Diese Tage publizieren die Zuger Gemeinden ihre Jahresergebnisse 2015. Und da ist fast überall Freude angesagt. Denn einige Gemeinden schliessen mit massiv höherem Gewinn ab als budgetiert. Weshalb der plötzliche Geldsegen? Bei «zusätzlichen Abschreibungen» sollte man genau hinschauen.
Bei acht von neun Gemeinden ist die Kasse voller als gedacht. Was ist da passiert? Das fällt auf. zentralplus hat sich die kommunizierten Gründe genauer angeschaut und bei den Gemeindebehörden nachgefragt.
Was ist konkret gemeint, wenn zum Beispiel von «Sondereffekten» die Rede ist? In der Stadt Zug zum Beispiel heisst das, dass ein privater Topshot mehr Geld in die Kasse gespült hat. In Baar haben einige Unternehmen den Steuerertrag verbessert. Und dann gibt es da auch Spezialmanöver. Darüber mehr im Interview mit dem Experten – ganz unten an diesem Artikel.
1. Zug, höherer Gewinn
Die Stadt Zug schloss im vergangenen Jahr erstmals seit 2009 wieder mit einem Gewinn ab. 7,6 Millionen Franken liegen in der Kasse. Budgetiert war ein Ertragsüberschuss von bloss 1,2 Millionen Franken.
Der Verkauf der städtischen Fernwärmeanlagen hat zu diesem einmaligen, nicht budgetierten Mehrertrag geführt. Hat die Stadt den Verkauf vielleicht getätigt, um ihre Rechnung zu «schönen»? Andreas Rupp, Departementssekretär des Finanzdepartements, verneint. «Der strategische Entscheid, dass die Fernwärme kein Kerngeschäft der Stadt ist, wurde schon 2003/04 gefällt.» Beim ersten Verkaufsversuch habe man aber keinen guten Preis erzielt.
Top-Steuerzahler zahlte mehr
Mehr eingenommen hat die Stadt auch bei den Steuern. Andreas Rupp: «Bei den natürlichen Personen hat die höhere Belastung eines Top-Steuerzahlers, der im letzten Jahr durch einen Verkauf ein einmaliges Geschäft tätigte, zum Plus geführt.»
Beim Aufwand weist Rupp auf die Sparbemühungen des Stadtrats hin. «Für die nächsten Jahre erwartet die Exekutive dank weiterer Massnahmen ausgeglichene Rechnungen.» Ab 2018 dürften auch die Beiträge in den Zuger Finanzausgleich etwas geringer ausfallen. Vorbereiten muss sich die Stadt jedoch auf die Auswirkungen des kantonalen Sparprogrammes, es sieht die Überwälzung von kantonalen Aufgaben auf die Gemeinden vor.
2. Cham, höherer Gewinn
Die Gemeinde Cham schliesst ebenfalls mit einem Gewinn von 5,69 Millionen Franken ab. Budgetiert worden war ein Ertragsüberschuss von 238’400 Franken. Der Grund für die Differenz: In der Ennetsee-Gemeinde haben sich die Steuererträge erfreulicher entwickelt als prognostiziert. Sowohl bei natürlichen wie bei juristischen Personen ergaben sich Mehreinnahmen von je 1,6 Millionen Franken.
«Unternehmen haben mehr Steuern abgeliefert als vorgesehen. Sie haben im vergangenen Jahr positiv abgeschlossen», sagt CVP-Gemeindepräsident Georges Helfenstein. Auch bei den natürlichen Personen habe die Gemeinde mehr Nachsteuern eingenommen als budgetiert. Und die Grundstückgewinnsteuern fielen um 570’000 Franken höher aus. Die Erträge liessen sich schlecht voraussehen oder beziffern, fügt Helfenstein hinzu. Vom Kanton erhalte man gewisse Vorinformationen, mit welchen Steuererträgen ungefähr gerechnet werden müsse. «Aber das ist wie Kaffeesatz lesen.»
Einfacher zu beziffern ist laut Georges Helfenstein der Aufwand und wie man das Geld «vernünftig» ausgeben könne. Da in den nächsten Jahren grosse Investitionen bei den Schulliegenschaften anstehen, müssten die Ausgaben konstant kritisch überprüft werden. «Wir sind erfreut über diesen positiven Abschluss. Dennoch ist eine vorsichtige Finanzplanung nötig.» Helfenstein verweist ebenfalls auf die finanzielle Lage des Kantons und das kantonale Entlastungsprogramm. «Im Hinblick auf das Budget 2017 wird der Gemeinderat zusammen mit der Verwaltung mögliche Einsparungen prüfen.»
