Nun auch Dreifachturnhalle und «Zweizüger» geplant

Baars Schulen platzen aus allen Nähten

Statt provisorischen Schulcontainern soll ab 2024 im Baarer Zentrum ein Zweizüger-Neubau neuen Raum für Primarschüler schaffen.

(Bild: woz)

Baar gehen die Klassenzimmer aus. Vor allem im Zentrum. Deshalb will der Gemeinderat mit weiteren Neubauten zügig Abhilfe schaffen. Das gefällt nicht allen.

Baar wächst und wächst. Das merkt man nicht nur samstags auf dem proppenvollen Ökihof, wenn man sich vor lauter Kisten, Kartons und vielen Baarern immer öfters in die Quere kommt.

Auch ist das Schwimmen im Freibad Lättich zu normalen Zeiten längst kein reines Vergnügen mehr. So müssen sich Schwimmwillige oftmals mit vehementen Kraulzügen und Brustschlägen ihren Weg im Wasser im wahrsten Sinne des Wortes bahnen – um angesichts des immer grösseren Besucherandrangs überhaupt noch zum Schwimmen zu kommen.

Während man diesen Baarer «Dichtestress» noch unter Kollateralschäden in der Freizeit oder einfach als lästige Nebenerscheinung verbuchen kann, geht es in Sachen Schulen nun wirklich ans Eingemachte.

Neues Schulhaus Wiesental für rund 80 Millionen Franken

Und das nicht erst, seitdem bekannt geworden ist, dass die Schule Wiesental baufällig geworden ist und langsam, aber sicher im Boden versinkt. Bei der Gemeindeversammlung im Juni soll ja nun ein Planungskredit für den Wettbewerb und das Vorprojekt in Höhe von 2,28 Millionen Franken für ein neues Schulhaus Wiesental genehmigt werden. Dieses wird unterm Strich satte 70 bis 80 Millionen Franken kosten. 

Nun enthüllt die Gemeinde plötzlich, dass es auch an den anderen Schulen im Baarer Zentrum mit den Klassenzimmern klemmt. Insbesondere an der Primarschule Sternmatt I. Ein zusätzlicher Zweizüger – sprich ein Gebäude, in dem je zwei Klassen pro Jahrgang Platz finden – soll Abhilfe schaffen.

Schon bis im Sommer 2024 ist geplant, dass die benötigten Klassenzimmer für die Primarschule bereitstehen – in der Übergangszeit sogar als Ausweichmöglichkeit für die Oberstufe. Das teilt die Gemeinde Baar in einer Medienmitteilung mit. Im Endzustand soll der neue Zweizüger als reine Primarschule dienen.

Schulausbau innerhalb der bestehenden Areale

Zusätzliche Schulareale seien für diese Erweiterung nicht nötig, so die Gemeinde Baar. Der Ausbau könne innerhalb der vorhandenen Schulareale realisiert werden. Unterm Strich heisst das konkret: Bis 2024/2025 gibt es zusätzliche sechs Klassenzimmer für die wachsenden Primarschulklassen und bis 2029/2030 kommen weitere sechs Klassenzimmer hinzu.

«Warum wir erst jetzt mit dem weiteren Schulraumbedarf an die Öffentlichkeit gehen, kann ich und will ich nicht beantworten.»

Paul Langenegger, Baarer Bauchef

Und nicht nur das. Denn die Gemeinde Baar hat nun im Rahmen eines Schulraumchecks, der in Zusammenarbeit mit einem externen Planungsbüro durchgeführt wurde, auch gleich festgestellt, dass ein Turnhallendefizit besteht. Anders formuliert: Es soll auch noch eine neue Dreifachturnhalle gebaut werden im Zentrum von Baar – möglicherweise am Standort der heutigen Turnhalle Sternmatt II.

Kurioserweise wird der Mangel an Turnhallenraum von der Gemeinde explizit auch mit dem beschränkten Angebot an Schwimmflächen im Schwimmbad Lättich in Verbindung gebracht. Dieser Notstand verursacht nämlich, so die Gemeinde wörtlich, «einen Mehrbedarf an Turnhallenlektionen» für die Schüler. Zudem liege die heutige Turnhalle Sternmatt I weit unter den heutigen Normmassen einer Turnhalle.

Neue Dreifachturnhalle für 10 bis 15 Millionen Franken

So weit so gut. Doch erstens: Was kostet diese weitere gewaltige Schulraumerweiterung die Baarer Steuerzahler, bei denen man schon im Dezember an der Gemeindeversammlung einen Planungskredit einholen will? Und warum kommt die Gemeinde Baar eigentlich erst jetzt mit diesem neuen Schulraumbedarf an die Öffentlichkeit? Wurde da etwas verschlafen?

Auf der «Italienerwiese» zwischen der Schule Sternmatt I und der alten Migros in Baar wird wahrscheinlich der Zweizüger-Neubau errichtet.

