Kampf gegen Abfall in der Stadt Zug

«Wir haben das Littering-Problem nicht im Griff»

Das Zuger Public Viewing der winterlichen Art auf dem Arenaplatz: Beim EVZ kamen 2017 Tausende zum Finaleinzug.

(Bild: EVZ)

Die Zuger Stadtregierung und der EV Zug haben bei den Finalspielen um die Eishockey-Meisterschaft die Abfallbeseitigung vergessen. Grund genug für den zuständigen Stadtrat Urs Raschle, neue Anstrengungen gegen das Littering zu unternehmen. Im Fokus: Das Festgelände am Stadtzuger Seeufer.

Als vor Ostern plötzlich der Meisterschaftstitel für den EV Zug greifbar wurde, wollte der Zuger Stadtrat keine Spassbremse sein. Er genehmigte unkompliziert ein Public Viewing auf dem Arenaplatz. Am Gründonnerstag feierten die Eishockeybegeisterten den zwischenzeitlichen Ausgleich in der Play-off-Serie – und am Karfreitagmorgen bedeckte Müll aus Plastik und Glas die Weite vor dem Stadion.

Arenaplatz in Zug am Karfreitag: Übersät mit Abfall.

Arenaplatz in Zug am Karfreitag: Übersät mit Abfall.

(Bild: zvg)

Was die alternative Gemeinderätin Astrid Estermann zu einer Interpellation bewegte: Hat in Zug über Nacht eine «Abfallbombe» eingeschlagen, wollte sie wissen und: Wie sieht in der Stadt Zug eigentlich das Littering-Konzept bei öffentlichen Veranstaltungen aus?

Der Publikumsandrang überraschte

Die Abfallproblematik habe man bei diesem Anlass wohl unterschätzt, sagt Stadtrat Urs Raschle: «Wir nehmen einen Teil der Schuld auf uns.» Aber das Gesuch für ein Public Viewing sei auch extrem kurzfristig eingetroffen – und der Veranstalter selbst habe nur mit 400 Besuchern gerechnet. «Wir wären natürlich darauf angewiesen, dass Gesuche mit realistischen Zahlen eingereicht werden», sagt Raschle.

Zum EVZ-Public-Viewing war sehr viel mehr Publikum als erwartet gekommen – bis zu 3000 Personen an den besten Abenden. Man habe keinerlei Erfahrungswerte zu einem Public Viewing gehabt, sagt Giedo Veenstra, der Geschäftsführer Gastronomie beim EV Zug. Zu früheren Public Viewings in Zug, etwa zu Fussball-Weiltmeisterschaften, seien nie so viel Leute gekommen. Dehalb habe man eine Bewilligung für einen Anlass mit 750 Besuchern beantragt.

Der EV Zug hatte dafür kein Abfall-Konzept eingereicht und die Stadt Zug keines verlangt – denn für einen Anlass mit weniger als 1000 Besuchern braucht’s keines. Trotzdem hatte die Stadt dem EV Zug Auflagen gemacht – etwa das Festgelände zu reinigen und genügend Güselkübel aufzustellen. Auch hatte man um die Verwendung von wiederverwendbarem Geschirr «ersucht» und «empfohlen», für Flaschen ein Pfand zu erheben.

Höfliche Bitte reichte nicht

Dies ist aus der stadträtlichen Antwort auf Estermanns Interpellation zu ersehen, die kürzlich veröffentlicht wurde. Freilich: Die gut gemeinten Ratschläge konnten das Abfallchaos nicht verhindern, wie Bilder vom Tatort zeigen.

Laut Veenstra vom EVZ hätte ein Depotsystem auf Gebinde die Vermüllung beim Public Viewing nicht verhindern können. Selber habe man nur in Plastikbechern ausgeschenkt. Das Littering sei vor allem durch selbst mitgebrachte Getränke der Besucher entstanden.

Trotzdem will der Zuger Stadtrat als Konsequenz künftig die Bestimmungen streng umsetzen: Bei Veranstaltungen mit mehr als 1’000 Besuchern soll zwingend ein Pfand auf Becher und Flaschen vorgeschrieben werden und bei Grossanlässen ab 5’000 Besuchern braucht es ein eigenes Konzept zur Abfallvermeidung- und -beseitigung, damit sie bewilligt werden.