3. Baar, kleinerer Verlust
Die Gemeinde Baar rechnete mit einem Defizit von 6,7 Millionen Franken. Nun sind es bloss 1,36 Millionen. Ein «unerwarteter Sondereffekt bei den juristischen Personen» sei massgeblich dafür verantwortlich, dass der Ertrag 2014 besser ausgefallen sei, teilte die Gemeinde mit. Was ist das für ein wunderbarer Effekt? Laut dem Baarer Finanzchef Hans Steinmann (SVP) haben «ein bis zwei» Unternehmen mehr Steuern bezahlt.
Auf die Frage, ob die Gemeinde falsch budgetiert hat, reagiert er ein wenig ungehalten: «Wir können doch nicht spekulieren!» Kritik bekomme er sowieso zu hören, ob die Gemeinde jetzt schlechter oder besser abschliesse als prognostiziert. «Bei einem besseren Resultat entschuldige ich mich gerne», sagt der Baarer Finanzchef. Man stütze sich bei der Prognose auf Informationen des kantonalen Steueramts ab, welches Kontakt mit grossen Firmen unterhalte. «Ich bin immer sehr vorsichtig beim Budgetieren. Die Einnahmen sind schwierig einzuschätzen», sagt Steinmann.
Neben den höheren Firmensteuern verbesserten auch höhere Quellen-, Erbschafts- und Grundstückgewinnsteuern die Ertragsseite der Gemeinde 2015. Den Aufwand habe man aber seit Jahren gut im Griff, so der Finanzchef. «Die Verwaltung dreht jeden Franken zwei Mal um, bevor sie ihn ausgibt.» Zur Zukunft meint der Gemeinderat, die Steuererträge würden wahrscheinlich stagnieren.
4. Steinhausen, kleinerer Verlust
In Steinhausen schliesst die Jahresrechnung ebenfalls besser ab als erwartet. Allerdings mit einem Minus: Das erste Defizit seit 2004 beträgt 452’000 Franken. Es ist weniger hoch als befürchtet, budgetiert war ein Aufwandüberschuss von 2,8 Millionen Franken.
«Wir wussten, dass wir ein Minus schreiben werden», sagt Finanzvorsteherin Carina Brüngger (FDP). Der Hauptgrund ist die neue Überbauung Dreiklang, mit der Steinhausen sein Dorfzentrum erweitert. Bei den Steuern hat die Gemeinde aber laut der Finanzvorsteherin eine ziemliche «Punktlandung» ausgewiesen mit einer Abweichung von 1,5 Prozent vom Budget. Vom Sparen will Brüngger nichts hören, sie wehre sich gegen dieses Wort, sagte sie der «Neuen Zuger Zeitung». Und eine Steuerfusserhöhung sei ebenfalls kein Thema momentan.
5. Neuheim, Gewinn statt Verlust
Die Gemeinde Neuheim ist ein Spezialfall. Dort schloss die Gemeinde zwar mit einem Gewinn von 422’000 Franken ab (budgetiert war ein Plus von 72’000 Franken). Dies aber trotz weniger Steuereinnahmen (inbesondere die Grundstückgewinnsteuern brachen stark ein). Hauptgrund war der geringere Aufwand: 800’000 Franken hat die Gemeinde 2015 weniger ausgegeben. In Neuheim herrscht ein strenges Sparregime. Güttinger lobt in der «NLZ» seine Abteilungsleiterin für Soziales und Gesundheit, die 100’000 Franken eingespart habe. «Sozialhilfebezüger müssen sich an gewisse Vorgaben halten, machen sie das nicht, werden die Leistungen auf das Minimum gekürzt», erklärt Markus Steiner, Leiter Abteilung Finanzen, gegenüber zentralplus.
Und der Gemeinderat hat bei sich selber gekürzt. Rund 10’000 Franken für sogenannte Projektarbeiten wurden zurückgestellt. Das sind Zusatzentschädigungen, welche die Exekutivmitglieder bei besonders zeitintensiven Vorhaben erhalten können. Markus Steiner: «Gemäss dem Entschädigungsreglement hätten die Gemeinderäte bei grösseren Projekten, die über das normale Arbeitspensum hinausgehen, eine Entschädigung zugute. Soweit ich weiss, ist das in den anderen Gemeinden nicht die Regel.»
