Der neue Zuger FDP-Präsident im Gespräch

«Einfacher, gradlinig, verlässlich. Wie ein Handwerker eben»

Andreas Hostettler aus Baar ist neuer Präsident der «FDP.Die Liberalen» des Kantons Zug.

(Bild: mbe.)

FDP-Präsident Andreas Hostettler will sich 100 Tage Zeit nehmen, um herauszufinden, wie seine Partei tickt. Der Baarer «Gewerbler» ist kein Mann der lauten Worte und der Parolen. Deutlich wird er jedoch, wenn man auf Jolanda Spiess-Hegglin zu sprechen kommt oder die Diskussionskultur zweier SVP-Nationalräte.

zentralplus möchte dem frischgebackenen Präsidenten der Zuger «FDP.Die Liberalen» mal auf den Zahn fühlen. Was will Andreas Hostettler erreichen, was ist sein Stil, was kann man erwarten von ihm? Für das Gespräch machen wir um 7 Uhr morgens im Café Rotz beim Bahnhof Baar ab. Kein Problem für Frühaufsteher Hostettler. «Früher war ich schon um 6 Uhr im Büro», sagt der Geschäftsführer der Firma Nussbaumer Elektro. Seine Elektriker stünden jeweils um 7 Uhr auf der Matte, sagt er.

Nun ist der Baarer Kantonsrat also Kantonalpräsident der wirtschaftsnahen FDP Zug. Er war bereits Sektionspräsident in Baar. Mitte Mai wählten die Parteimitglieder den 48-Jährigen zum Nachfolger von Jürg Strub, der die FDP vier Jahre geleitet hatte. Strub assoziierte man als CEO und Verwaltungsrat einer international tätigen Entwicklungs- und Produktionsfirma für Laborgeräte eher mit dem «Big Business». Bekommen mit seinem Nachfolger die Kleingewerbler in der Partei mehr Einfluss?

«Massnahmen treffen, welche ein gutes Miteinander von Berufsausübung, Familie, Weiterbildung und selbstverantwortete Lebensentwürfe ermöglichen.»
Andreas Hostettler zu seinen Zielen

Andreas Hostettler: «Als Pendant zur FDP Schweiz, wo Philipp Müller als Gipsermeister eher etwas hemdsärmliger politisiert hat, komme ich auch aus dem Gewerbe. Ich würde meinen Stil als einfacher, gradlinig, lesbar, verlässlich bezeichnen. Wie ein Handwerker eben.» Er wolle sich aber nicht auf den Gewerbevertreter reduzieren lassen. «Es ist mir sehr wichtig, dass auch die für Zug wichtigen Grossfirmen angehört und ihre Anliegen ernst genommen werden.»

Kompetenz der FDP: Steuern und Finanzen

Er werde das Rad nicht neu erfinden, fügt Hostettler hinzu. Die «typischen FDP-Themen», die sein Vorgänger gut bewirtschaftet hätte, würden auch unter ihm nicht ändern. «Die Kompetenz unserer Mitglieder sind Steuern und Finanzen.» Dazu gehörten zum Beispiel Themen wie der Nationale Finanzausgleich, der Zuger Finanzausgleich, die Entlastungspakete und die Verwaltungsreform. Aber ebenso die Bildung auf allen Stufen, gute Rahmenbedingungen für Unternehmen und Innovationen wie das entstehende IT-Zentrum in Rotkreuz.

Ziele des neuen FDP-Präsidenten

Was sind die Ziele Hostettlers? In der Antrittsrede an der FDP-Generalversammlung im Mai blieb er relativ allgemein. Er benutzte das Bild eines Stuhls mit drei Standbeinen: Wichtig seien ihm die Menschen in seiner Partei, die gute Organisation und eine Sachpolitik «mit Kompetenz und Anstand». Das hat seinen Grund. «Es wäre anmassend, in ein Amt gewählt zu werden und gleich rauszuposaunen, welches die grossen politischen Ziele sind», sagt Hostettler.

