Stadt Zug wirft Mieter aus günstigen Wohnungen

Zu hoher Lohn: 21 Mietern gekündigt

Preisgünstige Wohnungen wie im Roost in der Stadt Zug sind begehrt.

(Bild: Yvonne Anliker)

Der Run auf preisgünstige Wohnungen im teuren Zug ist nach wie vor ungebrochen. Dies unterstreicht die Antwort des Stadtrats auf eine Interpellation zu vergünstigten Wohnungen in Zug. Dabei wird offenkundig, dass 21 Mieter wieder ausziehen müssen: weil die meisten von ihnen zu viel verdienen. Warum bloss durften die überhaupt einziehen?

Zwar verfügt laut einer Statistik der Stadt Zug ein Grossteil der Mieter, die in preisgünstigen Wohnungen leben, nur über ein steuerbares Einkommen von bis zu 20’000 Franken. Insgesamt handelt es sich dabei um 105 oder 41 Prozent der vergebenen Wohnungen.

Doch es leben auch relativ vermögende Mieter in preisgünstigen städtischen Wohnungen, die für diese Art von Wohnungen eigentlich nicht vorgesehen sind.

Genauer gesagt sind neun Wohnungen von Mietern belegt, die ein steuerbares Einkommen von 80’000 bis 90’000 Franken haben. In sechs Wohnungen sind Personen einquartiert, die 90’000 bis 100’000 Franken pro Jahr an Einkommen zu versteuern haben. Und in sechs Wohnungen leben sage und schreibe sogar Mieter, die über ein steuerbares Einkommen von über 100’000 Franken, ja bis zu 120’00 Franken, verfügen. Macht unterm Strich 21 Mieter, die in diesen Wohnungen nichts zu suchen haben.

«Insgesamt 21 Mietparteien haben eine Kündigung erhalten, da ein oder mehrere Kriterien nicht eingehalten waren.»

Aus der Antwort des Stadtrats auf die Interpellation von Beat Bühlmann, SVP

Das räumt denn auch die Stadt ein in ihren Antworten auf die Interpellation von Gemeinderat Beat Bühlmann von der SVP «betreffend vergünstigte Stadtwohnungen für Topverdiener». Wörtlich räumt der Stadtrat dabei ein, dass «insgesamt 21 Mietparteien eine Kündigung erhalten, da ein oder mehrere Kriterien nicht eingehalten waren». 

Konkret heisst das: Innerhalb von zwei Jahren müssen sich 17 Mietparteien eine neue Wohnung suchen. Und vier Mietparteien wurde mit einer Jahresfrist gekündigt, weil sie ein oder zwei Mietkriterien nicht erfüllen. «Zwischenzeitlich haben bereits vier Mietparteien eine neue Wohnung gefunden und ihrerseits vom einmonatigen Kündigungsrecht Gebrauch gemacht», so der Stadtrat weiter in seiner Antwort.

260 Wohnungen unterliegen den Richtlinien

Die Stadt Zug verfügt insgesamt über 290 preisgünstige Wohnungen. Rund 30 Wohnungen sind Dienst- oder Jugendwohnungen, etwa 260 Wohnungen unterliegen den Richtlinien. Die zentrale Frage ist: Warum durften eigentlich überhaupt so viele Mieter in diese Wohnungen einziehen, obwohl sie dafür gar nicht zugelassen sind?

«Nicht alle müssen indes wegen zu hohem Einkommen oder Vermögen ihre Wohnung verlassen.»

Karl Kobelt, Stadtzuger Finanzchef

«Die Stadt Zug hat bereits in der Vergangenheit davon abgesehen, ihre Wohnungen mit kostendeckenden Mietpreisen an Topverdiener zu vergeben. Bislang gab es aber keine konkrete Vorgabe für die finanziellen Verhältnisse der Mietinteressenten», erklärt Karl Kobelt, Stadtzuger Finanzchef. So überrasche es nicht, dass 21 der aktuellen Mieter die neuen Kriterien nicht erfüllen. «Nicht alle müssen indes wegen zu hohem Einkommen oder Vermögen ihre Wohnung verlassen.» Auch die Mindestanzahl der Bewohner sei ein wichtiges Kriterium. Hier gelte die Regel Anzahl Zimmer minus 1.

Der Stadtzuger Finanzchef Karl Kobelt.

Der Stadtzuger Finanzchef Karl Kobelt.

(Bild: zvg)

Fakt ist aber: Die Kriterien haben sich verändert. In den Richtlinien von 2015, die der Stadtrat als Revision der Regeln von 2013 festlegte, durfte etwa das kumulierte steuerbare Einkommen aller Bewohner pro Wohnung nicht das Sechsfache des jährlichen Nettomietzinses übersteigen. Und das zusammengerechnete steuerbare Vermögen aller Bewohner pro Wohnung durfte den Maximalbetrag von 500’000 Franken nicht überschreiten. Wobei beide Kriterien unabhängig voneinander eingehalten werden müssen.

«Bislang sind drei Schlichtungsverfahren aufgrund der ausgesprochenen Kündigung hängig.»

Antwort des Stadtrats auf die Interpellation

Just diese Richtlinien wurden dann aber zu Beginn dieses Jahres erneut überarbeitet, weil offensichtlich der Run auf die preisgünstigen Wohnungen der Stadt Zug immer heftiger geworden ist. Und Kritik laut wurde, dass zu viele «Reiche» in solchen Wohnungen leben. Zug ist eben ein teures Pflaster – offenbar auch für relativ Vermögende.

Die neuen Regeln besagen nun, so Kobelt, «dass das steuerbare Einkommen das Vierfache der Jahresmiete nicht übersteigen darf, und das Vermögen muss unter 400’000 Franken liegen».

Fast alle neuen Mietverträge bereits unterzeichnet

Die neuen Bestimmungen seien nicht nur bei der breiten Bevölkerung auf Verständnis gestossen, sondern wurden auch bei der Mieterschaft grundsätzlich akzeptiert, heisst es in der Antwort auf die Interpellation des SVP-Gemeinderats wörtlich weiter. «Bislang sind drei Schlichtungsverfahren aufgrund der ausgesprochenen Kündigung hängig.»

Momentan laufen noch die Restabwicklungen und die Bearbeitung der Schlichtungsfälle. Bis auf wenige Mietverträge konnten bis Ende Juli 2017 alle neuen Mietverträge unterzeichnet und in den Mieterakten abgelegt werden, so der Stadtrat.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Roman Haeberli
    Roman Haeberli, 23.08.2017, 14:36 Uhr

    Die Ursache ist ja nicht, dass die Wohnungen günstig sind. Sondern, dass sie gemeinnützig sind und die Stadt die Finger im Spiel hat. Da ist es nicht mehr als recht, wenn man auch die Kriterien für eine solche Wohnung einhält. Ganz viele Wohnbaugenossenschaften geben sich zwar sozial, aber um die wohlhabenden Mieter nicht zu vergraulen oder vergraulen zu müssen, vergrössert man Balkone oder renoviert. Dann kann man mit der Miete rauf, muss niemanden rausschmeissen und macht noch ein gutes Geschäft dazu.

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