Luzerner CVP auf Präsidenten-Suche: Die Kandidaten

«Ich weiss, dass mein Name gefallen ist.» Aber…

Die Delegierten der CVP Luzern strecken ihre orangen Stimmkarten in die Höhe.

(Bild: flickr/CVP Luzern)

Das Rampenlicht ist einem Parteipräsidenten sicher – oder ihr. Zudem hat das Führungspersonal grossen politischen Einfluss, gerade bei der CVP des Kantons Luzern. Nach dem Abgang von Pirmin Jung ist der Stuhl frei, die Suche aufgegleist. Auf der Suche nach aussichtsreichen Kandidaten stossen wir auf nicht weniger als 14 Kandidaten – und nicht wenige Absagen.

Der Eschenbacher Unternehmer Pirmin Jung tritt aus beruflichen Gründen auf April zurück (zentralplus berichtete), die CVP des Kantons Luzern braucht einen neuen Präsidenten oder eine neue Präsidentin. Eine Findungskommission hat sich nun auf die Suche nach einer Nachfolge begeben. Präsidiert wird diese vom letztjährigen Kantonsratspräsidenten Franz Wüest (Ettiswil). «Ich bin zuversichtlich, dass wir zeitgerecht eine Lösung präsentieren können», sagt er.

Doch was braucht’s fürs Präsidium? Schliesslich ist der Kanton Luzern nach wie vor fest in CVP-Hand, auch wenn die Partei bei den nationalen Wahlen im Herbst 2015 erstmals von der SVP übertrumpft wurde. Die Mittepartei stellt die meisten Regierungsräte, die meisten Kantonsräte und die meisten Gemeinderäte. Zudem ist sie besonders in den ländlichen Regionen tief verankert.

Franz Wüest erklärt: «Wir brauchen jemanden mit politschem Feuer und Ausstrahlung.» Der Job sei attraktiv, man könne viel bewegen. Zudem sei die mediale Aufmerksamkeit garantiert. Und wie muss der Leistungsausweis aussehen? «Wir haben Rückmeldungen von mehreren Seiten, dass die Person über politische Erfahrung verfügen soll.» Idealerweise im Kantonsrat, weil so viele Synergien genutzt werden könnten.

Pirmin Jung (links) tritt als CVP-Präsident ab. Der letztjährige Kantonsratspräsident Franz Wüest leitet die Suche nach einem Nachfolger.

Pirmin Jung (links) tritt als CVP-Präsident ab. Der letztjährige Kantonsratspräsident Franz Wüest leitet die Suche nach einem Nachfolger.

(Bild: zvg)

Führungserfahrung ist entscheidend

«Es braucht politisches Gespür, man muss innert Kürze in der Lage sein, eine neue Entwicklung einzuschätzen», sagt Wüest und fährt fort: «Daneben ist Führungserfahrung entscheidend.» Als Mittepartei sei es eine Herausforderung, die unterschiedlichsten Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen. «Pirmin Jung hat das vorbildlich gemacht», lobt Wüest.

Jung trat aus Zeitgründen zurück, er sprach von einem 40-Prozent-Pensum. Ein Ablöscher? «Man muss schon wissen, was man macht», gibt Wüest zu. Die FDP hat ihr Präsidium vor einem Jahr mit dem frühpensionierten Markus Zenklusen besetzt. Wüest sagt, man habe sich ähnliche Überlegungen gemacht. «Ich bin aber der Meinung, wir brauchen jemand Jüngeren.» Die grösste Herausforderung sieht Wüest darin, «den Rank zwischen den ländlichen und urbanen Bedürfnissen zu finden.»

Und wer wird es denn nun? Wüest gibt sich zugeknöpft: «Es gilt die freie Ämterbewerbung. Eine erste Triage hat stattgefunden, aber wir haben noch immer eine zweistellige Zahl Kandidaten auf unserer Liste.» Die Gespräche würden nun im kleinen Kreis und mit der Findungskommission stattfinden. «Namen kommentiere ich nicht. Aber ich bin überzeugt, dass wir jemanden finden.»

Nun gut, die Anforderungen sind bekannt. zentralplus hat das Personal der CVP unter die Lupe genommen und mögliche Kandidaten zu ihren Ambitionen befragt.

Der Vizepräsident

Christian Ineichen (39) aus Marbach ist als Vize-Präsident automatisch ein Kandidat. Auf Anfrage von zentralplus gibt er sich geheimnisvoll. «Die Nachfolge ist völlig offen. Die Kommission macht jetzt ihre Arbeit.» Ob er angefragt wurde, will er nicht kommentieren. Er kandidierte für den Nationalrat, die politischen Ambitionen kann er also nicht verleugnen. Ineichen lacht: «Ja, das ist wohl so. Trotzdem: Ich würde mir das sehr gut überlegen, weil das Amt durchwegs anspruchsvoll ist.»

Was Ineichen mitbringen würde, ist das Herzblut. «Ja, ich politisiere mit Leidenschaft.» Er finde es wichtig, sich für die Sache einzusetzen. «In der Luzerner Politik fehlt mir immer mehr die Kompromissbereitschaft.» Viele Parteien würden lediglich Probleme bewirtschaften. Auf die Frage, ob ihm die ländliche Prägung möglicherweise etwas im Weg stehen könnte, antwortet Ineichen mit Unverständnis. «Dann hätte ich das Prinzip der Kantonalpartei nicht verstanden. Nein, als Präsident ist es logischerweise die Hauptaufgabe, für alle da zu sein.»

Die Vizepräsidentin

Auch Yvonne Hunkeler amtet als Vizepräsidentin. Die Kantonsrätin ist zudem die finanzpolitische Leaderin der CVP-Fraktion. Sie sagt aber: «Das Präsidium der CVP Kanton Luzern kommt für mich aus verschiedenen Gründen nicht in Frage.» Unter anderem aus beruflichen: als selbständige Unternehmensberaterin liege ein noch grösseres politisches Engagement im Moment nicht drin.

Vizepräsident Christian Ineichen und Vizepräsidentin Yvonne Hunkeler.

Vizepräsident Christian Ineichen und Vizepräsidentin Yvonne Hunkeler.

Die Stadtparteipräsidentin und Nationalrätin

Besonders in ländlichen Regionen ist die CVP verankert. Da könnte es auch eine Strategie sein, eine Städterin an die Spitze zu setzen. Nationalrätin Andrea Gmür präsidiert derzeit die Stadtpartei. Auf Anfrage möchte sie sich nicht zum Thema äussern. Ein Dementi klingt anders, allerdings hat Gmür auch schon verlauten lassen, dass sie am allerliebsten Findungskommissionspräsident Franz Wüest selbst auf dem Posten sehen würde:


 

Der Fraktionschef

Keiner kennt die CVP-Fraktion so gut wie Chef Ludwig Peyer. Er wäre bestens vernetzt und führt gegenwärtig die Geschäftsstelle des Verbands Luzerner Gemeinden. Zudem kennt er als ehemaliger Parteisekretär das Innenleben der Partei. Er nimmt sich jedoch aus dem Rennen: «Ich bin kein Thema, ich bleibe auf dem Posten des Fraktionschefs», sagt Peyer. Er wisse, dass sein Name auch im Spiel war, man habe dieses Szenario jedoch relativ rasch verworfen.

Der abtretende Präsident Pirmin Jung sass selber nicht im Kantonsrat, der oder die Neue vielleicht schon. Peyer kann sich beide Modelle vorstellen. «Ist der Präsident Teil der Fraktion, so ist der Informationsaustausch einfacher. Allerdings besteht auch die Gefahr der Betriebsblindheit.»

Nationalrätin Andrea Gmür und Fraktionschef Ludwig Peyer.

Nationalrätin Andrea Gmür und Fraktionschef Ludwig Peyer.

Die Fraktions-Vizes und CVP-Kenner

Ebenfalls im CVP-Kuchen zu Hause sind Adrian Bühler und Daniel Piazza. Bühler war von 2005 bis 2012 politischer Sekretär der CVP und arbeitet heute als Polit-Berater (zentralplus berichtete). Daniel Piazza war bis vor einem Jahr knapp vier Jahre Geschäftsführer der CVP Schweiz, heute arbeitet er als Kommunikationschef bei CKW. Sie beide verkörpern eine neue Generation von Politikern und fühlen sich auch auf Twitter zu Hause. Zudem sind beide Vize-Präsidenten der Kantonsratsfraktion.