Der Gemeindepräsident, der gerade in den USA weilt, hat trotz des positiven Ergebnisses 2015 bereits eine Steuererhöhung in Aussicht gestellt. Er begründet das mit dem Druck aus anderen Gemeinden, denn Neuheim bekommt ab 2017 erstmals einen Solidaritätszuschlag.
6. Menzingen, Gewinn statt Verlust
Menzingen hat einen Gewinn von 1,13 Millionen Franken erzielt. Budgetiert war ein Defizit von 1,31 Millionen Franken. Die Differenz zwischen Budget und Rechnung beträgt satte 2,44 Millionen Franken.
Finanzvorsteherin Isabelle Menzi nennt als Grund einerseits die «hervorragende Budgetdisziplin sämtlicher Abteilungen». Durch den Verkauf eines Einfamilienhauses sei ausserdem eine Bewertungsreserve von 850’000 Franken aufgelöst worden.
7. Hünenberg, Gewinn statt Verlust
Die Gemeinde Hünenberg hat mit einem Ertragsüberschuss (Gewinn) von 1,96 Millionen Franken abgeschlossen. Budgetiert war jedoch ein Defizit von 0,53 Millionen Franken. Laut einer Mitteilung des Gemeinderats sind zwei Gründe für das gute Ergebnis verantwortlich: Die Steuereinnahmen lagen 1,23 Millionen Franken über den Erwartungen. Einzelnen Hünenbergern geht es gut: Natürliche Personen zahlten 2015 mehr Vermögenssteuern. Und auch die Unternehmen lieferten 610’000 Franken mehr ab als budgetiert. Der Aufwand lag dafür nur leicht über dem Budget, der Gemeinderat spricht von einem «kostenbewussten Verhalten aller Abteilungen».
8. Oberägeri, Verlust noch grösser
Oberägeri tanzt als einzige Gemeinde aus der Reihe, indem sie schlechter abgeschlossen hat als budgetiert. Statt einem Defizit von 746’400 Franken wie prognostiziert, beträgt der Verlust rund eine Million Franken. Der Hauptgrund: In Oberägeri fiel der Steuerertrag 2,1 Millionen Franken tiefer aus als budgetiert. Pius Meier, Gemeindepräsident von Oberägeri, ist trotzdem zufrieden mit dem Ergebnis: «Erst dank des hohen Kostenbewusstseins des Gemeinderats und der Mitarbeitenden war es möglich, dass sich der Mehraufwand im Rahmen des Budgets 2015 bewegte und nicht noch massiv höher ausfiel.» Durch Mehreinnahmen bei den Entgelten sowie beim Transferertrag hätten die Mindereinnahmen aufgefangen werden können.
9. Risch, höherer Gewinn
Die Gemeinde Risch schliesst besser ab als erwartet. Die prosperiende Ennetseegemeinde erzielte 2015 einen Ertragsüberschuss von 3,4 Millionen Franken. Die Prognose lautete, dass die Gemeinde 33’000 Franken im Plus liegen würde. Zu den Mehrerträgen beigetragen haben insbesondere ausserordentliche und einmalige Erträge von 1,7 Millionen Franken aus der Grundstückgewinnsteuer sowie höhere Steuererträge der natürlichen Personen von 0,9 Millionen Franken. Bei den juristischen Personen resultierten hingegen 1,7 Millionen Franken weniger als budgetiert.
Zum Ergebnis beigetragen hat laut Pressemitteilung ebenfalls ein tieferer Aufwand von 1,3 Millionen Franken. So lag der Personalaufwand 400’000 Franken unter dem Budget.
10./11. noch nicht bekannt
Walchwil und Unterägeri haben ihre Jahresergebnisse noch nicht kommuniziert, folgen aber diese Tage, war bei den Gemeindeverwaltungen zu erfahren.
Finanzexperte: «Politische Manöver ist der falsche Begriff» | |
|
Was denken Sie über die Finanzen Ihrer Wohngemeinde? Teilen Sie uns Ihre Meinung mit der Kommentarfunktion mit.
Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.
R.Freiermuth, 29.04.2016, 12:58 Uhr Weshalb man bei einem Ertragsüberschuss von «mehr Gewinn» schreiben kann, ohne dabei die Bilanz zu erwähnen, ist verwunderlich. Verkauft eine Gemeinde eine Aktiva, wie z.B. das Fernkraftheizwerk, handelt es sich nach buchhalterischer Regel lediglich um eine Aktivverschiebung. Ausser dieser Aktivposten wurde bisher massiv abgeschrieben und stand unter dem Wert in den Büchern, was eine Gemeinde aus steuerlichen Gründen kaum machen würde.
👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter