Roger Sonderegger im Interview zum Musegg-Parking

«Die Initianten wollen sich nicht eine goldene Nase verdienen»

Roger Sonderegger ist überzeugt: Den privaten Planern hinter dem Projekt geht es nicht ums Geld.

(Bild: Gian Waldvogel)

Die Unterschriften für die Musegg-Parking-Initiative sind beisammen. Das freut Roger Sonderegger, der an vorderster Front für das Parkhaus kämpft. Der CVP-Grossstadtrat räumt jedoch ein, dass die Idee etliche Schwachpunkte aufweist, bislang zu viele Autoparkplätze geplant sind und der Schwanenplatz kein zweiter Mühlenplatz werden kann.

Der Idee für ein Parkhaus im Musegghügel steht ein Revival bevor. Die Initiative der Bürgerlichen und Wirtschaftsverbände ist zustandegekommen, wie Roger Sonderegger, Präsident des Initiativkomitees, bestätigt. Das bedeutet: Die Stimmbevölkerung wird darüber abstimmen, ob die Planungen für das Parkhaus wieder aufgenommen werden.

Das Stadtparlament hat der Zusammenarbeit zwischen der Stadt und der privaten Parking Musegg AG im Dezember ein abruptes Ende gesetzt (zentralplus berichtete). Die AG will im Musegghügel für 150 Millionen Franken eine Anlage mit 36 Parkplätzen für Cars und 661 Plätzen für Autos bauen. Das Vorprojekt ist bereits aufgegleist und inzwischen öffentlich bekannt. Doch bereits vorher kam die Mehrheit im Parlament, bestehend aus SP, Grünen und Grünliberalen, zum Schluss, dass das Projekt zu viele Schwachstellen aufweist.

Nun kommt also nochmals Bewegung in die Sache. Das hätten die privaten Initianten verdient, sagt Roger Sonderegger. Der CVP-Grossstadtrat gilt als Brückenbauer in der Verkehrspolitik, der die Förderung von Velo und öffentlichem Verkehr mitträgt, zugleich aber auch den Autofahrern ihren Platz zugesteht.

zentralplus: Roger Sonderegger, wann haben Sie sich zum letzten Mal über einen Car geärgert?

Roger Sonderegger: (zögert) Das war vor längerer Zeit beim Inseli, als ein Chauffeur halb auf dem Parkplatz, halb auf der Strasse stand – und ich mit dem Velo nicht vorbei konnte.

zentralplus: Die Stadt will das Carproblem lösen. Wo spüren die Luzerner dieses Problem eigentlich?

Sonderegger: Die persönliche Erfahrung zeigt natürlich nicht das volle Bild unseres Carproblems. Einerseits könnte man den Schwanenplatz in ein attraktives Eingangstor zur Altstadt verwandeln. Andererseits haben wir immer wieder Unfälle mit Reisebussen. Insbesondere beim Löwenplatz, beim Schwanenplatz und auf dem Bahnhofplatz sind sie auch ein Platzproblem. Denn gerade im Sommer brauchen die Cars die Strassen intensiv. Wenn die Inseli-Initiative durchkommt, und davon gehe ich aus, verschärfen wir das sogar nochmals, weil dann die bestehenden Parkplätze auf dem Inseli wegfallen. Darum können wir nicht einfach sagen: Alles gut, lassen wir es so, wie es ist.

zentralplus: Nun wollen Sie mit der Initiative das im Dezember versenkte Parkhaus Musegg wieder als Lösung einbringen – wie kam das auf der Strasse an?

Sonderegger: Wir haben aktuell über 2500 Unterschriften – und damit deutlich mehr als die 800 benötigten. Viele erachten das Musegg-Parking als beste Lösung. Es gibt aber auch viele, die nicht einverstanden waren mit der Art und Weise, wie das Projekt vom Parlament gestoppt wurde.

«Die privaten Initianten könnten ein Modell finden, wie sich die Stadt finanziell am Projekt beteiligen kann.»

zentralplus: Die Initiative zum Parkhaus ist mit der hübschen Schleife «Aufwertung Innenstadt» verpackt – gegen eine schönere Altstadt hat wohl niemand was. Ist das nicht Augenwischerei?

Sonderegger: Nein. Das Parking soll das Carproblem lösen, aber auch einen Beitrag zur Innenstadt-Aufwertung leisten.

zentralplus: Löwengraben, Kleinstadt, Bahnhofstrasse: Die Aufwertung der Innenstadt läuft sowieso, dazu bräuchte es keine Initiative.

Sonderegger: Ja, das stimmt. Aber die beiden Punkte hängen direkt miteinander zusammen: Damit es nicht mehr Verkehr gibt, müsste die Stadt zugunsten des Parkhauses oberirdische Parkplätze aufheben. Wo heute noch Autos auf der Strasse stehen, kann man also dereinst flanieren. Gleichzeitig sollten die Verantwortlichen der Parking Musegg AG auch etwas für die ganze Stadt beisteuern.

zentralplus: Was heisst das konkret?

Sonderegger: Das muss man diskutieren. Sie könnten beispielsweise mitdenken, wie man frei gewordene Stadträume neu gestalten und nutzen kann. Oder ein Modell finden, wie sich die Stadt finanziell am Projekt beteiligen und davon profitieren kann.

zentralplus: Sie sprechen einen der Kritikpunkte an: Wenn die Stadt eigene Parkplätze aufheben muss, gehen ihr Millioneneinnahmen verloren. Ein zu hoher Preis, finden manche.

Sonderegger: Da muss man einfach mal festhalten: Die privaten Initianten wollen sich mit dem Parkhaus nicht eine goldene Nase verdienen. Sie wollten den Schwanenplatz von Cars befreien und erst als Mantelnutzung kamen dann die Autoparkplätze hinzu. Deshalb ist es ein solch grosses Projekt geworden.

Das Musegg-Parking soll Platz bieten für 36 Cars und rund 660 Autos. (Grafik: zvg)

Das Musegg-Parking soll Platz bieten für 36 Cars und rund 660 Autos. (Grafik: zvg)

zentralplus: Aber ein finanzielles Interesse kann man nicht abstreiten. Das Parkhaus wird Schätzungen zufolge jährlich 4,3 Millionen einbringen und eine Rendite von 3,5 Prozent abwerfen.

Sonderegger: Klar, ohne Rendite findet man keine Investoren und kann nicht bauen. Zudem ist das ja nicht verboten: Die Parkhäuser der Stadt werfen auch eine Rendite ab. Letztlich ist das genau einer der Punkte, die wir diskutieren müssen: Wie kann die Stadt profitieren, wenn sie zugunsten des Parkhaus Musegg auf ihre eigenen Parkplätze verzichtet? Und zudem darf man nicht vergessen: Die Stadt hat ein Problem und es ist sehr lobenswert, wenn jemand das gratis löst.

«Es ist unvorstellbar, dass ein Privater eine öffentliche Aufgabe zum Nulltarif löst.»

zentralplus: Aber gratis ist es ja eben nicht. Die Stadt würde ja voraussichtlich auch für die Zufahrten und andere flankierende Massnahmen aufkommen.

Sonderegger: Es ist unvorstellbar, dass ein Privater eine öffentliche Aufgabe zum Nulltarif löst. Irgendwo gibt es einen kleinen oder mittelgrossen Preis – und den wollen wir ja eben diskutieren.

zentralplus: Gegner bezeichnen das Projekt als Dinosaurier aus einem 70er-Jahre-Verkehrskonzept. Sie sind bisher nicht als Vertreter einer solchen Verkehrspolitik aufgefallen. Wie geht Ihr Engagement für das Riesenparkhaus damit zusammen?

