Zuger will reiche Ausländer privilegieren

Geld statt Deutschkurs – neues Gesetz verhindert Zuger Lösung

Flüchtlinge beim Deutschunterricht. Die meisten Ausländer werden auch in Zukunft Deutsch lernen müssen, wenn sie sich im Kanton Zug niederlassen wollen.

(Bild: Archiv)

Die Idee war zumindest ein kommunikationstechnischer GAU. Der Zuger Regierungsrat will für reiche Ausländer eine Ausnahme beim Sprachnachweis machen. Und hat damit schweizweit für Empörung gesorgt. Nun ist klar: Der hiesige Entscheid hat vielleicht gar keine Zukunft.

Wer besonders viel Steuern zahlt, soll in Zug eine Niederlassungsbewilligung erhalten dürfen – ohne eine Landessprache zu sprechen. So zumindest die Vorstellung von Regierungsrat Beat Villiger. Die Linke sträubt sich gegen die Idee. Die SP hat das Referendum gegen den Beschluss des Kantonsrats ergriffen (zentralplus berichtete).

Dieser schaffte das Zuger Gesetz ab, wonach alle Ausländer für eine Niederlassungsbewilligung einen Sprachnachweis erbringen müssen – und schaffte damit gleiche Voraussetzungen wie in anderen Kantonen, die keine Sprachnachweis kannten. Die SP will zurück zum alten Gesetz. Bei der ALG geht man noch weiter: «Dieses Vorgehen ist schlicht nicht bundesrechtskonform», sagt Andreas Lustenberger. «Das Bundesrecht verlangt bei einer vorzeitigen Erteilung der Niederlassungsbewilligung einen Sprachnachweis. Das Referendum ist unserer Meinung nach gar nicht nötig, da das gar nicht geht, was der Regierungsrat tun will.»

Schwammige Regelung

Und da fängt es an knifflig zu werden. Denn das stimmt nur teilweise. Das Gesetz sagt klar und deutlich: Wenn ein Ausländer schon nach fünf Jahren statt erst nach zehn Jahren eine Niederlassungsbewilligung bekommen soll, muss er einen Sprachnachweis erbringen. «Da ist die Lage ziemlich klar», sagt Albrecht Dieffenbacher vom Staatssekretariat für Migration des Bundes. «Nach fünf Jahren geht das nicht.»

Wichtig ist allerdings die folgende Unterscheidung: «Wenn es um die ordentliche Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach zehn Jahren geht, ist das Bundesrecht weniger deutlich.» Da steht nur, die Person müsse integriert sein. «Das ist offener formuliert », sagt Dieffenbacher.

Neuer Twist: Parlament schafft Klarheit

Regierungsrat Beat Villiger bezog sich mit seinem Vorschlag auf die Niederlassungsbewilligung nach zehn Jahren. «Nur da haben die Kantone überhaupt den Spielraum, den Integrationsgrad zu beurteilen und ihre Massstäbe anzusetzen.»

Was Integration nach zehn Jahren nun genau heisst, ist Ermessenssache. Für Regierungsrat Villiger ist klar: Eine Person könne sich auch über Wirtschaftskontakte und das Erbringen von guten Steuerleistungen integrieren – die Argumentation stützt sich auf einen Artikel in der Verordnung zum Ausländergesetz, der die Zulassung mit einer Aufenthaltsbewilligung behandelt. Also die Vorstufe zur Niederlassung. Da steht: Wenn die Öffentlichkeit ein fiskalisches Interesse daran hat, dass eine Person eine Aufenthaltsbewilligung bekommt, dann kann mit dieser Begründung eine Bewilligung erteilt werden. «An diese Regelung lehnte sich der Vorschlag des Regierungsrats für die Niederlassungsbewilligung nach 10 Jahren an», sagt Regierungsrat Beat Villiger.

Diese beiden Artikel haben zwar nichts miteinander zu tun – aber da im Gesetz über die Niederlassungsbewilligung nichts Konkretes festgehalten ist, kann Villiger offenbar so argumentieren.

Status Quo: Bevorzugung von Vermögenden geht

Allerdings hat diese Grauzone bald ein Ende. «Mit der Revision der Integrationsbestimmungen des Ausländergesetzes werden diese Unklarheiten ausgeräumt», sagt Dieffenbacher. «Das bedeutet: So wie der Status Quo ist, kann der Regierungsrat auf den Sprachnachweis verzichten, wenn eine ausländische Person schon zehn Jahre in der Schweiz gewohnt hat und eine Niederlassungsbewilligung erhalten will.» Das sei auch nicht unüblich, andere Kantone würden ebenfalls auf den Nachweis verzichten. «Aber wenn das neue Gesetz kommt, geht das nicht mehr.»

Das Zeitfenster für solche erleichterten Niederlassungen ist also nicht allzu gross. Die Gesetzesrevision wird zurzeit im Parlament beraten. Weshalb dann der ganze Wirbel?

Villiger: «Es ist möglich, dass sich das Bundesrecht ändert und dann Bereiche regelt, die heute in kantonaler Kompetenz liegen. Wir können im Moment aber nicht abschätzen, ob das Ausländergesetz nach einer Revision auch Ausnahmen beinhaltet oder noch die gleichen Möglichkeiten wie heute bietet.» Sollte dann die Regelung im Kanton Zug mit einer allfälligen neuen bundesrechtlichen Regelung nicht übereinstimmen, würde selbstverständlich das Bundesrecht vorgehen, schreibt Villiger.

Für Lustenberger ist klar: «Wir wollen einfach, dass diese Ungerechtigkeit beseitigt wird.» Möglicherweise sorgt schon bald das Parlament dafür.

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