Auf Nachhaken wird er aber dann doch präziser. Konkret werde sich die FDP einsetzen für eine «zukunftsfähige und mutige» Raumplanung, für eine «moderne und langfristig sinnvolle» Mobilitätsstruktur und «Massnahmen, welche ein gutes Miteinander von Berufsausübung, Familie, Weiterbildung und selbstverantwortete Lebensentwürfe ermöglichten». Hostettler: «Dazu kommen klare Antworten auf Fragen bei Migration und Asyl, umgehende Rückführung respektive eine konsequente Integration der anerkannten Flüchtlinge.»

Zuger FDP-Präsident Andreas Hostettler from zentralplus on Vimeo.

«Lösungen finden, bei denen beide Seiten zufrieden sind»

Zuerst aber, so betont der «Neue», will er sich 100 Tage Zeit lassen, um seine Partei gründlich kennenzulernen. Er will also genau hinschauen, um die Basis für eine saubere Analyse zu gewinnen. «Ich führe momentan viele Gespräche mit Mitgliedern sowie unseren Mandatsträgern auf kantonaler und nationaler Ebene», erzählt Hostettler, «ich möchte herausfinden, wo der Schuh drückt.» Hat er Freude am neuen Amt? «Ja. Es ist extrem spannend, man bekommt einen vertieften Einblick in viele Themen und sieht, wie die Leute eigentlich ticken.»

Ihn interessierten die Menschen und wie sie funktionierten, sagt Hostettler. Und dann erklärt der neue FDP-Präsident, der seine Kindheit bis zum Alter von 13 Jahren in Japan verbrachte, seine Lebensphilosophie: «Ich gehe davon aus, dass man langfristig nur weiterkommt, wenn beide Seiten gewinnen können. Wenn es in einer Diskussion oder Auseinandersetzung einen Gewinner und einen Verlierer gibt, ist das ein kurzfristiger Sieg. Ich suche eher den Konsens und eine Lösung, sodass beide zufrieden aus dem Raum gehen können.»

In der Fraktion und in der Partei wolle er einen Konsens finden und nicht einfach einsam als Präsident entscheiden. Es sei ihm ganz wichtig, die Leute einzubinden, ihre Meinungen einzuholen. «Die finale Entscheidung, die muss dann der Chef treffen. Das habe ich als Unternehmer gelernt.»

«Bei der SVP-Podiumsdiskussion wurden Parolen und Parteiprogramme runtergebetet.»

Schwieriger Start am SVP-Asylpodium

Seinen ersten öffentlichen Auftritt als neuer FDP-Präsident erlebte Andreas Hostettler als zwiespältig. Es war die Podiumsdiskussion zur Asylgesetzrevision der SVP mit ihm, Andreas Lustenberger (ALG), Thomas Aeschi und Andreas Glarner (beide SVP-Nationalräte). «Es war mein allererstes Podium», erinnert sich Hostettler, «für mich war die Art und Weise, wie Thomas Aeschi und Andreas Glarner aufgetreten sind, ungewohnt. Da wurden Parolen und Parteiprogramme runtergebetet. Mir hat die Differenzierung gefehlt. Das Bild von testosterongesteuerten jungen Männern… Und alle Ausländer sind schlecht, wollen uns etwas wegnehmen und an unser Geld. Das stimmt einfach nicht.» Das widerspreche seiner Vorstellung von politischer Diskussionskultur.

zentralplus wollte zum Schluss Andreas Hotstettlers Meinungen zu einigen Themen haben, welche die Zuger und Zugerinnen beschäftigen.

Sparpakete im Kanton Zug?

«Für die FDP ist es ganz wichtig, dass man das ganze Paket durchbringt, auch wenn es den einen wehtut.» Richtig gespart habe der Kanton Zug noch nicht, findet Andreas Hostettler. «Auch wird sich die FDP, solange es irgendwo geht, gegen Steuererhöhungen wehren.» Zuerst müsse man die Investitionen überprüfen. Und auch das Personal dürfe nicht tabu sein, findet er.

Bezahlbarer Wohnraum?