Sonderegger: Wäre es ein reines Autoparkhaus mit 660 Parkplätzen, würde ich es auch nicht unterstützen. Aber diese Parkplätze sind wie die Hochhäuser beim Allmend-Stadion – der Projektteil, durch den man das Ganze finanzieren kann. Das Projekt ist aus dem 21. Jahrhundert, weil wir – übrigens auch im Parlament – den Konsens haben, dass Motorfahrzeuge heutzutage unterirdisch besser versorgt sind als an der Oberfläche. Ich sehe das Projekt als Chance, das Carproblem zu lösen – wir haben schlichtweg keine andere Idee.

zentralplus: SP-Präsident Claudio Soldati sagte gegenüber zentralplus, das abgeschossene Musegg-Parking mache Platz für neue Ideen.

Sonderegger: Her damit! Ich bin gespannt – denn das sagen wir schon seit zehn Jahren. Bringt mir eine Alternative und ich bin der Erste, der mitdiskutiert.

Zur Person

Roger Sonderegger sitzt seit 2012 für die CVP im Stadtparlament und ist dort Mitglied der Baukommission. Zudem präsidiert er die städtische Verkehrskommission. Nach dem Geographie- und Englischstudium hat er sich zum Raumplaner weitergebildet und in diesem Bereich eine Dissertation geschrieben. Aktuell ist der 39-Jährige als Projektleiter und Dozent im Bereich Mobilität am Institut für Tourismuswirtschaft der Hochschule Luzern tätig. Er sitzt im Vorstand der Baugenossenschaft Matt und ist Verwaltungsrat der Wärmeverbund Littau AG. Der zweifache Familienvater wohnt in Littau.

zentralplus: Die von Ihnen geforderte Debatte wird zwangsläufig auch Fragen aufwerfen, die das Musegg-Parking unbeliebter machen. Wer beispielsweise erfährt, dass sein Parkplatz in der Neustadt wegfällt, wird sicher nicht bereit sein, im Musegg-Parking einen zu mieten.

Sonderegger: Nein, es ist klar, dass jeder Parkplatz, den man aufheben muss, irgendjemandem wehtun wird. Aber die Bevölkerung hat das Recht, diese Fragen zu diskutieren.

zentralplus: Die GLP hat kürzlich die 2014 verworfene Idee einer Metro von Ibach zum Schwanenplatz wieder ins Spiel gebracht. Eine valable Alternative?

Sonderegger: Für die Carparkierung wäre es ideal, aber man bringt da nicht so viele Autofahrer hin, dass es rentieren würde. Und eine unterirdische Bahn kostet im Betrieb viel Geld. Ich halte das nicht für finanzierbar.

«Ich möchte gerne wissen, wo wir genug Parkplätze hernehmen sollen, um mit gutem Gewissen das Inseli umzubauen»

zentralplus: Die Stadt hat kürzlich ihr Carkonzept vorgestellt. Etliche Massnahmen sind teilweise bereits passé: Die Plätze im Brüelmoos wurden vom Parlament versenkt, gegen die möglichen neuen Parkplätze beispielsweise beim Mattenhof wehren sich die Gemeinden vehement.

Sonderegger: Klar sagen die Krienser und Horwer Nein. Wieso sollen sie die Last nehmen ohne zu profitieren? Auch dass sich das Geissmatt-Quartier gegen das Parkhaus wehrt, verstehe ich. Aber letztlich müssen wir diskutieren, was für die gesamte Stadt die beste Lösung ist.

Ob er das Parkhaus Musegg unterstützt, lässt Roger Sonderegger noch offen.

Ob er das Parkhaus Musegg unterstützt, lässt Roger Sonderegger noch offen.

(Bild: Gian Waldvogel)

zentralplus: Je mehr Alternativen wegfallen, desto höher ist die Dringlichkeit für das Musegg-Parkhaus. Die CVP war auch dafür, den Standort Brüelmoos aus dem Parkkonzept zu kippen – böse Zungen behaupten, aus ebendiesem Grund?

