Gemeindeversammlung erklärt CVP-Motion erheblich

Weitere Verkehrsberuhigung soll Baar attraktiver machen

In Baar bleibt die Kirche im Dorf – und der Steuersatz bei 53 Prozent. Damit ist Baar noch immer besser als die Stadt Zug mit 54 Prozent und gleichzeitig die steuergünstigste Gemeinde in der Schweiz.

(Bild: woz)

Trotz Tempo 30-Zone fahren täglich rund 9000 Autos durch die Dorfstrasse in Baar. Dieses enorme Verkehrsaufkommen soll in Zukunft nun ein Ende haben. Beruhigte Begegnungszonen und attraktivere Einkaufsmöglichkeiten sind geplant. Höchste Zeit eigentlich. Doch funktioniert das auch?

Die CVP Baar hat im April eine Motion eingereicht, die den Gemeinderat beauftragt im Hinblick auf die Eröffnung der Tangente Zug-Baar im Jahre 2021 in einem Massnahmenplan aufzuzeigen, wie das Zentrum von Baar als Einkaufsort und Treffpunkt für die Baarer Bevölkerung aufgewertet werden kann.

Diese Motion wurde am Mittwochabend nach Diskussionen unter den 428 Stimmberechtigten in der Baarer Gemeindeversammlung grossmehrheitlich für erheblich erklärt. Doch zuvor gab Daniel Abt von der FDP zu bedenken, was eigentlich die Baarer Bevölkerung in Sachen Zentrumsentwicklung wolle.

Denn er kritisierte, dass die Parkplätze hinter der Post inzwischen auf eine Stunde Parkzeit reduziert worden seien. «Und wer diese Zeit nur um fünf Minuten überschreitet, wird von der Zuger Polizei gleich gebüsst.» Für ihn ist ein lebendiges, attraktives Baar deshalb vor allem abhängig von einem guten Verkehrsfluss und ausreichenden Parkplätzen.

«Die Tempo 30-Zone mit dem vielen Verkehr hat bisher nicht viel zur grösseren Attraktivität des Baarer Zentrums beigetragen.»

Beni Riedi, SVP Baar

Noch tiefer legte SVP-Kantonsrat Beni Riedi den Finger in die Wunde der bisher nur bedingt funktionierenden Verkehrsberuhigung in Baar. Sprich: die vor vier Jahren nur mit sechs Stimmen Mehrheit genehmigte Tempo 30-Zone. Riede: «Die Tempo 30-Zone mit dem vielen Verkehr hat bisher nicht viel zur grösseren Attraktivität des Baarer Zentrums beigetragen.»

Im Gegenteil. Die Autofahrer seien aufgrund des neuen Rechtsvortritts verunsichert. Und wenn man die Dorfstrasse für den Autoverkehr künftig sperre, riskiere man, dass die Autos dann durch die Wohnquartiere fahren. »Die SVP Baar ist deshalb klar gegen weitere Experimente dieser Art und ist zudem dagegen, dass der Detailhandel durch den Staat gefördert wird.«

Umdenken nötig wegen neuer Mobilitätskonzepte

Franz Lustenberger von der ALG indes plädierte, Abschied zu nehmen von antiquierten Idealen von Parkplätzen angesichts eines zunehmenden Internethandels und neuer zukünftiger Mobilitätskonzepte ohne Autos.

Verkehrs- und Sicherheitschef Pirmin Andermatt von der CVP appelllierte an die Baarer Stimmbürger der Motion zuzustimmen – damit die Gemeinde genügend Zeit habe, gerade darüber nachzudenken und zu planen, welches eben die geeignetsten Verkehrsberuhigungsmassnahmen für Baar in Zukunft seien. Ohne sich jetzt schon darauf festlegen zu müssen.

Im Jahre 2021 wird bekanntlich die Tangente Zug-Baar eröffnet. Dank der neuen Verkehrsführung soll das Zentrum von Baar wesentlich vom Durchgangsverkehr entlastet werden. Die Chancen, die sich durch die Eröffnung der Tangente Zug-Baar für die Steigerung der Attraktivität des Zentrums von Baar laut CVP ergeben, gelte es zu nutzen.

«Heute ist das Baarer Zentrum weit davon entfernt, ein attraktiver Einkaufs- und Erlebnisort zu sein.»

