Stadt Luzern: Knatsch um Parkplätze

VCS bekämpft neue Sentihof-Tiefgarage

Die Überbauung Sentihof (links) soll eine Tiefgarage erhalten, im Parkhaus Altstadt (ganz rechts) gibt's hingegen noch Platz (Bild: lru).

In der Sentihof-Siedlung soll eine Tiefgarage für 80 Autos entstehen. Dagegen wehrt sich der VCS: Er fürchtet Mehrverkehr im Quartier. Doch das Projekt könnte Schule machen. Die SP will nun verhindern, dass «die Stadt unterhöhlt wird».

Der Sentihof am Anfang der Baselstrasse ist einer der grössten Blöcke in der Stadt Luzern. 294 Wohnungen finden im denkmalgeschützten Bau Platz. Doch auch wenn die imposante Blockrandsiedlung in den autobegeisterten 50er-Jahren gebaut wurde, verfügte sie bisher nur über wenige Parkplätze. Nun will die Besitzerin der Siedlung, die Versicherung Helvetia, eine Tiefgarage für 80 Autos und 20 Motorräder erstellen. Das Bauprojekt lag vor kurzem bei der Stadt auf. Doch ob die Auto-Einstellhalle gebaut werden kann, ist unsicher. Denn gegen das Projekt ist eine Einsprache eingegangen.

«Wir finden es unsinnig, so zentral weitere Parkplätze zu erstellen.»

Monique Frey, Geschäftsführerin VCS Luzern

Tiefgarage «braucht es nicht»

Die Einsprache stammt vom Verkehrsclub der Schweiz (VCS), wie VCS-Geschäftsführerin Monique Frey auf Anfrage bestätigt. «Wir finden es unsinnig, so zentral weitere Parkplätze zu erstellen.» Gleich nebenan gebe es das Parkhaus Altstadt, auch Mobility-Autos stünden in nächster Nähe bereit, sagt Frey. «Dass es nun 80 zusätzliche Parkplätze braucht, kann ich mir nicht vorstellen.»

Ins gleiche Horn bläst auch Mario Stübi. «Wir brauchen nicht mehr Autos im Stadtzentrum», findet er. Der SP-Stadtparlamentarier hat zusammen mit Ratskollegen von SP und Grünen einen Vorstoss eingereicht, in dem er unter anderem fragt, wie sich die Tiefgarage auf die Verkehrsbelastung auswirken könnte.

Stübi fürchtet, dass die privaten Parkplätze an Auswärtige weitervermietet werden. Dies sei nicht erlaubt, werde von der Stadt jedoch nicht systematisch kontrolliert: «Dadurch wird die städtische Mobilitätsstrategie bereits jetzt unterlaufen.»

Viel Interpretationsspielraum für die Stadt

Der VCS stützt seine Einsprache auf das Parkplatzreglement der Stadt Luzern. Zwar kann ein Bauherr laut diesem Reglement die Zahl der Parkplätze innerhalb eines gewissen Rahmens selber bestimmen. Dieser Rahmen würde durch die Einstellhalle nicht überschritten. Doch Artikel 11 besagt: «Wenn die Erstellung von Parkplätzen (…) gegen verkehrstechnische (…) Gesichtspunkte verstösst, hat der Stadtrat die Zahl der Parkplätze (…) zu reduzieren oder deren Erstellung ganz zu untersagen.»

«Im Sentihof gibt es auf 294 Wohnungen (plus 10 Ladenlokale) aktuell lediglich 77 Parkplätze.»

Versicherung Helvetia

Was «verkehrstechnische Gesichtspunkte» sind und wann diese zutreffen, ist nicht definiert. Das lässt den Behörden bei der Behandlung der Einsprache viel Spielraum. Dennoch glaubt Monique Frey, dass die Einsprache gute Chancen hat: «Über 60 Jahre lang ist der Sentihof ohne Tiefgarage ausgekommen.» Wenn man nun zusätzliche Parkpätze schaffe, generiere das bloss zusätzlichen Verkehr: «Dabei möchte die Stadt wie wir auch mit dem Gesamtverkehrskonzept die Verkehrsbelastung senken und die Leute zum Umsteigen auf andere Verkehrsmittel bewegen.»

