Nothilfe für vorläufig aufgenommene Asylbewerber

Zuger Regierung: SVP-Idee verstösst gegen Bundesrecht

Viele Flüchtlinge – wie einst dieses Kind aus dem Kosovo – können wegen Kriegen vorübergehend nicht in ihre Heimat zurück. Sie sollen nach dem Willen der SVP nur noch Nothilfe erhalten.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Acht Franken pro Tag und keinen Rappen mehr – das will die Zuger SVP den vorläufig aufgenommenen Asylbewerbern nur noch zubilligen. Dieser Vorstoss lässt sich nicht umsetzen, findet nun die Zuger Regierung und lässt auch CVP, FDP und GLP alt aussehen.

Mit 49 zu 14 Stimmen war die SVP-Motion im vergangenen März vom Zuger Kantonsrat überwiesen worden – nur die Alternativen und Sozialdemokraten hatten sich gegen die Idee gewehrt, die sie «unwürdig» fanden. Alle anderen Parteien im Kantonsparlament wollten über die Idee, vorläufig aufgenommene Asylbewerber in Kanton Zug auf Nothilfe zu setzen, ernsthaft diskutieren.

Man darf auf diesen Schlagabtausch gespannt sein. Denn die Zuger Regierung macht in ihrem jüngst veröffentlichten Bericht geltend, dass der überwiesene Vorstoss gegen Bundesrecht verstösst. Sie möchte deshalb, dass das Parlament in der nächsten Sitzung die Motion als nicht erheblich erklärt und sie damit in den Papierkorb befördert.

Gestrandet in Unterägeri

Auf Nothilfe setzen liessen sich nach Bundesrecht nur Asylbewerber, die definitiv ausreisen müssen, argumentiert die Zuger Regierung – weil ihr Asylverfahren abgelehnt wurde und sie einen Wegweisungsentscheid erhalten haben oder weil auf ihr Asylgesuch gar nicht eingetreten wurde und sie deshalb die Schweiz verlassen müssen. 

Nothilfe umfasst die Mittel für ein wenig Nahrung, Kleidung, ein Dach über dem Kopf sowie rudimentäre medizinische Versorgung. Im Kanton Zug hausen solche Nothilfebezüger in einem vergammelten Haus am Dorfeingang von Unterägeri und müssen mit einem Sackgeld von acht Franken pro Tag auskommen (zentralplus berichtete).

Zugerstrasse 91 in Unterägeri: So müssen Nothilfebezüger im Kanton Zug hausen. 

Zugerstrasse 91 in Unterägeri: So müssen Nothilfebezüger im Kanton Zug hausen. 

(Bild: lih)

Spitzfindige Regierung

Bei den vorläufig aufgenommenen Asylbewerbern, denen die SVP ans Portemonnaie will, handelt es sich hingegen meist um Flüchtlinge, deren Asylgesuch zwar abgelehnt wurde, die aber nicht zurückgeschickt werden können, da in ihrer Heimat Krieg herrscht. Sie sind richtig krankenversichert und erhalten eine Mini-Sozialhilfe, sofern sie nicht arbeiten. 

Die vorläufig Aufgenommenen müssten nach Bundesrecht «zwingend» besser gestellt sein als die abgelehnten Asylbewerber, die ausreisen müssen, so die Zuger Regierung. Weil die SVP-Fraktion aber in ihrer Motion eine Gleichbehandlung einfordere, verstosse ihre Idee gegen übergeordnetes Bundesrecht, argumentiert die Regierung. 

Halb so viel Sozialhilfe wie ein Schweizer

Die SVP hatte kritisiert, der Kanton Zug gehe in seiner Behandlung der vorläufig Aufgenommenen weit über den bundesrechtlichen Minimalstandard hinaus. Er gewähre ihnen «volle Sozialhilfe» nach gesamtschweizerischen Standards.

Stimmt nicht, antwortet darauf die Regierung und legt dar, dass ein vorläufig Aufgenommener im Kanton Zug nur 449 Franken pro Monat für seinen Grundbedarf erhält. «Asylsozialhilfe» nennt sich das. Wohingegen ein einheimischer Sozialhilfebezüger nach den Richtlinien der SKOS (Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe) 986 Franken pro Monat für seinen Grundbedarf bekommt – also mehr als doppelt so viel. Anerkannte Flüchtlinge sind der einheimischen Bevölkerung übrigens gleichgestellt. 

63 Prozent verdienen Schutz

Mehr noch als die Zahlenspiele interessiert, warum die Zuger Regierung an der «Asylsozialhilfe» in bisherigem Ausmass festhalten will. Und warum sie nichts von der Strategie der SVP hält, abgelehnte, aber vorläufig aufgenommene Asylbewerber aus dem Land zu ekeln, indem ihnen der Geldhahn abgedreht wird. 

Nun: Die Mehrheit der vorläufig aufgenommen Personen und der dem Kanton Zug zugewiesenen Asylsuchenden verfügt über eine Bleibeperspektive. Die Schutzquote betrug gemäss Regierung in den vergangenen Jahren rund 63 Prozent. Auch wenn nur eine Minderheit als Flüchtlinge anerkannt wird, so bleiben doch eine Mehrheit der Asylbewerber, die im Kanton Zug landen, langfristig in der Schweiz.

Bund glaubt an Bleiberecht

Der Bund geht offenbar davon aus, dass vorläufig Aufgenommene in der Regel irgendwann ein Bleiberecht erhalten, weshalb er für diese Leute eine einmalige Integrationspauschale von 6’000 Franken ausrichtet.

Würde man diese Personen aber auf Nothilfe setzen, ginge ein beträchtliches Mass an Integrationspotenzial verloren, fürchtet die Zuger Regierung und es kämen auf den Kanton «langfristig» neue Kosten zu. Denn: Vorläufig Aufgenommene sind laut Bundesrecht in die Gesellschaft zu integrieren und sie können verpflichtet werden, an Integrationsmassnahmen teilzunehmen.

Falsches Signal

Vorläufig Aufgenommenen leichter zu Erwerbsmöglichkeiten zu verhelfen, damit sie ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten können, ist sei rund zehn Jahren das erklärte Ziel der schweizerischen Politik.

Manuela Weichelt-Picard will sich stärker für den sozialen Wohnungsbau einsetzen, muss aber eingestehen: «Man kann die Situation nicht von heute auf morgen ändern.»

Das Asylwesen fällt in die Zuständigkeit der grün-alternativen Regierungsrätin Manuela Weichelt.

(Bild: mag)

Eine Kürzung auf Nothilfe wäre da ein falsches Signal, stellt die Regierung in ihrem von der zuständigen alternativen Direktorin des Innern, Frau Landammann Manuela Weichelt, unterschriebenen Papier fest. So würde die Integration von vorläufig Aufgenommenen verschlechtert, der Kanton müsse die Auslagen für ihre berufliche Integration aber doch finanzieren. Dauert diese länger als heute, muss er auch mehr bezahlen.

Geld als Druckmittel

Zudem würde den Behörden Sanktionsmöglichkeiten bei Integrationsverweigerung entzogen, wenn vorläufig Aufgenommene auf Nothilfe gesetzt würden. Heute besteht für die Behörden die Möglichkeit, durch Kürzungen des Geldes Druck auszuüben. An der Nothilfe lässt sich nichts mehr kürzen. Sie soll lediglich die in der Verfassung garantierte Achtung der Menschenwürde sicherstellen, die auch Leuten zugebilligt wird, die sich illegal in der Schweiz aufhalten. 

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