Möglicher Standort für Postagentur

Am Kolinplatz: Bald Pralinés und Briefmarken aus einer Hand?

Im September 2017 wird die Confiserie Speck am Kolinplatz im fertigen Neubau ihr Café eröffnen (Modellfoto, drittes Haus von links). Zusammen mit einer Postagentur?

(Bild: zvg)

Der Zuger Stadtrat hat angeregt, die definitive Postagentur für die Altstadt im Neubau am Kolinplatz zu integrieren. Und zwar im geplanten Café-Bistro der Confiserie Speck. Denn die Post will die Agentur am Postplatz nicht weiterbetreiben. Stattdessen wolle sie das Gebäude gewinnbringender nutzen, so der Stadtrat. Die Post widerspricht.

Die ehemalige Zuger Hauptpost vermittelt seit November 2015 ein trauriges Bild: Das Gebäude am Postplatz steht leer, das Erdgeschoss ist mit Bretterwänden verrammelt. Nach massiven Protesten gegen die Schliessung hat die Post provisorisch eine Postagentur mit einem Minimalangebot für die Altstadtbewohner und Geschäfte eingerichtet. Diese soll laut Verlautbarungen so lange erhalten bleiben, bis die Post eine definitive Lösung gefunden hat. Doch dies ist jetzt nicht mehr so sicher, wie aus der Antwort des Stadtrats auf ein Postulat von Susanne Giger (Alternative-CSP) hervorgeht.

Die Gemeinderätin Giger verlangte 2015, dass sich der Stadtrat für den Erhalt der Poststelle am Postplatz einsetze, diese Forderung ist durch die Ereignisse inzwischen überholt. Im Bericht und Antrag findet man aber eine interessante Neuigkeit. Es geht um einen möglichen neuen Standort für die definitive Postagentur. «Der Stadtrat beharrt nach wie vor darauf, dass die Post in der Altstadt eine Agenturlösung realisiert», schreibt er. Nach seiner Ansicht ergibt sich eine neue Möglichkeit im städtischen Neubau am Kolinplatz 21. Und zwar im Ladenlokal im Erdgeschoss.

«War nicht Teil der Ausschreibung»

«Zwar war die Führung einer Postagentur bewusst nicht Teil der Ausschreibung und wurde bei der Vergabe auch nicht berücksichtigt», heisst es. Der Stadtrat hat das Lokal an die Confiserie Speck vergeben, die dort ein Café-Bistro eröffnen will (zentralplus berichtete). Der Stadtrat hat die Post nun gebeten, mit der Confiserie Speck Gespräche aufzunehmen. «So wie der Stadtrat informiert ist, sind entsprechende Gespräche am Laufen», heisst es. Entscheiden müssten das aber die beiden Parteien.

Peter Speck bestätigt, dass sein Betrieb schon während der Ausschreibungsphase von der Post angefragt worden sei. «Wir haben der Post geantwortet, dass wir die Frage einer Postagentur prüfen werden, wenn wir den Zuschlag erhalten», sagt der Inhaber der Confiserie Speck.

Den Zuschlag hat er bekommen. Mit einem Architekten sei er jetzt daran zu prüfen, ob und wie eine Agentur allenfalls integriert werden könnte. Als Frequenzbringer sei eine Postagentur interessant in diesem Teil der Altstadt, räumt der Confiseur ein. Doch sie brauche viel Platz. Peter Speck: «In erster Linie müssen wir schauen, dass unser Betrieb funktioniert. Unsere Bedürfnisse haben natürlich Priorität.»

«Gewinnmaximierung der Immobilien-Abteilung»

Im Bericht und Antrag wehrt sich der Stadtrat gegen den Vorwurf, in der Postfrage nichts unternommen zu haben. «Trotz dem nicht vorhandenen Handlungsspielraum» habe es der Stadtrat nicht unterlassen, sich einerseits für eine möglichst gute Lösung für die postalische Grundversorgung der Altstadt und andererseits für eine attraktive Nachnutzung des ehemaligen Postgebäudes einzusetzen.