Helvetia: «Nachfrage besteht»

Helvetia nahm auf die Fragen von zentralplus schriftlich Stellung. Die Versicherung schreibt: «Im Sentihof gibt es auf 294 Wohnungen (plus 10 Ladenlokale) aktuell lediglich 77 Parkplätze. Aufgrund der bisherigen Nutzung geht Helvetia davon aus, dass eine Nachfrage nach weiteren Parkplätzen besteht. Mit der Einstellhalle werden 80 zusätzliche Parkplätze geschaffen. Damit ist das Verhältnis Parkplätze zu Wohnungen immer noch tiefer als bei anderen städtischen Bauprojekten von Helvetia.»

Das Beispiel von Helvetia könnte Schule machen. Denn in der Stadt Luzern gibt es in der Innenstadt zahlreiche Wohnblöcke und Überbauungen, die wenige oder gar keine Parkplätze besitzen. Das städtische Parkplatzreglement verbietet es den Besitzern nicht, dort nachträglich Tiefgaragen zu bauen und so die zulässige Parkplatzzahl auszuschöpfen.

«Wir wollen verhindern, dass die Stadt Luzern komplett unterhöhlt wird.»

Mario Stübi, Grossstadtrat SP

Politiker wollen Nachahmer verhindern

Mario Stübi und seine Ratskollegen wollen verhindern, «dass die Stadt Luzern komplett unterhöhlt wird». Sie wollen deshalb, dass die Stadt das Parkplatzreglement enger auslegt oder das bestehende Reglement überarbeitet. Mario Stübi: «Ein Baugesuch wie beim Sentihof soll künftig nicht mehr bewilligt werden.»

Stadtrat und Parlament werden die Interpellation von Mario Stübi wohl erst im Herbst behandeln. Als nächstes wird die Stadt die Helvetia und den VCS zu Einigungsverhandlungen einladen. Eine Reduktion der Parkplätze sei dabei «für Helvetia kein Thema», heisst es auf Anfrage. Über die Einsprache des VCS entscheidet danach in erster Instanz der Luzerner Stadtrat.

Parkhaus Altstadt «steht nicht leer»

Parkhaus Altstadt: Ab dem vierten von sieben Stöcken lichten sich die Reihen deutlich (Bild: lru).

Parkhaus Altstadt: Ab dem vierten von sieben Stöcken lichten sich die Reihen deutlich (Bild: lru).

«Das Parkhaus Altstadt steht halb leer», schreiben die Grünen in einem Eintrag auf ihrer Facebook-Seite. Sie stören sich daran, dass das Parkhaus für Dauerparkplätze wirbt, während ein neues Parkhaus Musegg gebaut werden soll.

Dagegen wehrt sich der Verwaltungsratspräsident des Parkhauses, Konrad Wüest: «Wir sind nicht leer, im Gegenteil: Die Auslastung unseres Hauses hat in den letzten Jahren überdurchschnittlich zugenommen.» Genaue Zahlen will Wüest aber keine nennen. «Wie jedes Parkhaus sind auch wir nur zu Spitzenzeiten ganz voll, also am Mittwochnachmittag und am Samstag.»

Das zeigt auch unser Augenschein im Parkhaus am Montagnachmittag: Ab dem vierten von sieben Stöcken stehen die meisten Plätze leer. Dennoch sei man mit der Auslastung sehr zufrieden, so Konrad Wüest. Dass man im Moment Werbung für Dauerparkplätze schalte, sei nicht auf schlechte Auslastung zurückzuführen, sagt Wüest: «Im Moment haben wir rund 150 Dauermieter.» Doch aufgrund der besseren Belegung gewähre man neuen Dauermietern keine reduzierten Preise mehr. «Daher werben wir nun für diese Plätze.»

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