Das Zünglein an der Waage in der Stadt Luzern

GLP-Präsident: «Wir werden zu Unrecht in die linke Ecke gestellt»

Die Grünliberalen sind die Mehrheitsbeschaffer in der Stadt Luzern.

(Bild: Montage les)

Was das Luzerner Stadtparlament entscheidet, hängt sehr oft von der Haltung der Grünliberalen ab. Diese haben gemeinsam mit den Grünen und der SP eine Mehrheit. Und diese Mehrheit spielt – etwa beim Parkhaus Musegg. Nun geht der GLP-Präsident jedoch auf Distanz zu seinen beiden Verbündeten. 

Die Fronten in der Stadtluzerner Politik sind derzeit verhärtet – die Mehrheiten gemacht. Bestes Beispiel ist die Diskussion ums Parkhaus Musegg. Kürzlich befürwortete eine hauchdünne Mehrheit des Stadtparlaments ein Bauverbot unter der Museggmauer. «Der letzte Sargnagel fürs Parkhaus Musegg», titelte zentralplus. Sowieso darf der vorzeitige Todesstoss fürs Parkhaus Musegg wohl als grösster Coup der neuen Mehrheit bezeichnet werden, die seit den letzten Wahlen besteht. 

Denn das Bild gleicht sich: Auch bei grossen Brocken wie der Boden-Initiative, der Inseli-Initiative oder der Cheerstrasse, über die im Herbst abgestimmt wurde, kämpften die gleichen Parteien Seite an Seite. Stets heisst es: SP, Grüne und Grünliberale gegen CVP, FDP und SVP, die Öko-Allianz gegen die Bürgerlichen – die Linken gegen die Rechten. 

«Ich zähle uns zu den bürgerlichen Kräften.»

Louis von Mandach, GLP-Präsident

Letztere Zuspitzung passt Louis von Mandach, Präsident der städtischen GLP, überhaupt nicht: «Die GLP ist nicht links. Wir werden zu Unrecht in diese Ecke gestellt.» SP und Grüne kommen im Stadtparlament auf 21 Sitze, CVP, FDP und SVP auf deren 23. Je nachdem, wie sich die vier GLP-Parlamentarier entscheiden, wechseln die Mehrheiten – in letzter Zeit gehörte das linke Lager häufiger zu den Gewinnern.

«Natürlich sehe ich den Begriff», sagt von Mandach über die Öko-Allianz. «Bei ökologischen Themen zieht die GLP meist am selben Strick wie SP und Grüne.» Die Rechtskonservativen, wie von Mandach den Zusammenschluss von CVP, FDP und SVP nennt, hätten anderes vor. «Der Umweltschutz und ein ressourcenschonender Umgang sind ein Kernthema der GLP», so der Parteipräsident. «Bei den Rechtskonservativen macht sich niemand ernsthaft Sorgen um die ökologische Nachhaltigkeit», sagt er. 

«Eigentlich gibt es im Parlament auch eine bürgerliche Mehrheit.»

Louis von Mandach

Dass SP und Grüne das auch im Programm haben, ist sich von Mandach durchaus bewusst. Doch er hält fest: «Ich zähle uns zu den bürgerlichen Kräften.» Bei finanzpolitischen Themen sei die Partei klar rechts und liberal. «Wir wollen möglichst wenig Staat.» Ein Beispiel sei das Referendum über das Budget in der letzten Legislatur, als die GLP Seite an Seite mit CVP, FDP und SVP kämpfte (siehe Box am Ende des Artikels).

Umstrittener Deal mit der SP

Die GLP ist im Stadtparlament das Zünglein an der Waage. Von Mandach sagt: «Eigentlich gibt es im Parlament auch eine bürgerliche Mehrheit.» Bewusst will sich von Mandach von links abgrenzen. «Beispielsweise haben die Grünliberalen bei der Beratung zur Umsetzung des HRM2 einer restriktiven Finanzplanung zum Durchbruch verholfen – nur spricht niemand darüber.»

 «Wir setzen uns ganz klar für eine wirtschaftsfreundliche Politik ein.»

