Politreaktionen zur Salle Modulable

Standort ist mehrheitsfähig – die Kosten kaum

Mögliche Innenansicht der grossen Bühne in der Salle Modulable: Möglich sind alternative Inszenierungen mit Akteuren in Fensteröffnungen.

(Bild: Visualisierung PD)

Über 90 Millionen sollen Kanton und Stadt an das neue Theaterhaus auf dem Inseli zahlen. Und das Ding soll auf einer für viele unantastbaren Zone gebaut werden – die Reaktionen sind dementsprechend heftig. Unsere Umfrage bei den Parteien zeigt: Während die Linken Mühe mit dem Standort haben, stellen die Bürgerlichen die Kosten infrage.

Die Salle Modulable kommt aufs Inseli – oder sie kommt gar nicht. Das wissen wir seit Dienstag. Und wir wissen auch: Sie kommt die öffentliche Hand teuer zu stehen (zentralplus berichtete). Die verbliebenen 80 Millionen aus dem Erbe von Engelhorn reichen niemals für den Neubau, in dem dereinst das Luzerner Theater, Lucerne Festival, das Sinfonieorchester und die freie Theater- und Tanzszene unterkommen sollen.

Es sind vor allem die exorbitanten Zahlen, die bei den Politikern Skepsis hervorrufen. Und natürlich gibt auch der Standortentscheid Inseli zu reden. Doch unsere Umfrage bei den Parteien zeigt: Nur gerade die JUSO und BDP sind prinzipiell gegen den Standort Inseli, Grüne und SP mit starkem Vorbehalt. Es sind denn auch die JUSO und die BDP, deren Abstimmungen das Projekt beerdigen könnten: «Lebendiges Inseli statt Blechlawine» (JUSO) und «Rettet unsere Oasen Inseli und Ufschötti» (BDP, Unterschriftensammlung läuft). Alle anderen – und somit alle bürgerlichen Parteien – haben zwar Bedenken und viele offenen Fragen, lassen aber mit sich reden.

Sie präsentierten die Studie zur Salle Modulable: Tateo Nakajima (von Arup), Hubert Achermann (Präsident Sitftung Salle Modulable), Reto Wyss (Regierungspräsident Kanton Luzern) und Ursula Stämmer (Stadträtin Luzern).

Sie präsentierten die Studie zur Salle Modulable: Tateo Nakajima (von Arup), Hubert Achermann (Präsident Sitftung Salle Modulable), Reto Wyss (Regierungspräsident Kanton Luzern) und Ursula Stämmer (Stadträtin Luzern).

(Bild: jwy)

FDP: «Betriebskosten zu hoch»

Geldgeber gesucht

Stadt und Kanton Luzern müssten – so besagt es die Machbarkeitsstudie – über 90 Millionen ans Projekt Neues Theater Luzern/Salle Modulable beisteuern. Und ein (oder mehrere) private Partner, die man noch suchen muss, sollen weitere 35 Millionen zahlen. Die Machbarkeitsstudie, die man seit Dienstag kennt, rechnet mit Baukosten von total über 180 Millionen – die gesamten Investitionen belaufen sich sogar auf 208 Millionen (zentralplus berichtete). Diese Kosten sind alles andere als in Stein gemeisselt – Regierungsrat Reto Wyss sagte, es sei nun Aufgabe herauszufinden, wie es günstiger geht.

Fabian Reinhard, Präsident der FDP Stadt Luzern, ist froh, endlich Gewissheit über den Standort zu haben – mit dem Inseli kann er gut leben. Bauchweh bereiten ihm noch drei Dinge: Die JUSO-Initiative, eine gute Lösung für die Määs und dass der Landschaftsschutz nicht beeinträchtigt werde. «Ich unterstütze es, dass die Grünfläche, die auf dem Inseli verbaut würde, mit den wegfallenden Carparkplätzen kompensiert wird», so Reinhard, die Carparkplätze könne man an einen weniger schönen Ort verlegen.

Bei den hohen Investitionskosten ist er optimistisch, dass man noch Gönner finde, «wenn wir uns voll hinter das Projekt stellen». Bei den Betriebskosten von jährlich 31 Millionen müsse man hingegen nochmals über die Bücher, diese seien zu hoch. «Ich bin überrascht, dass Stadt und Kanton erst jetzt sagen, die Betriebskosten seien zu hoch, sie waren ja beim Projekt eng mit dabei», so Reinhard.

CVP: «Begeisterung auslösen»

CVP-Grossstadtrat Michael Zeier Rast ist der Meinung, dass man mit der jetzigen Überbauung auf dem Inseli eine «sehr interessante» Lösung gefunden habe, die städtbaulich überzeugt. Ein Aber folgt: Die Grünzone Inseli sei sehr emotional aufgeladen, politisch durchsetzbar sei das Musiktheater auf dem Inseli also nur, wenn man jetzt bei der Bevölkerung Begeisterung für das Projekt wecken könne. Und wenn man eine gute Nachfolgelösung für die Määs finde.

