Sorgen um Umzugspläne der Stadtverwaltung

Hat das letzte Stündchen der Zuger Altstadt geschlagen?

Dunkle Wolken hängen über der Zuger Altstadt. Gewerbetreibende fürchten, mit der Stadtverwaltung einen nachhaltigen Kundenstrom zu verlieren.

(Bild: wia)

Die Zuger Stadtverwaltung möchte die Altstadt verlassen und sich im ehemaligen Landis & Gyr-Gebäude niederlassen. Sehr zum Missmut der Gewerbetreibenden, die befürchten, dass ihnen dadurch die Kunden davonlaufen. Unsinn, kontert die Stadt – und plädiert für ein bisschen mehr Optimismus.

Was passiert mit den städtischen Liegenschaften, wenn die Zuger Stadtverwaltung die Altstadt verlässt und ins ehemalige Landis&Gyr-Gebäude zieht? Eine Frage, die vor allem das Gewerbe im historischen Stadtkern brennend interessieren dürfte. Denn die Verwaltungsmitarbeitenden seien ein wichtiger Kundenstrom, der bei einem Wegzug zu versiegen drohe.

Das sagen zumindest Gewerbetreibende im historischen Stadtkern, die ohnehin schon niedrige Kundenfrequenzen beklagen (zentralplus berichtete). Der Wegzug der Stadtverwaltung würde der Zuger Altstadt vollends den Todesstoss versetzen, ist sich das Initiativkomitee zur Doppelinitiative deshalb einig. «Die Altstadt lebt durch die Leute der Stadtverwaltung», sagt Co-Präsidentin Vreni Wicky. «Die städtischen Angestellten leisten einen wesentlichen Beitrag, dass die Altstadt nicht zum Schlafquartier und zum Spielball von Immobilien-Spekulanten verkommt.»

Bleiben und Haus verkaufen

Im April 2014 reichte ein überparteiliches Komitee die sogenannte Doppelinitiative ein. Diese hat einerseits zum Ziel, den Kauf des Landis&Gyr-Gebäudes rückgängig zu machen, indem die Stadt das Haus an der Gubelstrasse bis 2023 wieder veräussern soll («Ja zu gesunden Stadtfinanzen»).

Mit dem «Ja zur historischen Altstadt» soll die Stadt anderseits dazu verpflichtet werden, die Stadtverwaltung in der Altstadt zu belassen. Dies in den städtischen Liegenschaften im Bereich zwischen dem Bundesplatz und dem Casino. Am 25. September 2016 kann das Zuger Stimmvolk über die beiden Begehren an der Urne abstimmen.

Angst vor einem Schneeballeffekt

Diese Ängste teilt das Gewerbe, auch wenn sich einige Vertreter davon lediglich verhalten zur anstehenden Volksabstimmung äussern. Simone Glarner von der IG Altstadt Zug gibt sich diplomatisch: «Ich glaube, dass beide Wege Vorteile haben könnten. Es kommt sehr darauf an, was nachher mit den Liegenschaften passiert und wie diese allenfalls weiter vermietet werden können», sagt die Besitzerin des Hochzeitsgeschäfts «Liebesding» in der Ober Altstadt.

Bei Roberto Lopez, dem Geschäftsführer von Bob’s Food Store in der Unter Altstadt, tönt es ähnlich vorsichtig: «Ein Wegzug ist grundsätzlich nie gut», konstatiert er. «Es besteht dabei die Gefahr des Schneeballeffekts.» Lopez ist der Meinung, dass die verlassenen Gebäude möglichst schnell wieder genutzt werden müssten. Negative Beispiele gäbe es in Form der Ankenwaage und der Hauptpost schon zur Genüge.

Liegenschaften gehen weg wie warme Semmeln

Dass man heute noch nicht weiss, was bei einem allfälligen Umzug der Stadtverwaltung in die Altstadtgebäude kommt, ist für Stadtpräsident Dolfi Müller alles andere als verwunderlich: «Für eine Ausschreibung der Liegenschaften ist es schlicht zu früh», sagt er. Klar sei zum jetzigen Zeitpunkt, dass das «Haus Zentrum» an die Korporation geht, das Stadthaus und das Baudepartement vermietet und das Bildungsdepartement an der Ägeristrasse verkauft werden sollen.