Louis von Mandach

Immer wieder sieht sich die GLP mit dem Vorwurf konfrontiert, am Gängelband der SP zu sein. Bei den Stadtratswahlen hatte man einen Deal unterzeichnet, damit die SP Manuela Jost als Stadträtin unterstützen. Erst war dieser geheim, später wurde er öffentlich gemacht. «Alle Inhalte dieses Deals standen auch in unserem Profil. Wir mussten uns nicht verbiegen», sagt von Mandach. Im Rückblick gibt er aber zu, dass Fehler in der Kommunikation passierten. «Dass wir den Deal schriftlich machten, wäre gar nicht nötig gewesen. Gespräche zwischen Parteien über gemeinsame Ziele sind in der Politik ja die normalste Sache der Welt.»

GLP-Präsident Louis von Mandach sieht seine Partei als bürgerliche Kraft.

GLP-Präsident Louis von Mandach sieht seine Partei als bürgerliche Kraft.

(Bild: zvg)

GLP sieht Balance als gefährdet

Dennoch erhält die GLP nun einen Stempel, den sie gar nicht will. Von Mandach hat die Ursache für das angebliche Image erkannt: «Die Verkehrspolitik ist in der Stadt Luzern nun einmal ein zentrales ungelöstes Problem und konstant in aller Munde.» Für ihn grenzt sich die GLP aber in anderen Punkten von SP und Grünen ab: «Wir setzen uns ganz klar für eine wirtschaftsfreundliche Politik ein. Wir anerkennen den Tourismus als wichtigen Wirtschaftszweig.» 

Doch auch diese Aussage macht rasch wieder stutzig. Denn der Tourismus bekämpfte die Inseli-Initiative stark – die GLP unterstützte diese. Der Tourismus war für das Parkhaus Musegg, die GLP half, es abzuschiessen. «Bei beiden Themen war die Balance zwischen der Tourismusindustrie und den Bedürfnissen der Stadtbevölkerung nicht gegeben. Es fehlte die Nachhaltigkeit in der Lösung», sagt von Mandach und holt zum Gegenschlag beim Parkthema aus: «Wir haben auch schon die Hand für einen überparteilichen Kompromiss ausgestreckt.» Diese Chance sei jedoch ungenutzt geblieben.

 «Die Rechtskonservativen müssen noch lernen, mit der modernen grünliberalen Kraft im Parlament zusammenzuarbeiten», so von Mandach. «Dass sich die GLP aktiv und erfolgreich für den Tourismus einsetzt, sieht man beispielsweise am überwiesenen Vorstoss bezüglich Kurtaxen von Airbnb-Übernachtungen.»

Politologe: «Nachvollziehbar, dass die Partei das ‹links›-Etikett nicht mag»

zentralplus: Olivier Dolder, die GLP fühlt sich zu Unrecht in die linke Ecke gestellt. Wird sie falsch verstanden?

Olivier Dolder: Bürgerliche bezeichnen die GLP in der Tat gerne als links. SP und Grüne bezeichnen die Partei hingegen als eher bürgerlich. Tatsächlich befindet sie sich irgendwo dazwischen. Dass sie keine Freude an einem «links»-Etikett hat, ist nachvollziehbar.

zentralplus: Seit den letzten Wahlen gibt es die sogenannte Öko-Allianz. Mit den Stimmen der GLP haben die Sozialdemokraten und Grünen die Mehrheit. Das kommt häufig vor, die Beispiele sind bekannt.

Dolder: Es ist so, die GLP ist zurzeit oft die Mehrheitsbeschafferin der Linken. Dies hängt aber auch damit zusammen, dass in der städtischen Politik Verkehrsfragen sehr wichtig sind. Und hier denkt die GLP klar ökologisch. Es gibt aber auch Politikfelder, da stimmt die GLP mit den Bürgerlichen.

Olivier Dolder ist Politik- und Verwaltungswissenschaftler. «Was mich wirklich besorgt, ist die tiefe Stimmbeteiligung bei den jungen Leuten.»

Olivier Dolder ist Politik- und Verwaltungswissenschaftler. 