Zu den Kosten sagt Zeier Rast, man müsse unterscheiden zwischen den Investitionen und den Folgekosten im Betrieb und Unterhalt. «Investitionen in die Theaterinfrastruktur braucht es eh, also ist es besser, in ein neues Gebäude als in alte Infrastrukturen zu investieren.» Die öffentlichen Investitionen – ob es dann 93 Millionen sind oder etwas weniger – seien nicht falsch investiert. Zeier ist auch optimistisch, dass man weitere private Geldgeber finde, wie man das vor 20 Jahren beim KKL geschafft habe. «Wenn wir Begeisterung auslösen können, ist es finanzierbar, das neue Theater ist nicht nur kulturpolitisch wichtig, sondern gibt Luzern einen Gesamtschub», so Zeier. Die geschätzten Betriebskosten von rund 31 Millionen hingegen seien zu hoch, das sei der Bevölkerung in den Sparzeiten schwierig zu vermitteln.

SVP: «Kosten sind A und O»

Bei der SVP könnte die Frage zur Salle Modulable noch für einige Diskussionen sorgen. Auf Anfrage gibt der kantonale Fraktionspräsident Guido Müller dem Projekt auf dem Inseli keine Chance, «der Standort sei politisch nicht durchsetzbar» aufgrund der breiten Opposition. Viel mehr will er aber (noch) nicht sagen. Optimistischer ist Stadtratskandidat Peter With: Ihm wäre zwar der Theaterplatz als Standort am liebsten gewesen, aber wenn die Machbarkeitsstudie zum Schluss komme, dass das Inseli am besten geeignet sei, «dann müssen wir das zur Kenntnis nehmen, das wurde ja sorgfältig geprüft», sagt With. Mit der Aufwertung sei der Standort Inseli seiner Meinung nach politisch durchsetzbar, zusammen mit einem Abriss des alten Theaters und der Aufwertung des Platzes. «Wichtig ist, dass die Stadt bis zur Abstimmung im November eine konkrete Lösung für die wegfallenden Carparkplätze präsentiert», so With.

Wichtiger als die Standortfrage sind für With sowieso die Kosten: Der Kostendeckel für den künftigen Betrieb liegt für With bei den 24 Millionen, die das Luzerner Theater jährlich kostet. «Ich glaube nicht, dass es realistisch ist, dass die Bevölkerung Ja sagt zu so massiv höheren Kosten von 32 Millionen», glaubt With. «Die Kosten sind das A und O, nur so kann das Projekt eine Mehrheit finden.»

Die Kosten für das geplante Theaterhaus im Detail – diese sollen aber laut Regierung noch sinken.

Die Kosten für das geplante Theaterhaus im Detail – diese sollen aber laut Regierung noch sinken.

(Bild: Machbarkeitsstudie Arup)

SP: «Zeitdruck zu hoch»

Die SP kann im Moment weder kategorisch Ja noch Nein sagen zur Salle Modulable auf dem Inseli, zu viele Fragen seien noch offen. Claudio Soldati, Präsident der SP Stadt Luzern, sagt: «Ich glaube, dass das kaum realistisch ist, wir sind sehr skeptisch, ob mit diesem Riesenvolumen das Inseli noch seine Aufenthaltsqualität bewahren kann.» Seine Befürchtung ist, dass das Inseli zu durchstrukturiert und -ökonomisiert wird. «Das Inseli ist eine der letzten Grünflächen des Stadtzentrums, wir müssen dazu Sorge tragen, es ist den Leuten unglaublich wichtig», sagt Soldati.

Dazu kommt auch bei der SP die Frage nach der Finanzierung: «Der SP ist schleierhaft, wie in Zeiten von Leistungsabbau im Sozial- und Bildungsbereich Mehrkosten für den Betrieb eines zweiten grossen Kulturtempels von 7 Millionen Franken gerechtfertigt sein können», fragt Soldati. Oder wie man die Betriebskosten von geschätzten 31 Millionen drücken wolle, ohne dass die freie Szene zu kurz komme? Soldati erwartet, dass in den nächsten Woche noch viele unangenehme Fragen aufs Tapet kommen – und gleichzeitig sei der Zeitdruck zu hoch, bis November noch eine breite, sorgfältige Diskussion zu führen. «Wir fordern eine ausgewogene Lösung und dass alle Fakten auf den Tisch kommen, damit alle Betroffenen und die Bevölkerung mit diskutieren können», so Soldati.

Die Salle Modulable bei Nacht auf dem Inseli.

Die Salle Modulable bei Nacht auf dem Inseli.

(Bild: Visualisierung PD)

BDP: «Inakzeptabel!»