Bühler weiss, dass er für das Amt vorgeschlagen wurde. «Das freut mich. Als Sekretär habe ich miterlebt, welch spannende Aufgaben dieses Amt mit sich bringt.» Zum jetzigen Zeitpunkt sei das Präsidium aber keine Option. Er sei beruflich und als Kantonsrat zeitlich bereits stark beansprucht. «Ich habe zwei kleine Töchter und deshalb aus familiären Gründen abgelehnt.»

Bei Daniel Piazza tönt es identisch: «Verantwortung für die Partei zu übernehmen würde mich sehr reizen, aber als Vater zweier kleiner Töchter kommt es für mich aktuell nicht in Frage.» Der 38-Jährige aus Malters bestätigt aber ebenfalls, dass Gespräche stattgefunden haben.

Adrian Bühler (links) und Daniel Piazza.

Adrian Bühler (links) und Daniel Piazza.

Die Vernetzten

Ebenfalls ein Kandidat wäre Josef Wyss. Der Eschenbacher ist Präsident der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Gesellschaft AWG – einer Unternehmer-Gruppierung innerhalb der CVP. «Ich weiss, dass mein Name gefallen ist», sagt er. «Der Job ist hochspannend, kommt für mich aus beruflichen Gründen aber nicht in Frage.» Wyss ist Leiter des Geschäftsbereichs Käse bei der Emmi. Mit Pirmin Jung war ein Unternehmer an der Spitze und allen passte es. Wyss sagt dazu: «Ein Unternehmer wäre wünschenswert, aber nicht zwingend.»

Definitiv einen Unternehmer wünscht sich Roland Vonarburg, Präsident des Luzerner Gewerbeverbands und ehemaliger CVP-Kantonsrat aus Schötz. Für den 51-Jährigen persönlich kommt das Amt allerdings nicht in Frage. «Nein, meine unternehmerische Tätigkeit und das Amt als Verbandspräsident lasten mich völlig aus.» Vonarburg ist Geschäftsführer und Inhaber der Wauwiler Champignon AG. Zudem würde eine Doppelfunktion nicht klappen und auch nicht akzeptiert werden, lässt er verlauten. «Der Gewerbeverband ist parteipolitisch neutral.»

Eine Möglichkeit wäre auch Jakob Lütolf. Er ist Präsident des Luzerner Bauernverbands und sass früher ebenfalls im Kantonsrat. Ende 2016 ist er als Gemeindepräsident von Wauwil zurückgetreten. Er sagt: «Ich wurde bisher nicht angefragt, ich könnte es aber auch nicht ausüben.» Einerseits habe er nach seinem Rücktritt als Gemeindepräsident beim Schweizer Bauernverband neue Aufgaben übernommen und andererseits könnte es durchaus problematisch sein, wenn ein Verbandspräsident eine Partei präsidieren würde. Ziemlich konkret wird er bei seiner Wunschvorstellung: «Ich wünsche mir ganz klar eine ‹bürgerliche Kraft› vom ‹rechten Flügel› analog dem neuen schweizerischen Präsidenten Gerhard Pfister.»

Von links: Josef Wyss, Roland Vonarburg, Jakob Lütolf.

Von links: Josef Wyss, Roland Vonarburg, Jakob Lütolf.

Die Newcomer

Adrian Nussbaum und Guido Roos sind zwar erst seit Frühling 2015 im Kantonsrat, nichtsdestotrotz haben sie es bereits in die wichtige Planungs- und Finanzkommission geschafft. Sie kennen sich also mit dem absolut dominierenden Thema Finanzen bestens aus. Beide haben sich in der Spardebatte immer wieder hervorgetan. Innerhalb der Partei wurde ihr Potential erkannt, wie mehrere Vertreter bestätigen.