Sonderegger: Nein, das war nicht berechnend. Zudem waren im Brüelmoos nur rund 20 Parkplätze geplant, das hätte das Carproblem nicht gelöst. Sonst müsste man dasselbe auch die Juso fragen, deren Inseli-Initiative als Brandbeschleuniger wirkt. Ich möchte schon gerne wissen, wo wir genug Parkplätze hernehmen sollen, um mit gutem Gewissen das Inseli umzubauen – und ich bin nicht der Einzige, der diese Frage stellt.

zentralplus: Sie sagen, es gibt keine Alternative zum Musegg-Parking, was eine externe Studie bestätigt (zentralplus berichtete). Ist das Musegg-Parking die beste aller schlechten Lösungen?

Sonderegger: Nein, ich würde sie nicht als schlecht bezeichnen. Es ist die einzige, die funktioniert.

zentralplus: Aber sie hat doch etliche Schwachpunkte?

Sonderegger: Ja, einverstanden.  

«Das Projekt ist unsere beste Variante. Aber sie ist nicht perfekt.»

zentralplus: Die Bevölkerung von einem alternativlosen Kompromiss zu überzeugen, dürfte schwierig werden.

Sonderegger: (zögert) Wir haben ein Problem, das wir schon lange lösen wollen. Das Projekt ist unsere beste Variante. Aber sie ist nicht perfekt.

zentralplus: Sie sind der Kopf dieser Initiative, aber Sie ergreifen nicht leidenschaftlich Partei für das Parkhaus. Wieso?

Sonderegger: Wir wollen den privaten Verantwortlichen eine faire Chance geben, ihr Projekt in die politische Diskussion einzubringen – das haben sie verdient. Die Initiative ist ein Türöffner, um das Projekt zu diskutieren, aber nicht ein Freipass um das Parkhaus in dieser Form zu bauen. Denn die offenen Fragen sind noch zu gross. Womöglich braucht es noch Änderungen.

zentralplus: Wo zum Beispiel?  

Sonderegger: Es wäre unfair, wenn ich den Verantwortlichen jetzt via Medien sagen würde, wie sie ihr Projekt anpassen müssten. Aber was man festhalten kann: Es wäre ein Vorteil, wenn es mehr Carparkplätze und weniger Autoparkplätze gäbe. 

So könnte der Schwanenplatz gemäss der Musegg Parking AG aussehen – ob das realistisch ist, stellt auch Roger Sonderegger in Frage.

So könnte der Schwanenplatz gemäss der Musegg Parking AG aussehen – ob das realistisch ist, stellt auch Roger Sonderegger in Frage.

(Bild: zvg)

zentralplus: Das Initiativkomitee suggeriert, der Schwanenplatz könnte zu einem zweiten Mühlenplatz werden. Malen Sie da nicht zu rosig?

Sonderegger: Auf das Niveau des Mühlenplatzes kommen wir sicher nicht. Nur schon, weil beim Schwanenplatz eine der stärksten Verkehrsachsen vorbeiführt. Es wird kein Platz, wo man eine Stunde lang Kaffee trinkt, aber womöglich ein schöner Treffpunkt, der deutlich urbaner ist als heute. Vielleicht vergleichbar mit dem Löwenplatz zwischen Heini und Bourbaki.

zentralplus: Die Bevölkerung wird nun also voraussichtlich über Ihre Initiative abstimmen können. Sie betonten stets, dass es keine Grundsatzabstimmung sein soll. Wie würden Sie denn die möglichen Resultate interpretieren?

Sonderegger: Ein Ja zur Initiative bedeutet ein mögliches Ja zum Parkhaus, also ein Ja zur Projektplanung. Ein Nein zur Initiative ist ein Nein zum Parkhaus – was ein hartes Verdikt wäre, nicht nur für die Initianten, sondern auch demokratiepolitisch. Dann werde ich ruhig sein.

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