Einige Walchwiler wehren sich hartnäckig gegen die Umbenennung ihrer Strasse. Sie wollen partout nicht an der «Emmuetenstrasse» wohnen. Trotzdem stimmen sie an der Gemeindeversammlung dafür – aus taktischen Gründen.
Die Bewohner des Hörndlirains möchten die «Hörndlistrasse» – aber der Walchwiler Gemeinderat will nicht mehr diskutieren, sondern endlich Nägel mit Köpfen machen. An der Gemeindeversammlung am 30. November stellt er die Benennung der im Bau befindlichen Walchwiler Nordzufahrt zur Abstimmung. Sagt eine Mehrheit Nein zu «Emmuetenstrasse», erhält sie automatisch den Namen «Oberdorfstrasse». Von einer «Hörndlistrasse» ist nicht die Rede.
Dies sei «ein Winkelzug», beschweren sich sechs Anwohner aus dem Hörndliquartier in einem Leserbrief. Ihr Gemeinderat handle «erneut bürgerfern». Er lasse «nichts unversucht», um ihr «Anliegen nach einer konstruktiven und gemeinsinnigen Lösung zu torpedieren».
Einwohner suchen nach Ideen
Warum die roten Köpfe? Es hatte doch vor vier Jahren so gut begonnen. Fürs grösste Bauprojekt in der Geschichte der Gemeinde Walchwil schrieb die Kommunalregierung einen öffentlichen Ideenwettbewerb aus.
Gesucht wurde ein guter Name für die neue Verbindungsstrasse zwischen dem Hörndli am Zugersee und dem am Hang gelegenen Oberdorf. Diese entlastet den eigentlichen Dorfkern bei der Kirche, durch den bisher der ganze Verkehr ins Oberdorf floss. Gleichzeitig wird neues Bauland erschlossen.
Mittelalterliche Schreibweise
Die 30 Millionen teure Strasse solle «Emmettenstrasse» heissen, fand die zuständige Jury. Auf Begehren der kantonalen Nomenklaturkommission wurde der Namen in «Emmuetenstrasse» geändert. Das entsprach der mittelalterlichen Schreibweise des früheren, alemannischen Siedlungskerns im Oberdorf, der einst neben dem ursprünglich romanischen Unterdorf bestand.
«Wir sind nicht gegen eine Unbenennung an sich. Aber es ist sonnenklar, dass die neue Strasse Hörndlistrasse heissen muss.»
Christian Gut, Anwohner Hörndlirain
Keine Freude hatten daran die Anwohner der bisherigen Strasse. Diese erschliesst bis anhin vom See aus als Stummel das Wohnquartier Hörndlirain. «Wir sind nicht gegen eine Unbenennung an sich», sagt Christian Gut, Leserbriefschreiber und betroffener Anrainer. «Aber es ist sonnenklar, dass die neue Strasse Hörndlistrasse heissen muss.» Dieser Name sei auch beim öffentlichen Ideenwettbewerb «mit Abstand am meisten genannt» worden.
«Ich habe nichts gegen altgermanisches Namensgut und alemannische Ortsbezeichnungen», sagt Gut. Aber hier seien sie fehl am Platz. «Der Name ist nicht alltagstauglich.» Er sei schwierig richtig auszusprechen und man müsse ihn dauernd buchstabieren.
Kein Recht auf Mitsprache
Der Gemeinderat indes hat sich die Wahl der Wettbewerbsjury zu eigen gemacht – und beharrt nun darauf. «Die Namensgebung für Strassen liegt allein in der Kompetenz des Gemeinderats», sagt Gemeindepräsident Tobias Hürlimann. «Es gibt kein öffentliches Mitbestimmungsrecht.»
So reichten die Bewohner des Hörndlirains beim Regierungsrat Verwaltungsbeschwerde ein. Sie wurden abgewiesen und zogen vor das Verwaltungsgericht. Hier bekamen sie Recht. Via Regierungsrat ist die Sache nun wieder auf dem Pult der Walchwiler Gemeinderegierung gelandet, die dem Volk einen neuen Vorschlag machen solle. Und die dabei die Bedenken der Beschwerdeführer wegen Les- und Schreibbarkeit des Namens berücksichtigen soll.
Das Oberdorf und der See
Doch warum lautet der Alternativvorschlag «Oberdorfstrasse» und nicht «Hörndlistrasse»? «Strassen werden bei uns immer nach dem Ziel benannt», erklärt Gemeindepräsident Tobias Hürlimann. «Diese Strasse führt ins Oberdorf, also muss auch die Strasse so heissen.»
«Die Namensgebung für Strassen liegt allein in der Kompetenz des Gemeinderats.»
Tobias Hürlimann, Gemeindepräsident Walchwil
Christian Gut lässt das nicht gelten: «Vom Oderdorf aus gesehen führt sie zum Hörndli.» Eine Bushaltestelle und eine S-Bahn-Station am See hiessen auch schon Hörndli. Er wohne quasi am See unten – es sei deshalb absurd und unlogisch, wenn seine Adresse in Oberdorfstrasse geändert würde.
Überraschung: Gegner hoffen auf «Emmuetenstrasse»
An der Walchwiler Gemeindeversammlung vom 30. November verspricht nicht nur das Gezänk um die Benennung der Nordzufahrt hitzige Diskussionen – auch die geplanten Tennisplätze auf dem Walchwilerberg sind umstritten. Gegen die Pläne des Gemeinderats hat der WWF Schweiz Einsprache erhoben. Er stört sich an der geplanten Beleuchtung der Tennisplätze. Pro Natura hat Angst vor möglichen Nachfolgeprojekten und will keine Änderung der Bauordnung. Ebenso 15 Anwohner der Umgebung Lienisberg, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung fordern und den Mehrverkehr fürchten.
«Wir machen uns keine grossen Hoffnungen mehr», meint auch Gut zu einem möglichen Einlenken des Rats. «Deswegen hoffen wir nun aus taktischen Gründen, dass der Name Emmuetenstrasse angenommen wird.» Eine Oberdorfstrasse müsste wohl hingenommen werden. «Aber die Rechtssache Emmuetenstrasse mit unsern Einwänden gegen Les- und Schreibbarkeit des Namens ist noch nicht vom Tisch.» Die Gerichte können auch nach einem Ja angerufen werden und den Entscheid der Gemeindeversammlung hinfällig machen.
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