt es auch politische Knackpunkte.

Beispielsweise plant der Stadtrat die Aufhebung von Aussenparkplätzen in der Innenstadt und will den Anteil Autos pro Wohnung in gut erschlossenen Quartieren reduzieren – nur noch jeder dritte Haushalt soll da ein Fahrzeug besitzen. Es auch wird eine Bestimmung geprüft, welche vorsieht, dass Parkplätze in Innenhöfen und an zentralen Lagen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgehoben werden. Stattdessen werden insbesondere unteridische Parkhäuser als Ersatz favorisiert. Das dürfte für hitzige Debatten führen im Parlament – Stadtrat Borgula betont jedoch, dass viele Neubauprojekte bereits ähnliche Vorgaben umsetzen. Und das neue Parkierungsregime sei auch vom Volk bereits politisch unterstützt worden.

Spange Nord widerspricht Strategie

Vermehrt sollen die Strassen auf städtischem Gebiet auch Aufenthaltsqualität bieten. Dazu gehört die flächendeckende Einführung von Tempo 30 respektive Tempo 20, aber auch Aufwertungen, wie beispielsweise an der Bahnhofstrasse oder bereits realisiert im Hirschmattquartier. Weitere Blaupausen sind hier im Rahmen des Aktionsplans Innenstadtattraktivierung Mitte Mai vom Stadtrat vorgestellt worden. Um den Verkehr zu reduzieren, will man auch die Infrastruktur in den Quartieren stärken, damit die Bewohner weniger weit gehen müssen, beispielsweise für Einkauf oder Arbeit.

Verdichtung nach innen, das bedeutet auch, dass der vorhandene Strassenraum besser genutzt werden soll anstatt neue Strassen zu bauen. Der gesamten Strategie widersprechen würde da das kantonale Projekt Spange Nord. Der Stadtrat hat sich kürzlich klar gegen die 200 Millionen Franken teure Autobahnzufahrt ausgesprochen. «Die Spange Nord steht im Widerspruch zu unserer Mobilitätsstrategie», sagt denn auch Adrian Borgula.

Bypass als Entlastung für Quartiere

Und auch bei anderen Projekten ist mit Widerstand vom Regierungsrat zu rechnen. Etwa, was die gewünschte Einführung von Tempo 30 auf verschiedenen Kantonsstrassen betrifft. Widerstand zeigt sich auch an aktuellen Beispielen, wie der geplanten Aufwertung des Bundesplatzes mithilfe einer Beiz.

Insgesamt sei die Zusammenarbeit mit dem Kanton jedoch ein Miteinander, kein Gegeneinander, betont Roland Koch, Bereichsleiter Mobilität der Stadt Luzern. Zahlreiche Aufwertungen und Busprojekte würden vom Kanton auch unterstützt. Während das Grossprojekt Spange Nord dem Stadtrat ins Gehege kommt, geniesst der Bund dessen Gunst.

Die Unterstützung für die Stadtautobahn Bypass für 1,7 Milliarden Franken wird in der Mobilitätsstrategie vom Stadtrat bekräftigt. Das Projekt des Bundes verhindere den Ausweichverkehr durch die Innenstadt und diene somit dem Ziel, den Autoverkehr zu reduzieren. In einem nächsten Schritt wird sich die Baukommission zu den Plänen des Stadtrates äussern und am 20. September entscheidet der Grosse Stadtrat, ob die neue Mobilitätsstrategie eine Zukunft hat.

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