Vorwurf: Polizisten handeln willkürlich

Jungpolitiker werfen Luzerner Polizei «Blockwartmentalität» vor

Die Jungfreisinnigen sammeln vor Weihnachten Unterschriften beim Helvetiaplatz in Luzern.

(Bild: zvg)

Gruppen von bis zu drei Personen dürfen ohne Bewilligung für politische Anliegen Unterschriften sammeln. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Offenbar ist der Entscheid jedoch nicht bis nach Luzern durchgedrungen. Jungparteien kritisieren, dass die Polizei nicht Bescheid wisse und willkürliche Regeln aufstelle.

Die Luzerner Polizisten sind nicht ausreichend informiert über die Regeln für die Unterschriftensammlung – dies zusammengefasst der Vorwurf der Jungparteien von FDP, SVP und GLP. Der Hintergrund: Parteien sammeln in der Stadt immer wieder Unterschriften in Kleingruppen bis zu drei Personen ohne Bewilligung der Verwaltung – dies ist laut einem Bundesgerichtsurteil zulässig.

In einem offenen Brief an den Polizeikommandaten Adi Achermann kritisieren die Jungpolitiker nun, dass diese Regel zahlreichen Polizisten nicht bekannt ist, was zu Problemen führt. Signiert wurde der Brief von Ramon Bisang (Präsident Junge FDP), Christian Huber (Präsident Junge SVP), Mario Cozzio (Präsident Junge GLP) und Nicolas A. Rimoldi (Vizepräsident Junge FDP).

Nicht der erste Fall

Geschildert wird als Beispiel ein aktueller Fall: Vor Weihnachten waren Mitglieder der Jungfreisinnigen Luzern zu dritt in der Stadt Luzern unterwegs und wurden von zwei Polizisten angehalten. Sie sammelten dabei vor dem Luzerner Theater, wo ihnen seitens der Polizei verdeutlicht wurde, sie müssten eine Bewilligung kaufen, da dies sonst nicht gestattet sei. Versuche des anwesenden Vizepräsidenten Nicolas A. Rimoldi, den Polizisten zu erläutern, dass ohne Bewilligung gesammelt werden dürfe, seien ignoriert worden.

Dabei hätten die Sicherheitskräfte, so der Wortlaut des Briefes, damit gedroht, zukünftige Bewilligungsgesuche der Jungfreisinnigen Luzern genauer zu prüfen und die widerspenstige Haltung der Jungpartei intern zu besprechen. Die Briefschreiber sagen, es handle sich dabei nicht um den ersten Fall.

Die Junge SVP sammelt Unterschriften im öffentlichen Raum – hier mit Plakat:

 

Willkürliche Gebühren

Auch die JSVP kennt solche Fälle. Die Partei sammelte Ende März 2017 an einer Waffenbörse auf der Luzerner Allmend zu dritt und ohne Stand. Die Sammelaktion sei während einer halben Stunde von der Polizei «behindert worden». Nachdem die vor Ort anwesenden Polizisten über den rechtlichen Sachverhalt informiert wurden und mit den Behörden Rücksprache nahmen, sei die Aktion toleriert worden.

«Wir haben kaum Probleme mit der Polizei.»

Jona Studhalter, Co-Präsident Junge Grüne Kanton Luzern

«Dies hat die JSVP jedoch nicht vor einer willkürlichen Bearbeitungsgebühr in der Höhe von 120 Franken durch die Stadtraumverwaltung geschützt», schreibt die Partei. Nach einem klärenden Gespräch mit dem stellvertretenden Leiter Stadtraum und Veranstaltungen sei diese Bearbeitungsgebühr erlassen worden.

Die Jungpartei ärgert sich und fordert die Polizei auf, die geltenden Gesetze einzuhalten «und nicht einfach in Blockwartmentalität nach Gutdünken Willkür bei der Bewilligungspraxis für Unterschriftensammlungen herrschen zu lassen». Das Polizeikorps soll über die Bestimmungen zur Unterschriftensammlung aufgeklärt werden.

Junge Grüne kaum Probleme

Und wie sieht es die politische Konkurrenz? Der Co-Präsident der Jungen Grünen, Jona Studhalter, teilt die Erfahrungen seiner bürgerlichen Kollegen nicht: «Wir haben kaum Probleme mit der Polizei. Und falls doch, konnten wir diese immer vor Ort lösen.»

Der Junge Grüne erlaubt sich auch gleich einen Seitenhieb an die Adresse der Bürgerlichen: Dass Jungfreisinnige, Junge GLP und Junge SVP öfters in die Bredouille kämen, führt er auch auf deren fehlende Erfahrung für Unterschriftensammlung zurück: «Wir sammeln sehr oft auf der Strasse und kennen deshalb die Regeln genau.»

400 Standbewilligungen im Jahr

Bei der Luzerner Polizei äussert man sich vorerst nicht zu den Vorwürfen und vertröstet auf die Reaktion von Adi Achermann. Dieser werde im nächsten Jahr auf den offenen Brief antworten.

Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen, nimmt die Ordnungshüter in Schutz: «Die Polizisten sind absolut eingespielt, wir hatten bisher nie Beanstandungen.» Es bestehe ein fleissiger Austausch zwischen seiner Abteilung und der Polizei. Zuweilen wenden sich jüngere Korpsmitglieder mit Fragen an die Behörde.

Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen der Stadt Luzern.

Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen der Stadt Luzern.

Lütolf bestätigt, dass für Unterschriftensammlungen mit bis zu drei Personen grundsätzlich keine Bewilligung notwendig sei. Bedingung ist, dass kein zusätzliches Material wie Tische oder Zelte zum Einsatz kommen. In Grenzfällen erfolge eine individuelle Beurteilung; von einem «willkürlichen Umgang», wie die Jungparteien der Polizei vorwerfen, könne demzufolge nicht die Rede sein.

Rund 400 Standbewilligungen für ideelle Zwecke behandelt Lütolfs Abteilung pro Jahr. Diese Bewilligungen werden in der Regel kostenlos erteilt. Dazu gehören jedoch nicht nur politische Aktionen, sondern auch solche von religiösen Gruppierungen wie den Zeugen Jehovas. Nur einmal hat sich 2017 jemand bei Lütolf beschwert. Der Leiter Stadtraum und Veranstaltungen gibt auch den Parteien gute Noten – sie seien in der Regel gut informiert über die Spielregeln.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Nicolas A. Rimoldi
    Nicolas A. Rimoldi, 29.12.2017, 15:47 Uhr

    Seitens Junge Grüne scheint die Thematik missverstanden worden zu sein. Anders lässt sich deren unpassende Wortmeldung, einzig zum Zweck, gegen das andere politische «Lager» zu schiessen, nicht erklären. Fehlende Erfahrung möglicherweise?

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