Der Stadtrat habe an seiner Sitzung vom 23. Februar 2016 eine Delegation der Post empfangen. Genau genommen waren es Vertreter der «Post CH AG» und «der von dieser unabhängigen Post Immobilien AG». Er habe nochmals unmissverständlich die Beibehaltung einer Postagentur in der Altstadt gefordert, heisst es. Bestenfalls wolle er diese im Postgebäude realisiert wissen. Dann übt der Stadtrat Kritik: «Einer solchen Lösung weniger zuträglich ist jedoch, dass es sich bei der Post und der Post Immobilien AG um zwei getrennt voneinander funktionierende Unternehmen handelt, welche offenbar wenig auf die gegenseitigen Interessen Rücksicht nehmen.»

Welche Interessen sind da gemeint?, wollte zentralplus vom Zuger Stadtpräsidenten Dolfi Müller wissen. Das Interesse der Post Schweiz AG sei der Betrieb der Poststellen, erklärt dieser auf Anfrage. «Das muss nicht übereinstimmen mit den Gewinnmaximierungs-Interessen der Immobilien-Abteilung der Post», so der Stadtpräsident.

Post hat kein Interesse an Zwischenmiete

Die Stadt Zug wäre sogar bereit gewesen, das Hauptgebäude temporär zu mieten, um die Postagentur dort zu halten. «Beispielsweise hätte man eine Bibliotheksfiliale dort einrichten können, die der Postagentur Platz geboten hätte. Oder ein Restaurant mit Postagentur wäre denkbar gewesen», sagt Dolfi Müller.
Die Post hat der Stadt Zug jedoch in einem Mail vom 19. Mai unmissverständlich mitgeteilt, dass sie nicht interessiert sei an einer Zwischenvermietung an die Stadt, liest man in der Antwort des Stadtrats. Momentan erarbeite die Post Konzeptstudien für eine langfristige und nachhaltige Neunutzung der gesamten Liegenschaft. Ebenfalls sei nicht davon auszugehen, dass eine Postagentur im alten Postgebäude möglich sei.

«Eine anständige Ersatzlösung an diesem Ort»

Der Stadtpräsident macht jedoch klar, dass die Stadt genau das fordert. Ob in der Hauptpost oder anderswo, die Post stehe weiterhin in der Pflicht, eine Agentur in der Altstadt zu realisieren.  «Die Enttäuschung ist gross, dass es keine Hauptpost mehr gibt», sagt Müller, «jetzt erwarten viele Zugerinnen und Zuger eine anständige Ersatzlösung an diesem Ort.»

Der Stadtrat will die Entwicklung genau beobachten. Nicht erwünscht sei ein langjähriger Leerstand des ehemaligen Postgebäudes. Andererseits solle die Nutzung die Altstadt beleben, macht die Exekutive klar. In diesem Punkt gebe es auch eine rechtliche Handhabe: Bebauungsplan und Bauordnung. So sieht Artikel 41 der Zuger Bauordnung vor, dass zur Erhöhung der Attraktivität im Erdgeschoss publikumsorientierte Nutzungen wie Läden, Restaurants, Ateliers, Schaufenster und dergleichen vorgesehen werden müssen. Umso mehr solle das erfüllt sein, als der Postplatz 2018 voraussichtlich umgestaltet und damit noch an Zentrumsqualität gewinnen werde.

Laut Müller erwägt die Post Immobilien AG nach seinem Wissensstand keinen Verkauf des Gebäudes. «Angedacht ist eine Lösung mit einem grossen Mieter.» Zum Ergebnis der Suche halte sich die Post Immobilien bedeckt. Wichtig sei für die Stadt zu erfahren, wer der Mieter sei und wie das Erdgeschoss des Gebäudes genutzt werden soll. (Stellungnahme der Post siehe Box)

Susanne Giger spricht von beschränkten Möglichkeiten

Postulantin Susanne Giger nimmt den Bericht und Antrag des Stadtrats «zur Kenntnis», sagt sie, wirklich zufrieden ist sie nicht. «Die Antwort des Stadtrats widerspiegelt einfach dessen beschränkte Möglichkeiten», sagt Giger auf Anfrage. «Nicht zufrieden bin ich aber vor allem, dass der Stadtrat nicht mehr unternommen hat, um die Schliessung der Hauptpost zu verhindern.»