Das sei für die Bevölkerung ein wichtiges Thema. «Bemühungen von Gemeinden, Genossenschaften, Privaten und Kanton sind unbedingt zu unterstützen. Direkte Eingriffe in den Markt aber zu unterlassen.» Hostettler verweist auf die geplante Überbauung Unterfeld zwischen Zug und Baar und weist darauf hin, dass «genau die Kreise, die immer bezahlbaren Wohnraum fordern, das Projekt nun bekämpfen». Hostettler findet den Standort ideal, klar werde es mehr Verkehr geben. Aber wenn die Investoren bereit seien, günstigen Wohnraum im Unterfeld zu realisieren, sollte man die Chance packen.

Baarer Fasnacht?

Hostettler denkt lange nach: «Ich bin kein Fasnächtler, aber es ist ein tolles Brauchtum und ein Teil der Festkultur von Baar. Ich finde es wichtig, dass dieses weiter gepflegt und immer so gut organisiert ist wie bis anhin.»

Die Tatsache, dass vier Kantonal-Präsidenten aus Baar kommen (ALG-, CVP-, SVP- und nun auch der FDP-Präsident)?

«Das ist so. Baar ist gross und hat eine aktive Politkultur. Doch dass die Ennetsee-Gemeinden untervertreten sind, finde ich nicht gut. Gerade wenn man sieht, was in Rotkreuz abgeht, wäre es gut, wenn ihre Interessen besser abgebildet wären.»

zentralplus: Ich nennen Ihnen einige Namen von anderen Zuger Politikern. Was fällt Ihnen spontan dazu ein?

Markus Hürlimann?

«Schade, dass er sich zu dieser Tat hat hinreissen lassen. Er wäre und ist ein cleverer und intelligenter Mensch, der sich seine Karriere kaputt gemacht hat. Und schlussendlich nicht wirklich dazu stehen konnte, weil auch sein Pendant nicht dazu steht. Schade um einen hoffnungsvollen tüchtigen Politiker.»

«Es wäre an der Zeit, dass sie die nötigen Konsequenzen ziehen würde.»
Andreas Hostettler über Jolanda Spiess

Jolanda Spiess-Hegglin?

«Ein Trauerspiel, unverständlich, uneinsichtig, peinlich. Es betrifft mich als Zuger Politiker und es tut der Politik nicht gut. Es wäre an der Zeit, dass sie die nötigen Konsequenzen ziehen und zurücktreten würde. Das ständige Schlüpfen in die Rolle des Opfers dient der Sache überhaupt nicht.»

Thomas Aeschi?

«Sehr intelligent und eloquent, sehr begabt. Schade, dass er seine Parteilinie beinahe mantramässig wiederholt. Aber sonst ein spannender Gesprächspartner.»

«Ich sage manchmal, dass er schlicht in der falschen Partei ist.»
Andreas Hostettler über Zari Dzaferi

Zari Dzaferi?

«Ich sage manchmal, dass er schlicht in der falschen Partei ist.» Zwischenfrage von zentralplus: «Hätten Sie ihn denn gerne in der FDP?» Andreas Hostettler: «Da müsste er bei steuerpolitischen und wirtschaftlichen Themen noch stärker auf unserer Seite sein. Aber er ist sehr pragmatisch, hat viele gute und gesunde Ansichten. Ein toller Berufsmann. Ich hoffe für ihn, dass er noch weitere politische Schritte machen kann. Als linker Politiker geniesst er meine Hochachtung und ich schätze seinen Sachverstand.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Pirelli
    Pirelli, 06.06.2016, 13:40 Uhr

    Tja. Sogar Radio Pilatus berichtet informierter und kritischer über den K.-o.-Tropfen-Vorfall. Zahlt euch die FDP für dieses Gefälligkeits-Interview?

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    • Profilfoto von Michael Stehle Martin
      Michael Stehle Martin, 06.06.2016, 14:05 Uhr

      Ich suche auch schon die ganze Zeit nach der Angabe «Publireportage»

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