Fusionswünsche mit der Stadt Luzern

Emmer Finanznot gibt Heiratsgelüsten neue Nahrung

Verschwinden die Gemeindegrenzen zwischen Luzern und Emmen dereinst?

(Bild: Screenshot: map.geo.admin.ch)

Die Fraktionschefin der Emmer Sozialdemokraten glaubt, dass ihre Gemeinde nicht eigenständig überleben kann. Barbara Fas sieht die Fusion mit der Luzern deshalb als valable Option. Ein Zusammenschluss, der Folgen haben könnte für das Machtgefüge in der Stadt. Derweil warnt ein prominenter Littauer vehement vor dem Schritt.

Emmen ist in argen Finanznöten, die Gemeinde muss empfindliche Leistungen einsparen und Steuern erhöhen. Der Einwohnerrat hat das Budget 2018 der Gemeinde Emmen nur ganz knapp angenommen – obwohl es vermutlich nicht gesetzeskonform ist. Das Budget beinhaltet nun eine Steuererhöhung auf 2,17 Einheiten und ein Defizit von 1,9 Millionen Franken. Das Volk befindet am 10. Juni darüber.

Inmitten der Parlamentsdebatte vom 20. März liess eine Wortmeldung der SP-Fraktionschefin Barbara Fas aufhorchen. «Vielleicht wäre es an der Zeit, wieder Fusions­verhandlungen mit der Stadt Luzern aufzunehmen.»

«Gemeinde läuft auf dem Zahnfleisch»

Eine Idee, die nicht neu ist. Im Gegenteil: Über den Eintritt in etwaige Fusionsverhandlungen befand das Emmer Stimmvolk bereits im Jahr 2012. Das Verdikt war damals klar: Mit 53,6 Prozent der Stimmen schickte die Bevölkerung das Projekt «Starke Stadtregion» bachab. Dies, obwohl in Emmen der Gemeinderat als auch eine deutliche Mehrheit des Parlaments für das Anliegen die Werbetrommel rührten. 2011 votierten die Einwohner von Kriens und Ebikon bereits deutlich gegen die Aufnahme von Fusionsverhandlungen.

«Das ist sicher keine Debatte für heute und morgen, aber das muss nochmals Thema werden.»

Barbara Fas, SP-Fraktionschefin Einwohnerrat Emmen

Nun also kommen die Anschlussgelüste wieder aufs Tapet. Was erhofft sich Fas durch die Heirat mit der Leuchtenstadt? «Wenn man die finanzielle Situation der Gemeinde betrachtet, hat sich diese Frage bereits beantwortet. Wir laufen auf dem Zahnfleisch.» Ausserdem sei ihre Partei von Beginn weg für die starke Stadtregion eingetreten. SP-Frau Fas ist bewusst, dass es viele Emmer gibt, die aus Prinzip gegen eine Fusion sind. Gleichzeitig befinde sich die Kommune im Wandel: Die Bevölkerung wuchs in den letzten Jahren massiv – und die neuen Bewohner würden moderner und urbaner denken als die alteingesessenen.

Fas schert sich nicht um Gemeindeautonomie

«Das ist sicher keine Debatte für heute und morgen, aber das muss nochmals Thema werden», sagt Fas auf Nachfrage. Missachtet sie nicht den Volkswillen? «Die Bevölkerung hat sich gar nie wirklich mit den Vor- und Nachteilen eines Zusammenschlusses auseinandergesetzt, sondern bereits mögliche Verhandlungen abgeschmettert.» Aus Fas’ Sicht eine verpasste Chance.

Die SP-Politikerin argumentiert sehr pragmatisch: «Am Ende zählt doch, dass der Bürger faire Gebühren und tiefere Steuern bezahlt, während er gute Leistungen bezieht. In welcher Gemeinde er dies tut, spielt letztlich keine grosse Rolle.» Sie betont, dass sie gleichzeitig sehr stolz auf Emmen ist. Die Gemeinde habe viel Potenzial, insbesondere im Wachstumsgebiet um den Seetalplatz. «Umso mehr schmerzt, dass Emmen derart stark eingeschränkt wird durch die klammen Kassen.»

Der Gemeinderat von Emmen. Von links: Urs Dickerhof, Josef Schmidli, Rolf Born, Thomas Lehmann, Susanne Truttmann, Gemeindeschreiber Patrick Vogel.

Der Gemeinderat von Emmen. Von links: Urs Dickerhof, Josef Schmidli, Rolf Born, Thomas Lehmann, Susanne Truttmann, Gemeindeschreiber Patrick Vogel.

(Bild: zvg)

Hat Littau profitiert?