In ihrem Postulat verlangte Susanne Giger, dass sich der Stadtrat «mit vollen Kräften» dafür einsetze, dass die Poststelle in der Hauptpost erhalten bleibe. Der Stadtrat habe dies in der Hand, «weil es sein Einverständnis braucht, um die Poststelle aufzuheben.»

Stadt hatte kein Mitwirkungsrecht 

Dem widerspricht der Stadtrat. Er habe keine rechtlichen Möglichkeiten gehabt, die Post zu einem Verbleib am Postplatz zu zwingen, und es brauche nicht sein Einverständnis. Die betroffenen Gemeinden müssten nur angehört werden, eine eigentliche Mitwirkung komme ihnen nicht zu.

Giger erwähnt gegenüber zentralplus verschiedene Unterlassungen des Stadtrats: «Es hiess lange, dass die Hauptpost bleibe. Die Stadt hätte sich das schriftlich geben lassen und die Sache nageln sollen», sagt die Gemeinderätin. Ausserdem habe der Stadtrat darauf verzichtet, nach der Schliessung an die Postkommission (Postcom) zu gelangen. Handlungsmöglichkeiten hätte es nach Gigers Meinung auch bei der Realisierung der neuen Poststelle Laubenhof beim Bahnhof gegeben. Das Gebäude Laubenhof gehöre ja bekanntlich der städtischen Pensionskasse. «Man hätte fordern können, dass die Post die neue Poststelle im Laubenhof realisieren kann und im Gegenzug die Poststelle in der Hauptpost beibehält.»

Laubenhof: Stadtpräsident gegen «Wildwestmethoden»

Laut Stadtpräsident Dolfi Müller hat die Post in Verlautbarungen mehrfach geäussert, dass sie die neue Poststelle Laubenhof realisieren und dafür die Poststelle Baarerstrasse aufheben wolle. «Dazu konnten wir  2011 Ja sagen», so Müller. Von der Schliessung der Hauptpost sei damals keine Rede gewesen. Gegen die Schliessung, die für die Stadt ein Schock gewesen sei, konnte die Exekutive ebenfalls nicht viel ausrichten. «Wir haben das juristisch sehr gut abklären lassen. Eine Beschwerde bei der unabhängigen Postkommission hätte nur eine Chance gehabt, wenn die Postversorgung  im Umkreis nicht mehr gewährleistet gewesen wäre», so der SP-Stadtpräsident.

Von der Idee, die Vermietung des Laubenhofs durch die Pensionskasse mit dem Erhalt der Hauptpost zu verknüpften, hält Müller wenig. Zum einen seien Einwohnergemeinde und Pensionskasse zwei verschiedene Institutionen. Zudem seien das eher «Wildwestmethoden», sagt Müller.

Susanne Giger ist Inhaberin der Buchhandlung Schmidgasse. Ihr Geschäft liegt nicht direkt in der Altstadt, sie ist auch nicht Sprecherin der Detailisten. Doch die Schliessung der Hauptpost spüre sie. «Man merkt als Ladenbesitzerin klar, dass die Kunden der Hauptpost – rund 800 pro Tag – in den Quartieren rundherum fehlen.» Dies vertrage sich schlecht mit dem von der Stadt immer wieder propagierten Ziel einer «Belebung der Altstadt».

Die Zuger Hauptpost am Postplatz im Sommer 2015. Seit Ende November ist das Gebäude zu und leer. Ein postalisches Minimalangebot wird in der Brieffachanlage aufrechterhalten.

Die Zuger Hauptpost am Postplatz im Sommer 2015. Seit Ende November ist das Gebäude zu und leer. Ein postalisches Minimalangebot wird in der Brieffachanlage aufrechterhalten.

(Bild: mbe.)

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