Finanzstrategie im Zuger Kantonsrat

Zeit für die ideologischen Keulen!

Die Zuger Vorstadt blickt einer ungewissen Zukunft entgegen. Darüber: der Staatshaushaltshimmel.

(Bild: fam)

Das letzte Jahr ist definitiv vorbei – am Geschäftsbericht gibt’s von Seite Kantonsrat nicht mehr viel zu rütteln. Aber zu sagen gibt es trotzdem was. Und beim Ausblick in die Zukunft wird der Rat umso feuriger. Aber Ideologie mal beiseite: Wie soll’s jetzt wirklich weitergehen?

Der Geschäftsbericht ist einer der Anlässe im Kantonsrat, bei dem die ideologischen Keulen ausgepackt werden dürfen – viel mehr kann der Rat dazu auch gar nicht beitragen. «Wir sprechen hier für die Galerie», sagt CVP-Kantonsrat Pirmin Frei, «und vielleicht für die Geschichtsbücher.» Gesundes Selbstvertrauen ist wichtig für die Politik, gerade in stürmischen Zeiten. Das Jahr ist geführt, es ist «Historie, die wir da betreiben», sagt Finanzdirektor Heinz Tännler und meint damit wohl: Vorbei ist vorbei.

Trotzdem flammt am Donnerstagmorgen der ungemütliche Gemütszustand nochmals auf, in dem sich die Zuger Politiker momentan befinden: Zuerst beim Geschäftsbericht, dann bei der Finanzstrategie für die Jahre 2017 bis 2025. Die Präsidentin der Staatswirtschaftskommission Gabriela Ingold prägt dabei das schöne Wort «Staatshaushaltshimmel» – natürlich im Zusammenhang mit «düsteren Wolken». Wie wir uns den Staatshaushaltshimmel vorstellen dürfen, bleibt uns überlassen (selige Konten auf rosa Wolken?).

Zurück zur Sache: Zuerst der Blick aufs letzte Jahr. Die Linke wirft der bürgerlichen Mehrheit vor, ihre «verfehlte Steuerpolitik» und die «Steuersenkungen, die zu viel waren» hätten den Kanton in die missliche Lage geführt, in der er jetzt stecke, so Andreas Hürlimann von der ALG: «Jahrelang hat man von einem strukturellen Überschuss gesprochen, um mit diesem Argument die Steuern zu senken. Nun zeigt sich, das war ideologische Verblendung.»

«Wir müssen hier zusammenspannen, wir sind alle in der Verantwortung.»

Philip C. Brunner, SVP-Kantonsrat

Von Seiten Mitte will man sich «zwar nicht selber auf die Schultern klopfen», sagt Frei von der CVP, aber man habe es schon lange gewusst: «Wir waren die Ersten, die auf das strukturelle Defizit aufmerksam gemacht haben.» Und gegen die Linke und die Rechte gerichtet: «Es ist weder, wie die Linke unermüdlich gegen besseres Wissen behauptet, eine verfehlte Steuerpolitik, noch, wie die Rechte ständig behauptet, unkontrollierter Verwaltungsschlendrian, der zur jetzigen Situation geführt hat.»

Sondern: stotternde Konjunktur, Druck auf hohe Löhne, aggressiver Steuerwettbewerb. Von rechts kommt ein Aufruf zur Versöhnung: «Wir müssen hier zusammenspannen, wir sind alle in der Verantwortung dafür, dass sich die Situation wieder ändert», sagt Philip C. Brunner, und gibt der Mitte dann doch noch eins auf den Deckel: «Ich bin mir nicht so sicher, ob das wirklich die CVP war, die das Defizit als Erste erkannte, und schon gar nicht sicher bin ich mir bei ihrem damaligen Regierungsrat.»

Eine «Herkulesaufgabe»

So viel zum einleitenden Geplänkel. Jetzt der Blick nach vorne: die Finanzstrategie für die Jahre 2017 bis 2025. Die Ziele des Regierungsrats: Ein ausgeglichener Staatshaushalt, ein «gutes staatliches Leistungsangebot», eine «attraktive Steuerbelastung». «Es ist eine Herkulesaufgabe, bei einem Spielraum von rund 630 Millionen Franken ganze 100 Millionen Franken zu sparen», sagt Heinz Tännler. Genau das muss er aber unternehmen, will er wie in der Finanzstrategie vorgesehen per 2019 eine «rote Null» schreiben.

Die Fraktionen haben dazu naturgemäss eigene Vorstellungen. Die SP ist grundsätzlich mit der Strategie einverstanden. «Allerdings haben wir unsere Mühe mit den vorgeschlagenen Massnahmen», sagt Alois Gössi (SP). «Für uns muss auch über Steuererhöhungen nachgedacht werden. Es darf nicht nur die Ausgabenseite betrachtet werden.»

Auch Andreas Lustenberger (ALG) stösst in diese Richtung: «Wir wollen, dass die Ausgaben überprüft werden, Optimierungsmöglichkeiten bei der Effizienz ins Auge gefasst werden, aber dass eben auch Steuererhöhungen in Betracht gezogen werden. Und nicht erst dann, wenn wir schon alle innovativen Ideen kaputtgespart haben.» Der Zuger Standortvorteil fusse nicht nur auf tiefen Steuern – sondern auch auf guter Bildung, guter Infrastruktur, intakter Natur, guten Verwaltungsleistungen.

CVP, dein Freund in der Not

Die CVP klingt schon fast euphorisch, wenn sie über die Finanzstrategie spricht – besonders über die vom Regierungsrat darin angetönte Bereitschaft zu einer Schuldenbremse. Pirmin Frei (CVP) sagt dazu: «Der Regierungsrat öffnet damit den Weg zu einem wichtigen Instrument: der Schuldenbremse.» Und freut sich so sehr darüber, dass er ergänzt: «Sie haben in diesen schwierigen und oft auch einsamen Zeiten eine Partei an Ihrer Seite, auf die Sie sich verlassen können.» Im Saal schmunzelt man über den Pathos – das scheint Frei aber nicht zu stören, der zufrieden zu seinem Sitz zurücksteuert.

«Eine Steuererhöhung ist nicht einfach wegzudenken.»

Heinz Tännler, Finanzdirektor

Auch die FDP ist mit der Finanzstrategie einverstanden und schlägt vor, sich zur Umsetzung der Strategie externe Experten ins Boot zu holen. Und fordert noch genauere Überprüfungen des Sparpotenzials: «Wir vermissen Hinweise auf Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung», sagt Beat Unternährer (FDP). Die Regierung müsse sich nun zügig entscheiden, was ihre Kernaufgaben seien, und wie sie diese effizient erbringen könne. «Wenn dann immer noch eine Lücke besteht», sagt Unternährer, «kann diese nur noch mit Mehreinnahmen geschlossen werden. Diese müssen aber so gestaltet sein, dass wir die guten Steuerzahler im Kanton behalten können.»

Für Finanzdirektor Tännler ist klar: «Sie machen hier nicht Politik für die Galerie, Pirmin Frei. Wir hören zu.» Trotzdem: «Eine Steuererhöhung ist nicht einfach wegzudenken.» Die finanzielle Lage sei aber auch eine Chance. «Eine Chance, Leistungen besser und effizienter zu erbringen. Die Herangehensweise ist entscheidend. Gerade sind wir im Regierungsrat daran, das Projekt Finanzen 2019 auszuarbeiten. Dabei ist es wichtig, dass wir alle ins Boot holen können.»

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