Stadt Luzern wählt Parlament

Historischer Sieg für SP – Klatsche für die CVP

(Bild: jakob ineichen)

Die SP schnappt der CVP zwei Sitze weg. Bei den anderen Parteien ändert sich nichts. Doch der Verlust der CVP schmerzt das gesamte bürgerliche Lager.

Das Gerangel um die 48 Sitze im Luzerner Stadtparlament hat ein Ende. Die SP geht am Wahlsonntag als grosse Siegerin hervor und gewinnt zwei Sitze, die CVP fährt eine herbe Schlappe ein und verliert zwei Mandate. Bei den anderen Parteien verändert sich nichts. Aber: Durch den Sitzgewinn der SP ergibt sich eine Blockverschiebung im Stadtparlament: Nun haben Grüne, SP und Grünliberale zusammen eine Mehrheit im 48-köpfigen Grossstadtrat. Die Stimmbeteiligung lag bei 36,3 Prozent. Von den bisherigen Grossstadträten sind keine abgewählt worden. Sehen Sie hier alle Namen und Resultate (PDF).

 

 

 

SP räumt ab

SP-Präsident Claudio Soldati freut sich über den Erfolg. Seine Fraktion hatte 2004 letztmals so viele Sitze. Und der Wähleranteil ist mit 27,9 Prozent auf einem Rekordhoch. «Es war ein grossartiger Wahltag. Unsere Ziele wurden sogar übertroffen, und wir hätten in unseren kühnsten Träumen nicht gedacht, dass wir den amtierenden Stadtrat sogar noch überrunden.» SP-Kandidat Beat Züsli zog mit einem Glanzresultat von 10’515 Stimmen an Stefan Roth (CVP) vorbei (zentralplus berichtete). 

Und obendrauf ein doppelter Sitzgewinn im Parlament: Die SP hat nun 13 Mandate und baut ihren Vorsprung als stärkste Partei der Stadt aus. Zusammen mit der Juso sind es nun 14 Sitze. «Das bestätigt unsere Politik der letzten vier Jahre. Ausschlaggebend war, dass die SP die drängendsten Fragen herauskristallisiert hat: Bezahlbares Wohnen zum Beispiel.» Zudem habe seine Partei einen Top-Wahlkampf hingelegt und viele Wähler mobilisiert, sagt Soldati. «Das Erfolgsrezept ist aufgegangen: Engagierte Kandidaten und eine Basis, welche den Wahlkampf voll und ganz mitträgt.» Die Listenverbindung mit den Grünen hat zudem nicht unwesentlich zum Sitzgewinn beigetragen (zentralplus berichtete).

Claudio Soldati und Simon Roth studieren die Resultate.

(Bild: jakob ineichen)

CVP: Ein Debakel

Auf der anderen Seite hört man Wehklagen über den selbst gewählten Alleingang: Für CVP-Präsidentin Andrea Gmür-Schönenberger bedeutet der heutige Tag ein Debakel. Zwei Sitze verloren, von 9 auf 7, und ein Wähleranteil von mageren 15,1 Prozent. Die Partei ist mit so wenigen Mandaten auf einem historischen Tiefpunkt, seit 1996 hatte die CVP nie so wenige Sitze. Vor vierzig Jahren war sie in der Stadt auf dem Zenit ihres Erfolgs: 14 Sitze im Parlament, fast 31 Prozent Wähleranteil. Doch von da an ging’s bachab. 2012 wählten noch knapp 18 Prozent die Christdemokraten, das ergab noch 9 Sitze – einen weniger als 2009. 

Die CVP ging im Vorfeld mit keiner anderen Partei eine Listenverbindung ein. Einen Zusammenschluss mit FDP un SVP gleichzeitig wollte sie nicht. «Wir haben nicht mit einem solch schlechten Resultat gerechnet.» Die Linken haben wie immer zusammengespannt, begründet Gmür-Schönenberger. «Und von FDP und SVP kam wenig Unterstützung, nachdem wir ihnen eine Absage erteilt haben.»

Stefan Roth studiert seine Wahlresultate.

Stefan Roth studiert seine Wahlresultate.

(Bild: jakob ineichen)

In Zukunft wolle man sich nicht unterkriegen lassen, sagt Schönenberger. «Nach den Wahlen ist vor den Wahlen. Wir nehmen voll motiviert die nächsten vier Jahre in Angriff.» Zuerst konzentriere man sich allerdings auf den zweiten Wahlgang am 5. Juni: «Stefan Roth wollen wir mit einem Glanzresultat ins Stadtpräsidium hieven.» Hier hofft die CVP nun auf die Unterstützung der FDP.