Jedes Jahr 400 Veranstaltungen

«Wir erteilen in Zug jährlich 400 Bewilligungen», sagt Stadtrat Urs Raschle. Davon für etwa 10 Grossveranstaltungen im eigentlichen Sinne. Mehrheitlich handle es sich aber «um Kuchenveranstaltungen oder kleinere Feste», zu denen einige Dutzend oder einige Hundert Besucher kämen. «Für diese muss man beim Aufwand für die Bewilligungen ein gewisses Augenmass bewahren», sagt Raschle. Um ein Depot- oder Mehrwegsystem für Gebinde anzubieten, brauche es auch etwa einen geeigneten Getränkelieferanten – und der sei nicht immer leicht zu finden.

«Das Seeufer ist quasi ein rechtsfreier Raum, wenn nicht gerade die Polizei patrouilliert.»

Urs Raschle, Stadtrat, Zug

Seit Jahren nervt der Müll

Beim EVZ bedauert man den politischen und medialen Nachhall zum Abfall-Chaos nach dem Public Viewing. Es seien schöne Anlässe gewesen, die viele Zuger genossen hätten, sagt Veenstra. Tatsächlich hatten Mitarbeiter des städtischen Werkhofs die liegen gebliebenen Becher, Flaschen und Dosen schnell weggeräumt – dem EVZ werden von der Stadt Zug nur wenige Arbeitsstunden in Rechnung gestellt.

Dennoch: Littering im öffentlichen Raum ist in Zug seit ungefähr 20 Jahren eine augenfällige Erscheinung – eine kleine Entspannung haben erst vor wenigen Jahren die Androhung von Bussen fürs Wegschmeissen von Abfall auf öffentlichem Grund gebracht.

«Es stimmt, momentan sieht es nicht mehr so schlimm aus wie auch schon», sagt Raschle. «Aber objektiv gesehen haben wir das Littering-Problem nicht im Griff.»

Ob Zug das Littering in den Griff bekommt, wird der nächste Frühling zeigen.

Ob Zug das Littering in den Griff bekommt, wird der nächste Frühling zeigen.

(Bild: ZVG)

Werkhof hübscht die Stadt jeden Morgen auf

Vieles werde durch den Werkhof kaschiert, der den ganzen Müll am frühen Morgen wegschafft. Am Karfreitag habe er später mit der Arbeit begonnen, deswegen sei sichtbar geworden, wie es in Zug nachts häufig aussehe. «Es war zu erwarten, dass das irgendwannn passiert», sagt Raschle.

Das Problem sei nicht von heute auf morgen zu lösen. Angehen will’s der Stadtrat trotzdem mit verschiedenen Massnahmen. So setzt er heuer erstmals Kontaktpatrouillen ein, die das Abfallproblem vor Ort ansprechen sollen – eine Massnahme zwischen Sozialarbeit und Polizeirepression.

Ihr Alten, kommt an den See!

Weiter will Urs Raschle am Zuger Seeufer, dem sommerlichen Hauptkampfplatz in der Schlacht um den Abfall, die gesellschaftliche Durchmischung fördern. Ab 22 Uhr seien Jugendliche am Seeufer unter sich, die Alkohol mitbrächten und tun und lassen könnten, was sie wollten.

«Es ist quasi ein rechtsfreier Raum, wenn nicht gerade die Polizei patrouilliert.» Abhilfe schaffen sollen Buvetten – also Verkaufsstände mit Stühlen und Tischen. Die, so Raschles Plan, werden älteres Publikum anlocken, welches dann eine Art soziale Kontrolle am Seeufer herstellt.

Totalverbot von Alkohol abgeschmettert

Ein Konzept ist in Ausarbeitung und wird wohl der Ersatz für den stadträtlichen Law-and-Order-Plan, der via einer neuen Verordnung über die Benützung von öffentlichem Grund das Mitbringen von alkoholischen Getränken komplett verbieten wolle.

Diese Bestimmung hat das Stadtparlament bei der ersten Lesung der Vorlage wieder gestrichen – vor der abschliessenden Behandlung ist nur noch vom Verbot die Rede, Flaschen auf öffentliche Plätze mitzunehmen – auf dass die Scherben weniger werden.

Insgesamt 511 Ordnungsbussen wurden wegen Litterings im Kanton Zug 2014 ausgestellt.

Insgesamt 511 Ordnungsbussen wurden wegen Litterings im Kanton Zug etwa 2014 ausgestellt.

(Bild: Dynamite AG)

 

 

 

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