Auf der «Italienerwiese» zwischen der Schule Sternmatt I und der alten Migros in Baar wird wahrscheinlich der Zweizüger-Neubau errichtet.

(Bild: woz)

Baars Bauchef Paul Langenegger hält hörbar einige Sekunden inne, bevor er eine Antwort darauf gibt. «Warum wir erst jetzt mit dem weiteren Schulraumbedarf an die Öffentlichkeit gehen, kann ich und will ich nicht beantworten», so Langenegger. Dann, nach einer weiteren kurzen Pause, erklärt der Baarer Bauchef, dass man eben zuerst die Planung der neuen Schule Wiesental habe vorantreiben wollen, um danach den weiteren Schulbedarf abzuklären.

Langenegger geht davon aus, dass die neue Dreifachturnhalle wohl auf Kosten von 10 bis 15 Millionen Franken komme. Was den Zweizüger betreffe, könne er noch keine konkreten Zahlen nennen, weil die Machbarkeitsstudie noch nicht abgeschlossen sei. Zur Notwendigkeit einer neuen Dreifachturnhalle in Baar erwähnt der CVP-Politiker übrigens die Motion der CVP Baar, die im August letzten Jahres eine solche Dreifachturnhalle gefordert habe.

Auf die freie Wiese hinter der alten Migros

Wenigstens kann Langenegger versichern, dass der Zweizüger nicht auf das Fussballfeld, der «grünen Lunge» der Dorfmatt, gebaut wird – sondern sehr wahrscheinlich hinter der alten Migros, auf der Wiese hinter der Turnhalle Sternmatt I und neben den Kindergärten, zu stehen kommt.

Aber warum bloss wächst Baar so stark? «Baar und Inwil sind in den letzten Jahren wirklich massiv gewachsen, weil sie ähnlich attraktive Lebensräume bieten wie die anderen Talgemeinden Cham, Zug und Steinhausen», sagt Langenegger.

«Eine Gemeinde wächst nie ungestraft.»

Urban Bossard, Baarer Rektor

Für Urban Bossard, Rektor der Schulen Baar, ist das jetzige Schulraumerweiterungskonzept in sich schlüssig und ein «kluges, breit abgestimmtes Vorgehen», um das kontinuierliche Schülerwachstum bis 2043/44 zu bewältigen. «Bis dahin wird es nämlich zwölf neue Primarschulklassen geben. Und wir können mit dieser Planung bereits ab 2024 einen Zweizüger anbieten, in den vorübergehend auch Oberstufenschüler einziehen werden.» Früher seien die Schülerzahlen noch stärker angestiegen als heute, beruhigt Bossard: In Baar seien es von 1992 bis 2002 um die 600 Schüler gewesen.

Zudem wolle man, so Bossard, künftig das schulergänzende Angebot mit Mittagstisch und Tagesschule auf 150 Plätze ausbauen.

Schülerentwicklung künftig alle zwei Jahre beäugen

Für den Baarer Rektor liegt das enorme Bevölkerungswachstum vor allem in der zunehmenden Verdichtung Baars begründet. Dadurch entstehen neue Wohnungen, was wiederum neuen Schulraum bedinge. Würde man mehr Büros bauen, bräuchte es mehr Strassen. Sagt’s und bilanziert fast philosophisch: «Eine Gemeinde wächst nie ungestraft.»

Bauchef Paul Langenegger will dagegen sicherstellen, dass künftig keine derartig sprunghaften Schulerweiterungen mehr nötig werden. «In Zukunft wollen wir uns alle zwei Jahre die Schülerzahlentwicklungen genauer ansehen.»

SVP Baar kritisiert: «Hausaufgaben sträflich vernachlässigt»

Den neuen Schulraumplanungen der Gemeinde begegnet die SVP Baar mit Befremden. «Es stimmt bedenklich, dass trotz der vom Gemeinderat beschlossenen Erhöhung der Schülerzahl von durchschnittlich 17 auf 19 Schülerinnen und Schüler pro Klasse im Schulkreis Zentrum innert Kürze sechs zusätzliche Klassenzimmer benötigt werden», kritisiert die SVP Ortspartei in einer Medienmitteilung.

Es gelte deshalb festzustellen, dass in der zuständigen Abteilung Schulen/Bildung in den vergangenen Jahren die Hausaufgaben nicht gemacht und eine sorgfältige und vorausschauende Schulraumplanung sträflich vernachlässigt worden seien.

«Hauruck-Übung»

«Selbst der Gemeinderat scheint vom Ergebnis der Schulraumplanung überrascht», schreibt die SVP weiter. In Anbetracht der Tatsache, dass bei der Erstellung von öffentlichen Bauten üblicherweise von einem Planungshorizont von bis zu acht Jahren auszugehen sei, komme das Vorhaben einer «Hauruck-Übung» gleich.

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