Hierhin soll’s gehen: in das ehemalige Landis&Gyr-Gebäude an der Gubelstrasse.

Hierhin soll’s gehen: in das ehemalige Landis&Gyr-Gebäude an der Gubelstrasse.

(Bild: zvg)

«Das neue Altstadtreglement will die Altstadt stärken, indem vielfältige attraktive Nutzungen zugelassen werden», hält Müller fest. Er sehe den Verkauf und die Vermietung der städtischen Liegenschaften als Chance für eine Aufwertung der Altstadt und ist sich sicher, dass «die Korporation aus dem ‹Haus Zentrum› etwas machen wird, das den Zugern gefällt». Ausserdem seien die Liegenschaften äusserst attraktiv, sodass eine zeitnahe Neuvermietung kein Problem darstelle.

«Wir leben von den Mitarbeitern der Verwaltung»

Ganz anders sieht das Samed Ramadani, Geschäftsführer im Restaurant Fischmärt: «Ich denke, dass ein Wegzug der Stadtverwaltung sehr schädlich für die Geschäfte in der Altstadt wäre», sagt der gebürtige Kosovare. «Wir leben auch von den Mitarbeitern der Verwaltung. Diese machen einen grossen Teil unserer Gäste aus. Für uns wäre der Umzug klar kontraproduktiv.» Aber nicht nur das Gewerbe würde darunter leiden, ist Ramadani überzeugt. Sondern die ganze Stadt. Denn eine ausgestorbene Altstadt habe auch Folgen für den Tourismus.

«Es kann doch nicht sein, dass man ein neues Gebäude kauft, während man doch längst über eine gute Infrastruktur an bester Lage verfügt.»

Matthias Hegglin, Geschäftsführer Hotel Ochsen

Auf Unverständnis trifft man auch bei Matthias Hegglin, dem Geschäftsführer im Ochsen am Kolinplatz. Er habe schon 2012 Nein gestimmt und sagt heute: «Es kann doch nicht sein, dass man ein neues Gebäude kauft, während man doch längst über eine gute Infrastruktur an bester Lage verfügt.» Hegglin spricht von einem Affront seitens der Stadt, zumal sich zwischen Postplatz und Casino eine regelrechte Ballung an Restaurants finden lasse. «Leute, die hier für die Stadt arbeiten, machen regelmässig ihre Besorgungen in der Altstadt oder kehren in Restaurants ein. Das würde bei einem Umzug wegfallen.»

Ein bisschen mehr Optimismus, bitte

Stadtpräsident Müller zeigt zwar Verständnis für die Ängste der Gewerbetreibenden, warnt aber zugleich vor einer Überreaktion: «Es werden neue Arbeitskräfte und Bewohner in diese Liegenschaften ziehen. Das bringt ebenfalls Kaufkraft in die Altstadt, wobei diese durchaus höher sein kann als die bisherige.» Der grosse Frequenzbringer in der Altstadt sei ohnehin die Stadt- und Kantonsbibliothek.

«Welche Lage in Zug ist attraktiver für ein gutes Mittagessen als die Altstadt am See?»

Dolfi Müller, Stadtpräsident

Mit ein bisschen Optimismus könne man davon ausgehen, dass die neuen Altstädter und ihre Kunden nicht weniger in der Altstadt essen und einkaufen werden als bisher, führt Müller aus. Dafür spreche bereits die hohe Qualität des heutigen Angebots in der Altstadt. «Welche Lage in Zug ist attraktiver für ein gutes Mittagessen als die Altstadt am See?», fragt er rhetorisch.

Das Argument der ausbleibenden Touristen lässt Müller indes nicht gelten: «Die Touristen kommen nicht wegen der Stadtverwaltung in die Altstadt, sondern weil es dort schön und heimelig ist. Nicht zuletzt auch wegen der attraktiven Geschäfte und Restaurants.»

Die Fronten in der Frage um den zukünftigen Standort der Stadtverwaltung bleiben also verhärtet. Auf welchen Standpunkt sich die Stadtzuger Bevölkerung in dieser Debatte stellen wird, wissen wir spätestens am 25. September.

Soll die Zuger Stadtverwaltung in der Altstadt bleiben? Was meinen Sie?

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