Datenschützer warnt: Situation wird schlimmer

Sind die Luzerner Daten sicher? «Wir wissen es nicht»

Die Digitalisierung sei ein zweischneidiges Schwert, findet der Luzerner Datenschutzbeauftragte Reto Fanger. (Bild: jal)

Der Luzerner Datenschutzbeauftragte Reto Fanger sagt, er könne die gesetzlichen Vorgaben Jahr für Jahr nicht einhalten. Obwohl die Erwartungen an den Datenschutz stetig zunehmen, bestehen in Luzern weniger Mittel als noch Anfang des Jahrtausends. Und daran wird sich so schnell nichts ändern.

Der höchste Luzerner Datenschützer, Reto Fanger, ist unzufrieden. Dies spürt man gut, wenn man die ersten Seiten des neuen Datenschutz-Tätigkeitsberichts liest, der am Montag erschienen ist. Fanger schreibt dort: «Obwohl sich die Geschäftslast bereits im Berichtsjahr 2012 beinahe verdoppelt hatte und seither auf sehr hohem Niveau verharrt, verbleibt die Ressourcensituation unverändert ungenügend.» Dies sagte er bereits in den Jahren 2014 (zentralplus berichtete) und 2016 (zentralplus berichtete). Und dies trotz steigendem Digitalisierungsgrad in den öffentlichen Verwaltungen.

Digitale Daten sind heutzutage sehr wichtig. Im Zusammenhang mit E-Government können die Bürger vermehrt mit Gemeinde und Kanton über Webportale kommunizieren. Gleichzeitig erfordert die Digitalisierung auch innerhalb der Verwaltungen immer mehr neue Formen der Bearbeitung von Personendaten, bis hin zur Auslagerung in die Cloud.

Komplexere Aufgaben bei gleich bleibenden Ressourcen

Um die korrekte Bearbeitung von Personendaten sicherzustellen, wurde die unabhängige Aufsichtsstelle für Datenschutz ins Leben gerufen. Doch diese kommt mit der zunehmenden Digitalisierung seit Jahren ihren wachsenden Aufgaben nicht mehr hinterher. Auf Anfrage sagt Reto Fanger: «Vor allem die Kontrolle öffentlicher Speichersysteme können wir mit den verfügbaren Ressourcen nicht wahrnehmen.» Dabei wäre diese Kontrollfunktion gesetzlich vorgegeben.

Dass man diese Systeme nicht überprüfen kann, ist problematisch, sagt Fanger: «Die Menge an gespeicherten Daten steigt immer weiter an. Die Digitalisierung ist ein Schwerpunktthema bei der öffentlichen Hand.» Dabei werde der Zugriff auf die Daten durch die externe Speicherung in Clouds immer indirekter. «Die Kontrolle, ob dieses Speichersystem noch datenschutzkonform ist, wird umso wichtiger.»

«Wir sind seit Jahren im Blindflug unterwegs.»

Reto Fanger, Datenschutzbeauftragter Kanton Luzern

Dass die Ressourcen beim kantonalen Datenschutz unzureichend sind, erklärt Fanger in seinem Bericht so: Vor 12 Jahren wurden die Stellenprozente der Datenschutzaufsicht um 50 Prozent gekürzt. Seither verbleiben sie auf dem tiefen Niveau von 90 Stellenprozenten. Zur Einordnung: Das erste iPhone gab es erst 2007, die Dropbox – das bekannteste Cloud-Speichersystem – wurde ebenfalls erst 2007 eingeführt. Die iCloud, das Storage-System von Apple, gibt es erst seit 2011.

Fanger sagt: «Die technische Entwicklung wird immer schneller, immer komplexer. Die Schere zwischen dem, was wir leisten müssten und leisten können, vergrössert sich immer mehr. Vergleichbare Kantone haben dafür Ressourcen von 400 Stellenprozenten und mehr.»

Auf die Frage, ob denn die Luzerner Daten überhaupt noch sicher seien, sagt der Datenschutzbeauftragte: «Wir können es nicht sagen, denn wir wissen es einfach nicht. Wir sind seit Jahren im Blindflug unterwegs.» Eigentlich nicht die Antwort, die man vom höchsten Datenschützer erwarten würde.

Regierungsrat: Status quo ist vertretbar

Die Aufsichtsstelle für Datenschutz untersteht der kantonalen Staatskanzlei. Staatsschreiber Lukas Gresch-Brunner sagt zu den Ausführungen Fangers: «Dem Regierungsrat ist bewusst, dass es im Rahmen der heutigen Dotierung nicht einfach ist, die wachsenden Aufgaben des Datenschutzes zu erfüllen.» Trotzdem ist eine Erhöhung der Ressourcen in absehbarer Zeit nicht geplant: «Angesichts der angespannten finanziellen Situation des Kantons erachtet der Regierungsrat den Status quo im Bereich Datenschutz als vertretbar.»

Zahlen aus dem Bericht

Die Aufsichtsstelle für Datenschutz hat im Jahr 2016 insgesamt 290 Geschäftsfälle bearbeitet. Dies entspricht einem Rückgang von 5 Prozent. Dabei gab es 95 private Anfragen, 53 Gemeindeanfragen und 101 Anfragen des Kantons zu bearbeiten. Der kantonale Datenschützer berät 82 Gemeinden und den Kanton Luzern. Die Stadt Luzern gehört nicht zu Fangers Aufgabengebiet.

Gresch-Brunner sagt weiter: «Weil der Umfang und die Komplexität der öffentlichen Aufgaben allgemein zunehmen, ist nicht nur beim Datenschutz, sondern in zahlreichen Aufgabenbereichen eine strikte Priorisierung und die Beschränkung auf das Notwendige erforderlich.» Der Effizienzdruck sei umso höher, seit in der kantonalen Verwaltung seit 2012 der generelle Stellenstopp gilt.

Fachstelle: Überstunden verboten

Wo beim Sparkurs der Regierung überhaupt Geld für Datenschutz aufzutreiben wäre, dazu will sich Fanger nicht äussern. «Mit dem Tätigkeitsbericht zeige ich auf, was wir brauchen, um die gesetzlichen Vorgaben erfüllen zu können.» Dennoch habe er keinen Grund, zu erwarten, dass sich die Ressourcensituation in seiner Fachstelle ändere, sagt Fanger. Deshalb bleiben die öffentliche Hand und ihr Umgang mit den Daten ihrer Bürger wohl auch künftig ungenügend kontrolliert.

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