CVP-Motion

Insbesondere bietet sich nun gemäss der Baarer CVP die Möglichkeit, die Vorteile von verkehrsberuhigenden Massnahmen wie Begegnungszonen oder sogar von verkehrsfreien Zonen zu überprüfen. «Es ist aufzuzeigen, wo Plätze aufgewertet oder sogar neu erstellt werden könnten, oder wie durch die Schaffung neuer Begegnungsorte und Einkaufsgelegenheiten das Zentrum belebt werden könnte», heisst es in der Motion wörtlich.

Full house in Baar: 428 Stimmberechtigte bei der Gemeindeversammlung.

Full house in Baar: 428 Stimmberechtigte bei der Gemeindeversammlung.

(Bild: woz)

Und: «Will ein Geschäft heute überleben, muss das Einkaufen gesamthaft betrachtet einen Erlebnischarakter aufweisen. Heute ist das Baarer Zentrum weit davon entfernt, ein solch attraktiver Einkaufs- und Erlebnisort zu sein.»

Ausweitung Begegnungszone vom Bahnhof bis zur Dorfstrasse

Der Gemeinderat reagiert positiv auf die Motion der CVP, die bereits 2010 eine Motion bezüglich einer Begegnungszone eingerichtet hat. Er hat deshalb unabhängig von der Motion beschlossen, dass in einer ersten Phase die Möglichkeiten und Auswirkungen einer Begegnungszone unter Beizug eines Fachexperten geprüft werden sollen.

Der Gemeinderat könnte sich nach der Fertigstellung der Tangente durchaus mit einer Ausweitung der Begegnungszone vom Bahnhofplatz bis zur Dorfstrasse oder einer zeitlich befristeten Sperrung der Dorfstrasse anfreunden.

Gewerbeverein Baar zeigt sich noch skeptisch

Doch nur eine Begegnungszone zu schaffen oder den Verkehr von der Dorfstrasse fernzuhalten, würde auf Anfrage von zentralplus laut Michael Radler vom Gewerbeverein Baar in Sachen attraktiveres Zentrum noch nichts bringen. Im Gegenteil.

«Wenn man die Erschliessung der Dorfstrasse abklemmt, werden die Läden dort eingehen.»

Michael Radler, Gewerbeverein Baar

«Wenn man die Erschliessung der Dorfstrasse abklemmt, werden die Läden dort eingehen», so Radler. Um die Attraktivität Baars in Sachen Läden und Einkaufsangebot wirklich zu verbessern, müssten die Baarer vor allem erstmal in Baar einkaufen. «Zudem braucht es in Zukunft mehr grössere Ladenflächen, um neue Mieter anzulocken». Die Credit Suisse etwa an der Dorfstrasse versuche ja schon seit Monaten für ihre Geschäftsfläche einen neuen Mieter zu finden.

«Der Gemeinderat und der Gewerbeverein sind gemeinsam an einer Verbesserung der Attraktivität des Zentrums interessiert», versichert Radler. Und zwar vor der Fertigstellung der Tangente.

Baar senkt den Steuersatz von 56 auf rekordverdächtige 53 Prozent

Zu grossen Diskussionen sorgte das Budget 2018 in Baar. Letztendlich konnte der Gemeinderat seinen Ansatz einer Senkung des Steuersatzes von 56 auf 53 Prozent durchsetzen – auf einen der tiefsten Steuersätze der Schweiz. Und obwohl die ALG-Politikerin Anna Lustenberger die Baarer darauf hinwies, dass die Steuersenkung vor allem nur ausländischen Firmen nütze und nicht in erster Linie den Anwesenden der Gemeindeversammlung – ihre Kritik verfing aber nicht: «Überlegen Sie doch doch mal: Wer profitiert wirklich von dieser Steuersenkung?»

Eine Schlappe erlitt der Baarer Gemeinderat durch einen Antrag der SVP. Diese setzte bei den Stimmberechtigten durch, dass die Baarer Gemeindeangestellten einen einmaljährlichen Bonus von 1500 Franken auf ein 100-Pensum erhalten – und nicht eine Lohnerhöhung von 1,5 Prozent, wie dies der Gemeinderat wollte.

 

 

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