Vetternwirtschaft bei der Zuger Verwaltung?

Wie viel Vitamin B darf’s denn sein?

In den Zuger Verwaltungen laufen Jobvermittlungen häufig unter der Hand ab. Ausgeschrieben werden bei Weitem nicht alle Stellenangebote.

(Bild: fotolia.de)

In den Chefetagen der Zuger Finanzdirektion wurden nur drei von acht Jobs öffentlich ausgeschrieben. Dies zeigen neue Zahlen. Und auch: Wer nicht bereits einen Fuss drin hat, hat bei einigen Direktionen kaum Chancen. Profitiert hat davon beispielsweise ein Zuger FDP-Kantonsrat.

Nur gerade drei von acht Chefposten der  Zuger Finanzdirektion wurden in den letzten neun Jahren öffentlich ausgeschrieben. 63 Prozent der Stellen wurden also durch sogenannte «Berufungen» abgedeckt. Will heissen: Man hat interne Mitarbeiter und in seltenen Fällen auch Externe für die Posten angestellt, ohne diese je auszuschreiben.

Salü Thomas, wie wär’s mit einem Job in der Finanzdirektion?

Ein Beispiel? Der Zuger FDP-Kantonsrat und Betriebswirtschafter Thomas Lötscher wird direkt von der Finanzdirektion als neuer Generalsekretär angeheuert, ohne dass der Job öffentlich ausgeschrieben wurde.

Dieser Fall war für die Fraktion der Alternative – die Grünen (ALG) Anstoss für eine kleine Anfrage an den Gesamtregierungsrat. Anastas Odermatt, Fraktionschef der ALG, erklärt: «Wir haben uns überlegt, wie dieses Thema in Zuger Ämtern überhaupt gehandhabt wird.» Woraufhin die Partei den Regierungsrat damit beauftragte, die Zahlen zu den Anstellungsverfahren in den Zuger Direktionen und Verwaltungen aufzuzeigen.  

Wer nicht bereits im «Finanz-Kuchen» arbeitet, hat kaum Chancen

Die Zahlen, die der Regierungsrat kürzlich vorlegte, sind bemerkenswert. Wie die Statistik nämlich zeigt, wurden in der Staatskanzlei, der Baudirektion und der Sicherheitsdirektion während der letzten neun Jahre um die 40 Prozent der Stellen mittels Berufungen vermittelt. In der Finanzdirektion waren es gar 63 Prozent. Ganz anders sieht es etwa in der Direktion für Bildung und Kultur aus. Dort wurden 92 Prozent der Stellen ausgeschrieben. Ähnlich hoch ist die Zahl in der Direktion des Innern mit 84 Prozent öffentlicher Ausschreibungen.

Odermatt äussert sich zu den Zahlen: «Gerade in der Bau- und der Finanzdirektion sind die Fälle, in denen man Leute mittels Berufung einstellt, sehr häufig. Gleichzeitig gibt es heute in der Privatwirtschaft mancherorts bereits Assessments, um eine Schnupperlehre machen zu dürfen.»

«Es kann auch bestärkend sein für einen Berufenen, an den Assessments teilzunehmen.»

Anastas Odermatt, Fraktionschef Alternative – die Grünen Zug

Indem man Jobs der Verwaltungen nicht ausschreibt, bleiben externe, teilweise wohl gut geeignete Bewerber chancenlos. Das sei laut der ALG jedoch nicht der einzige Punkt, der für die Durchführung von Assessments spreche. Odermatt erklärt: «Es kann auch bestärkend sein für einen Berufenen, an den Assessments teilzunehmen. Falls sich erweist, dass er tatsächlich der geeignetste Kandidat ist, ist das gut für seine Reputation.»

Berufungen – schnell und kostengünstig

Wir haben den Zuger Finanzdirektor nach den Gründen gefragt für diese hohe Zahl an Berufungen in seinem Departement. Heinz Tännler erklärt gleich zu Beginn, dass er erst seit März 2016 Finanzdirektor des Kantons Zug sei und nicht im Detail geprüft habe, was vor seiner Zeit die Gründe der Berufungen gewesen seien. Und er fährt fort: «Ich nehme an, dass es häufig damit zu tun hatte, dass man Leute intern aufgebaut hat, die dann bei Fluktuationen in eine höhere Stellung gewechselt haben. Dadurch wurde eine Ausschreibung obsolet.»

In seiner Antwort auf die kleine Antwort schreibt der Zuger Regierungsrat: «Die Möglichkeit der internen Berufung erlaubt einem Unternehmen, guten und leistungsfähigen Mitarbeitenden interne Karriereperspektiven anzubieten und diese somit längerfristig an das Unternehmen zu binden.» Diese Vorgehensweise ermögliche die nahtlose Nachfolgeplanung ohne lange Einarbeitungszeit und den Erhalt von Know-how. Es sei ein Verfahren, welches zudem einfach, rasch und kostengünstig sei.

Diese Argumente treffen nicht auf den Einsatz externer Berufungen zu. Daher, so der Regierungsrat, sollen sich diese «auf begründete Ausnahmefälle beschränken».

«Da ich fest überzeugt bin, in Lötscher die richtige Person für dieses Amt gefunden zu haben, war es nicht notwendig, ein breites Verfahren zu starten.»

Heinz Tännler, Zuger Finanzdirektor

Der FDP-Kantonsrat Thomas Lötscher, der Anfang des nächsten Jahres Generalsekretär der Zuger Finanzdirektion wird, wurde extern berufen. Warum hat die Finanzdirektion den Job ohne Ausschreibung vergeben? «Das waren unter anderem auch zeitliche Überlegungen», so Tännler. «Und da ich fest überzeugt bin, in Lötscher die richtige Person für dieses Amt gefunden zu haben, war es in diesem spezifischen Fall nicht notwendig, ein breites Verfahren zu starten und die Stelle öffentlich auszuschreiben.»

Das sei aber längst nicht immer der Fall, relativiert der Finanzdirektor. «Die Stelle als Leiter des Amtes für Informatik und Organisation haben wir zum Beispiel öffentlich ausgeschrieben.»

Wie viel Vetternwirtschaft darf sein?

Aber ist es überhaupt legitim, dass in einzelnen Departementen nur jede dritte Stelle ausgeschrieben wird? Wie viel Vetternwirtschaft darf sein? «Nochmals: Ich bin erst seit März dieses Jahres Finanzdirektor und kann für Berufungen vor meinem Wechsel in die Finanzdirektion nicht direkt Stellung nehmen. Die Unterstellung der Vetternwirtschaft muss ich aber generell und allgemein in aller Form zurückweisen.»

Dass Berufungen im aktuellen Ausmass möglich sind, sei einzig eine Frage der Rechtsgrundlage, so Heinz Tännler. «Wenn es diese zulässt, liegt es letztlich bei den Generalsekretären, den Amtsleitern und beim Regierungsrat selbst und ihren Zielen bei der Stellenbesetzung. Ansonsten müsste das Gesetz geändert werden, und das fände ich falsch. Meines Erachtens haben Berufungen je nach Situation ihre Berechtigung. Auch wenn ich persönlich dafür bin, dass Stellen in der Regel ausgeschrieben werden.»

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