(Bild: Dominique Meienberg)

zentralplus: Können Sie uns ein Beispiel machen?

Dolder: In der letzten Legislatur ergriffen die Linken das Referendum gegen das Budget. Die GLP hat damals die Sparmassnahmen mitgetragen.

zentralplus: Beim Thema Tourismus bezeichnen sich die Grünliberalen als wirtschaftsfreundlich. In der Parkplatzsituation haben sie jedoch eine sehr ökologische Haltung. Ist das «grün» stärker als das «liberal»?

Dolder: Auf der kommunalen, also städtischen Ebene, mag dieser Eindruck entstehen. Dies, weil die Verkehrsthematik im Vordergrund steht. Man kann auch das Beispiel des gemeinnützigen Wohnungsbaus nennen. Die GLP ist dem gegenüber offener eingestellt als etwa die FDP. Dies, weil das Thema Arealentwicklung und Raumplanung halt auch mit verkehrspolitischen und ökologischen Fragen verknüpft ist. Aber eben: Je nach Politikfeld stimmt die GLP mit links oder mit rechts. Und je nach föderaler Ebene stehen andere Politikfelder im Zentrum.

zentralplus: Was heisst das konkret?

Dolder: Auf Kantonsebene trägt die GLP die Steuerstrategie mit. Dort von einer linken Partei zu sprechen, wäre definitiv verfehlt. Und auch auf Bundesebene gibt es Beispiele, wo die GLP bürgerliche Positionen vertritt. Ich denke da etwa an die Unternehmenssteuerreform III.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von jules gut
    jules gut, 28.11.2017, 16:20 Uhr

    Lieber Herr Casagrande: Selbstverständlich braucht Luzern den Tourismus – und der Schweizer Tourismus braucht Luzern. Wichtig ist aber ein Gleichgewicht zwischen beiden Welten zu schaffen. Das Inseli hat aus unserer Sicht – und notabene auch aus Sicht einer Mehrheit der Bevölkerung – mehr verdient als ein öder Carparkplatz zu sein. Gemäss den öffentlich zugänglichen Steuerdaten bezahlen die Tourismusbetriebe nicht sehr viel Steuern, sie sind aber – da gebe ich Ihnen Recht – betreffend Wertschöpfung und Arbeitsplätze für die Stadt von zentraler Bedeutung – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Würde man noch die Reinigungsarbeiten und die Investitionen von Seiten der Stadt voll weiter verrechnen wird es dann schon eng mit dem Begriff der «zig Millionen» Steuern…

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  • Profilfoto von Casiboy
    Casiboy, 27.11.2017, 14:24 Uhr

    Ui Ui Ui was soll ich jetzt davon halten.
    Einmal dafür einmal dagegen. Was soll ich denn als Wähler wählen.
    Die Liste auf keinen Fall. Einzelne Vertreter schon ?
    Als Tourismusvertreter hoffe ich auf die Unterstützung der GLP.
    Aber eben Vor der Abstimmung zur Inseli Initiative wurde versprochen;
    Der Stadtrat wird auf keinen Fall die Plätze auf dem Inseli aufheben, bevor nicht eine tragbare Lösung für die Cars gefunden ist.
    Am Tag nach der Abstimmung hiess es dann; Die Carparkplätze am Inseli werden bereits 2019 aufgehoben. Jetzt sind bald 3 Monate vergangen und ich habe nichts gehört von Lösungsvorschlägen. Wir sind demnach angewiesen zu Hoffen und zu Glauben.
    Ich hoffe die GLP macht sich im Stadtrat dafür stark, dass Versprechen gehalten werden.
    Ein Meinungsumschwung würde uns arg ins Zweifeln bringen.
    Ich werde so lange wie möglich für die erhaltung der Arbeitsplätze in der Stadt Luzern die durch den Tourismus verursacht werden kämpfen. Einige tausend Arbeitsplätze und zig Millionen Steuern hängen damit zusammen. Falls man die Tourismusindustrie in Luzern nicht mehr will, muss man dies langfristig kommunizieren. Aber einmal so oder so geht gar nicht.

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