Treuhänder Nussbaum sagt: «Aus meiner Sicht stellt das Amt des Kantonalpräsidenten eine sehr grosse Herausforderung dar, welche eine entsprechende Belastung mit sich bringt. Auf der anderen Seite bringt das Amt sicher auch die Chance auf reiche Erfahrung und ein erweitertes Netzwerk mit sich.» Zudem könne mit dem Amt sicher auch eine aktive Rolle in der Politik eingenommen werden, was reizvoll und spannend sei. «Zurzeit kann ich mir persönlich allerdings das Amt aus verschiedenen Gründen nicht vorstellen», so Nussbaum, der sich damit auch aus dem Rennen nimmt.

Überhaupt nicht mit dem Thema beschäftigen will sich Guido Roos. «Für mich sind die ersten vier Jahre im Kantonsrat wie eine Lehre. Ich bin nun zwei Jahre dabei, wenn ich in zwei Jahren wiedergewählt werde, habe ich die Lehrabschlussprüfung bestanden.» Alles andere käme zu früh, zudem liege es für ihn beruflich gar nicht drin. Roos ist Geschäftsführer des Verbandes Region Luzern West.

Adrian Nussbaum (links) und Guido Roos.

Adrian Nussbaum (links) und Guido Roos.

Der Stadtpräsident

Der Surseer Stadtpräsident Beat Leu versuchte im Herbst 2015, einen Nationalratssitz zu ergattern. Politische Ambitionen sind also vorhanden. Er fühle sich geehrt, wenn man ihn als möglichen Präsidenten sehe, teilt er mit. «Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse, wenn ich mich nicht äussere. Ich denke, die Findungskommission sowie die angefragten Kandidaten sollten ihre Arbeit in Ruhe und ohne Beeinflussung durch ein Kandidatenkarussell durchführen», schreibt er. Auf den Hinweis, dass in der Interpretation dieser Sätze kein Dementi enthalten ist, antwortet er: «Sie können natürlich interpretieren, wie Sie wollen, das bin ich mir von Journalisten gewohnt.»

Die Wahlkreis-Dominatoren

Auch Priska Wismer kandidierte für den Nationalrat und scheiterte nur hauchdünn – sie landete genau 138 Stimmen hinter der gewählten Andrea Gmür. Zudem erzielte sie bei den Kantonsratswahlen im Wahlkreis Sursee das beste Resultat. Trotzdem will sie nicht für das Präsidium kandidieren. «Ich bin mit meinen knapp sechs Jahren Erfahrung als Kantonsrätin quasi noch ein Greenhorn, was die Politik anbelangt.» Und Wismer bringt ein weiteres spannendes Argument auf den Tisch: «Auch hätte ich Mühe, mich mit Haut und Haar für die Parteimeinung einzusetzen, wenn sie nicht meiner persönlichen entspricht. Etwas, mit dem eine Präsidentin umgehen können muss.» Ob sie angefragt wurde oder nicht, spiele in diesem Sinn keine Rolle, lässt sie abschliessend verlauten.

Bei den Kantonsratswahlen im Wahlkreis Luzern-Land erzielte der Ebikoner Gemeinderat Daniel Gasser das beste Resultat. Ihm würden derzeit die nötigen Ressourcen fürs Präsidium fehlen, teilt er mit. «Meine verschiedenen Tätigkeiten fordern mich aktuell sehr. Ein Kantonalpräsidium würde eine zusätzliche Aufgabe darstellen, welche mit viel Engagement und Herzblut angegangen werden muss.» Ob er angefragt wurde, will er nicht kommentieren: «Infolge der laufenden Ausschreibung kann ich darüber keine Auskunft geben.»

Von links: Beat Leu, Priska Wismer und Daniel Gasser.

Von links: Beat Leu, Priska Wismer und Daniel Gasser.

Der Wunschkandidat, der einfach nicht will

Im Gespräch mit allen angefragten Personen fällt ein Name immer wieder: Franz Wüest. Der Präsident der Findungskommission weiss das: «Es ist liebenswürdig, aber das Amt ist für mich kein Thema.» Er habe keine Ambitionen mehr, das Kantonsratspräsidium sei der Höhepunkt seiner politischen Karriere gewesen. «Zudem wäre es ja auch komisch, wenn die Findungskommission nun mich vorschlagen würde.»

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