FDP: «Das tut auch uns weh»

Der Sitzanteil der anderen Parteien im Parlament bleibt gleich: Die FDP hält ihre 9 Sitze (Wähleranteil 17,3 Prozent, -1,1 Prozent), die SVP 7 (Wähleranteil 15,1 Prozent, +0,5 Prozent) und die Grünliberalen 4 (Wähleranteil 7,5 Prozent, -2,4 Prozent). Fabian Reinhard, Präsident der FDP Stadt Luzern: «Vor allem freuen wir uns natürlich über das hervorragende Resultat von Stadtrat Martin Merki. Im Stadtparlament konnten wir unsere Sitzen halten, das Minimalziel ist damit erreicht.»

Dass es nicht zu mehr gereicht hat, sei absehbar gewesen. Schwer enttäuscht sei er aber vom schlechten Abschneiden der CVP. «Das tut auch uns weh. Jetzt sieht es anders aus mit den Mehrheiten im Parlament.» Hätte die CVP dem bürgerlichen Schulterschluss mit FDP und SVP zugestimmt, wäre es anders gekommen, vermutet Reinhard.

Die «FDP-Ecke» bespricht die News.

Die «FDP-Ecke» bespricht die News.

(Bild: jakob ineichen)

Und dass Reinhard selber als Parteipräsident fast abgewählt wurde (er liegt nur 70 Stimmen vor dem nicht gewählten Marcel Manetsch), irritiert ihn nicht? «Ich bin zufrieden. Als Jüngster in unserer Fraktion ist meine Bekanntheit noch nicht so gross.» Damit, dass er bei der FDP am rechten Flügel politisiert habe, habe sein Abschneiden nichts zu tun.

SVP spricht von «Linksrutsch»

SVP-Parteipräsident und Stadtratskandidat Peter With sagt zu den heutigen Wahlresultaten: «Wir bedauern es sehr, dass es diesen Linksrutsch gegeben hat und dass sich die bürgerliche Mehrheit verabschiedet hat.» Grünliberale, SP und Grüne kommen neu auf 25 von 48 Sitzen. «Das ist ganz klar von der CVP mitverschuldet. Sie stand abseits und wollte vom bürgerlichen Schulterschluss aus SVP, FDP und CVP nichts wissen.» 

Jetzt habe die CVP einen hohen Preis dafür zahlen müssen. «Diese Verschiebung im Parlament ist sehr schmerzhaft. In vielen Bereichen könnte die neue Ausgangslage in Mitte-Links-Richtung schlagen, etwa in der Finanzpolitik.» Ob die SVP etwas falsch gemacht habe, kann With nicht sagen. «Unser Wahlkampf lief aus meiner Sicht gut. Viel ausgemacht hat sicher, dass die bürgerlich dominierten Littauer Quartiere sehr schwach wählen gegangen sind. Das hat den Linksrutsch mit verursacht. Ich glaube, seit der Fusion fühlen sich viele Littauer von der Stadt nicht mehr verstanden.» Davor habe er immer gewarnt.

Grünliberale: «Bestätigung für unsere Fraktion»

Die Grünliberalen bedauern, dass es ihre Stadträtin Manuel Jost nicht im ersten Wahlgang geschafft hat. «Aber dass wir die vier Sitze verteidigen konnten – ohne Mithilfe des Fukushima-Effekts, ist grossartig», freut sich GLP-Präsident Louis von Mandach. Die grünliberalen Themen hätten in letzter Zeit nicht so sehr im Vordergrund gestanden. Deshalb sei er umso zufriedener über das Resultat. «Wir hatten eine gute Liste, und es ist eine Bestätigung für die Arbeit unserer Fraktion.»

Manuela Jost ist nun auf die Unterstützung der SP angewiesen. Wie gehen die Grünliberalen nun damit um, dass die SP Forderungen an sie stellt? «Ich denke, diese Gespräche müssen wir zuerst noch führen und auch darüber, wie die Listen für den zweiten Wahlgang nun aussehen werden. Hier fehlen mir noch die Rückmeldungen der anderen Parteien.» Wenn die SP einen Kandidaten stellen würde, könnten die linken Wähler noch immer zwei Personen wählen. Sie würden kaum Peter With (SVP) wählen. «Deshalb ist der Druck, den die SP ausüben kann, eigentlich nicht so gross.»

Auch die Grünen können einen Achtungserfolg feiern, in den sie ihre sieben Sitze halten. Der Taucher bei den Kantonsratswahlen ist offenbar überwunden. Damals verloren sie zwei Sitze. Als die Grünen auf nationaler Ebene ebenfalls Wähleranteile verloren hatten, prognostizierte Politologe Olivier Dolder der Ökopartei für die kommenden Stadtratswahlen einen Verlust eines weiteren Sitzes (zentralplus berichtete). Der Grüne Stadtrat Adrian Borgula wurde wie erwartet mit einem sehr guten Resultat wiedergewählt (dem zweitbesten: mit 10’545 Stimmen).

Die Günen schauen gemeinsam die Ergebnisse an.

Die Günen schauen gemeinsam die Ergebnisse an.

(Bild: jakob ineichen)

 

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