Stadt Luzern soll aktiver eingreifen

SP verlangt Gratiskredite für Wohnbaugenossenschaften

Die Tafeln rund um die Baustelle ergeben einen begehbaren Zeitstrahl. Diese hier markiert 2012, als das jetzige Projekt gewann.  (Bild: jwy)

Wohnungen, die keine Rendite abwerfen müssen: Darin sehen die Linken das Rezept gegen Wohnungsnot in der Stadt. Die SP-/Juso-Fraktion verlangt nun einen 10-Millionen-Fonds für zinslose Darlehen für Wohnbaugenossenschaften. Zudem soll die Stadt selber Genossenschafterin werden.

Bis 2037 sollen 16 Prozent aller Wohnungen in der Stadt Luzern gemeinnützig sein – also nicht gewinnorientiert verwaltet. Das hat die Stimmbevölkerung 2012 beschlossen. Doch den Linken geht es mit der Umsetzung zu langsam vorwärts. «Für das vom Volk abgesegnete Ziel sieht es zurzeit sehr düster aus», sagt SP-Grossstadtrat Gianluca Pardini.

Tatsächlich kommt die Stadt zurzeit weniger schnell voran als ursprünglich erhofft – dennoch ist der Stadtrat zuversichtlich, dass der 16-Prozent-Anteil bis 2037 erreicht wird (zentralplus berichtete).

Neue Rezepte gefordert

Für die SP-/Juso-Fraktion ist indes klar, dass die bestehenden Mittel nicht reichen. «Es müssen neue Rezepte her», sagt Pardini. Seine Fraktion hat nun drei Vorstösse eingereicht, um den gemeinnützigen Wohnungsbau stärker zu unterstützen. So sollen die Wohnbaugenossenschaften künftig Gratiskredite der Stadt beantragen können. Die Stadt soll zudem eine «Altbau-Strategie» und eine neue Informationspolitik entwickeln.

Gianluca Pardini (SP)

Gianluca Pardini (SP)

(Bild: zvg)

Der SP-Grossstadtrat hält einen Paradigmenwechsel für nötig. Die Stadt setze beim gemeinnützigen Wohnbau zurzeit vor allem auf Neubauten bei zu entwickelnden Arealen, beispielsweise bei der EWL (zentralplus berichtete). «Doch freie Grundstücke auf Stadtboden sind begrenzt», so Pardini. Zudem verweist er darauf, dass Neubauten hohe Investitionen voraussetzen und es tendenziell schwieriger sei, dann günstige Wohnungen anzubieten.

Deshalb wollen SP und Juso auf bereits gebaute Liegenschaften setzen. «Bestehende Wohnungen sind oft günstig, bis dann eine umfassende Sanierung ansteht und die Mietpreise anschliessend erhöht werden.» Das sei zuletzt etwa bei etlichen Liegenschaften in der Neustadt geschehen.

Seine Idee: Wenn bestehende Altbauten in die Hände von Wohnbaugenossenschaften fallen, werden sie dem «spekulativen Immobilienmarkt» entzogen. Gerade kleinere Genossenschaften stossen laut Pardini aber oft an ihre Grenzen. «Sie können beim Kaufpreis oft nicht mithalten, weil ihnen das harte Eigenkapital für Bankkredite fehlt.» Durch den neuen Fonds soll die Stadt ihnen Gratis-Kredite sprechen – oder sogar selber Anteilsscheine kaufen. Der Fonds soll mindestens zehn Millionen Franken umfassen. Gespiesen werden könnte er durch die Zinserträge, welche Baurechtsverträge für städtische Grundstücke abwerfen. In der Stadt Winterthur hat die Bevölkerung 2014 genau einen solchen 10-Millionen-Topf an der Urne angenommen.

Pardini ist überzeugt, dass Gratiskredite auch angesichts der aktuell rekordverdächtig tiefen Zinse nötig sind. «Ich gehe davon aus, dass das Tiefzinsumfeld eine Ausnahmesituation ist.» Doch führt das nicht dazu, dass bei einem Immobilienverkauf mehr Akteure mitbieten – und damit die Preise in die Höhe treiben? Dieses Risikos ist sich Pardini bewusst. «Letztlich ist das trotzdem nachhaltiger, weil die Genossenschaften als Besitzer die Mietpreise langfristig stabilisieren.»

Neue, kleine Genossenschaften

Im Fokus haben SP und Juso insbesondere kleine Genossenschaften, die mit einer zweiten Motion speziell begünstigt werden sollen. Die Stadt soll damit Neugründungen von Genossenschaften fördern. Pardini denkt an Mieter, die sich zusammenschliessen und die eigene Liegenschaft übernehmen wollen. «Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das Interesse dazu vorhanden ist. Entwicklungen in anderen Schweizer Städten bestätigen dies», sagt Pardini, ohne aber Luzerner Beispiele nennen zu können. Gerade, wenn eine Sanierung oder ein Verkauf eines Hauses ansteht, könnte sich diese Option eröffnen. Die Stadt soll Mieter dann durch juristische Beratung unterstützen.

«Die geforderte Altbau-Strategie ist eine neue Schiene, die der Stadtrat bislang nicht fährt.»

Gianluca Pardini, SP-Grossstadtrat

Von der Förderung sollen demnach neue und kleine Organisationen profitieren – und nicht in erster Linie etablierte Genossenschaften wie der Branchenkrösus ABL. Wie das konkret ausgestaltet würde, damit nicht einfach die finanziell bereits gut gepolsterten Genossenschaften an Gratiskredite kommen, müsste laut Pardini noch geregelt werden.

Ein Feld zurück: Die geplante gemeinnützige Wohnsiedlung bei der Eichwaldstrasse wird nochmals neu verhandelt.

Ungeplanter Boxenstopp: Die geplante gemeinnützige Wohnsiedlung bei der Eichwaldstrasse wird verzögert.

Auch wenn Genossenschaften dadurch kaufkräftiger werden: Dass Liegenschaftsbesitzer ihre Goldesel deswegen nun reihenweise an Genossenschaften abtreten, dürfte kaum eintreten. Schliesslich bieten Häuser gerade in der Stadt eine lukrative Rendite. Dennoch glaubt Pardini an Besserung: «Klar, kann man niemanden zu einem Verkauf zwingen. Aber so können Genossenschaften ebenfalls ein Angebot unterbreiten, etwas, das private Investoren laufend tun.»

Abwarten ist kein Thema

Ein dritter Vorstoss verlangt, dass die Stadt verkaufsbereite Hausbesitzer und kauffreudige Wohnbaugenossenschaften zusammenbringt. Die Behörden sollen zudem die Besitzer von leerstehenden Häusern kontaktieren und einen Kauf vermitteln. 

Doch ist es nicht zu früh für dieses Eingreifen? Schliesslich will der Stadtrat 2019 aufzeigen, wie gut man im Zeitplan ist, um die 16 Prozent gemeinnütziger Wohnungen bis 2037 zu erreichen. Pardini winkt ab: «Die geforderte Altbau-Strategie ist eine neue Schiene, die der Stadtrat bislang nicht fährt.» Im Parlament werde zurzeit bei jedem Areal diskutiert, ob und wie gemeinnütziger Wohnbau angebracht ist. Nun sei es an der Zeit, neue Rezepte einzubringen.

Brachland mitten im Stadtzentrum: Das EWL-Areal mit dem Hauptsitz des Energieversorgers hinten rechts im Bild.

Könnte womöglich auch Terrain werden für genossenschaftliche Wohnungen: das EWL-Areal.

(Bild: jal)

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