Durch den Anschluss zu Luzern könne man auf dem Gebiet der Kommune wieder grössere Projekte finanzieren. Fas zieht als Beispiel den heutigen Ortsteil Littau herbei. Vor mehr als zehn Jahren, am 17. Juni 2007, beschlossen die Stimmberechtigten aus Littau und Luzern die Gemeindefusion: «Durch die Eingemeindung konnte man unter anderem ein neues Schulhaus bauen. Die Bevölkerung hat insgesamt profitiert – den gleichen Weg könnte Emmen ebenfalls gehen.» Die Littauer seien keineswegs unglücklich, weil sie den Bund mit der Stadt Luzern eingingen.

«Es kann nicht sein, dass wir eine weitere Gemeinde sanieren müssen.»
Peter With, SVP-Grossstadtrat

Ein heikles Argument – der SVP-Politiker Peter With widerspricht vehement. «Ich denke, es ist unbestritten, dass die Identifikation mit der Stadt Luzern fehlt und die politische Partizipation deutlich gelitten hat in Littau.» Anliegen des Quartiers hätten es schwer – zuletzt etwa im Fall der Cheerstrasse. Hier drohte dem Strassenprojekt den Tod durch Überfrachtung.

Der ehemalige Littauer Einwohnerrat und heute Grossstadtrat begleitete den Fusionsprozess mit Luzern von Beginn weg als klarer Gegner. Die Vorstellung von Fas, die finanziellen Probleme von Emmen einfach wegzufusionieren, lehnt er deutlich ab. «Ich bin der Meinung, man kann die Schulden nicht durch eine Heirat sanieren. Man muss erst die eigene Gemeinde auf Kurs bringen und sollte erst dann so etwas ins Spiel bringen.»

Könnte Fusion Öko-Allianz stürzen?

With sieht stattdessen eher eine intensivere Zusammenarbeit unter den Agglomerationsgemeinden und der Stadt als zielführend. With sieht den Demokratieverlust als grösstes Manko einer Fusion und ist auch aus Prinzip gegen weitere Fusionen. «Ich schätze, dass eine entsprechende Abstimmung auch heute deutlich abgelehnt würde.»

«Die bürgerliche Mehrheit in der Stadt ist erst nach der Fusion mit dem bürgerlichen Littau geknackt worden.»

Claudio Soldati, Präsident SP Stadt Luzern

Claudio Soldati, Präsident und Grossstadtrat der SP Stadt Luzern, ist grundsätzlich offen für die Prüfung weiterer Fusionen – es handle sich aber nicht um ein vordringliches Thema. Ein Zusammenschluss sei allemal besser als die derzeitige Tendenz, zunehmend überkommunalen Aufgaben in Zweckverbände zu überführen, die kaum demokratisch abgestützt seien. Viele Herausforderungen stellten sich heute sowieso Luzern und die Nachbargemeinden in ähnlicher Weise. Er pflichtet With aber bei, dass die schlechte Finanzlage ein Manko ist, und fügt an: «Der Anstoss kann nicht von der Stadt aus kommen, den ersten Schritt müsste Emmen machen.»

Doch nicht nur die Finanzen sind aus Perspektive der städtischen Linken eine Herausforderung. Würde das eher bürgerliche Emmen mit der Stadt fusionieren, könnte das politische Folgen haben. Seit dieser Legislatur hält in Luzern eine Allianz aus SP, GLP und Grünen eine äusserst knappe Mehrheit, die durch einen Zusammenschluss der beiden Gemeinden infrage gestellt wäre. Soldati fürchtet dieses Szenario allerdings nicht. «Die bürgerliche Mehrheit in der Stadt ist erst nach der Fusion mit dem bürgerlichen Littau geknackt worden.» Der SP-Parteipräsident ist denn auch überzeugt, dass Themen wie eine ökologische Verkehrspolitik, bezahlbarer Wohnraum und attraktive Grün- und Erholungsräume auch in Emmen mehrheitlich Zuspruch finden würden.

With fürchtet Stärkung der Linken

Peter With glaubt ebenfalls nicht, dass die bürgerlichen Kräfte profitieren würden. Es werde dasselbe passieren wie bei der Fussion Luzern-Littau: nur noch vier Littauer im Grossen Rat und keiner im Stadtrat. «Auch die Emmer werden sich nicht mit der Stadt identifizieren und deshalb nur schwach im Rat vertreten sein.» Ausserdem würde die Stimmbeteiligung in Emmen stark fallen. «Nur noch die linken Fusionsbefürworter werden an die Urne gehen.» 2004 hätten in Littau noch rund 80 Prozent bürgerlich gewählt, heute sei es nur noch ein Bruchteil.

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