Denis Kläfiger, Präsident der Minipartei BDP Kanton Luzern, macht es kurz: «Inakzeptabler Standort – inakzeptables Projekt». Die Partei hält sowohl Standort wie auch Kosten für nicht vertretbar. Nico Planzer, Präsident der BDP Stadt Luzern ergänzt: «Die Stadt Luzern hat kein Geld für ein solches Projekt und von möglichen Sponsoren fehlt bis heute jede Spur.» Es bestehe die Gefahr, dass die Luzernerinnen und Luzerner im schlimmsten Fall für das KKL, das alte Stadttheater und bei der Realisierung zusätzlich auch noch für die Salle Modulable aufkommen müssten. «Dies wäre der finanzielle Todesstoss für die Stadt Luzern und ein Affront für alle, die jetzt schon unter den Sparpaketen zu leiden haben.»

JUSO: «Notfalls weitere Initiativen!»

Ähnlich hart gehen die Jungsozialisten ins Gericht: Ihre Initiative würde zwar dahingehend erfüllt, dass die Cars vom Inseli verschwinden und die Grünfläche erweitert wird, aber sie fordern ebenfalls, dass das Inseli als Freiraum erhalten bleibt. «Der Plan des Stadtrats, die Salle Modulable auf dem Inseli zu errichten, ist unvereinbar mit unserer Forderung», sagt Nik Rigert, Präsident der JUSO Stadt Luzern. Die Kultureinrichtung im High-Class-Bereich gefährde die Diversität und die offene, ungezwungene Atmosphäre des Inseli, so Rigert. Die Partei werde deshalb ihre Initiative nicht zurückziehen. Rigert wundert sich, dass ein carfreies Inseli, das die Stadt bis vor kurzem noch als Riesenproblem sah, nun plötzlich Realität werden wird.

«Wir werden alles daran setzen, dass die Salle Modulable keine Grünflächen oder Naherholungsgebiet zerstört, notfalls auch mit weiteren Initiativen», sagt auch JUSO-Stadtratskandidat Yannick Gauch. Seine Partei wehrt sich auch gegen den Abriss des jetzigen Theatergebäudes – das alte Theatergebäude biete unzählige Nutzungsmöglichkeiten für Kultur und Bevölkerung.

Grüne: «Inhalte statt Standorte»

Die Grünen äussern sich etwas differenzierter. Die Partei beklagt, dass das Projekt ausschliesslich auf den Standort reduziert wird. «Viel wichtiger wäre eine vertiefte, öffentliche Diskussion über die Inhalte: Welches Theater, welche kulturellen Inhalte möchte die Bevölkerung?», schreibt Stadtparlamentarier Urban Frye. Im Gegensatz zur KKL-Planung konnte hier die Bevölkerung nie Stellung beziehen, so dass ein gemeinsamer Wille zur Umsetzung entstanden sei.

Die Diskussion müsse losgelöst von Standort und der Salle Modulable weitergeführt werden – die Grünen halten eine Sanierung und allfällige Erweiterung des bestehenden Gebäudes weiterhin für eine Option. Dass die freie Theaterszene grosszügiger gefördert werde, begrüsst Urban Frye, eine Durchmischung der Produktionen von der freien Szene und dem Luzerner Theater wird von den Grünen gewünscht. «Zusätzliche Gelder sollen direkt an die Ensembles ausgeschüttet werden.»

Der Standort Inseli kommt für die Grünen «kaum infrage»: «Das Inseli soll weiterhin als Ganzes eine grüne Oase bleiben. Durch die Aufhebung der Carparkplätze soll der beliebte Erholungsraum der Bevölkerung aufgewertet werden», so Frye. Die Kosten hält die Partei für ein Theater, das allen Ansprüchen genügt und mit einer Lebensdauer von gut 100 Jahren für «unbedenklich».

GLP: «Neuer Kulturkompromiss»

Auch die Grünliberalen sagen «Ja, aber»: Die Partei hätte den Theaterplatz favorisiert, kann aber mit dem Standort Inseli leben. Fragezeichen sieht die Partei bei den Bau- und Betriebskosten: «Wir fordern eine transparente Vollkostenrechnung für die Stadt Luzern», so Jules Gut, Mitglied der städtischen Baukommission. Etwa, wie die Stadt die Mittel in die Kultur erhöhen will, wenn gleichzeitig die laufenden Kosten nicht gedeckt seien.

Zudem fehlen für einen erfolgreichen Betrieb der Salle Modulable mindestens 10 Millionen Franken. «Hier braucht es eine überkommunale, gemeinsame Trägerschaft», so die GLP. Und Geld dürfe nicht nur für die grossen Kulturhäuser fliessen: «Es braucht zwingend verbindliche Aussagen zur Neuauflage des städtischen Kulturkompromisses», so Jules Gut. Nur so habe das Vorhaben eine Chance beim Volk.

Salle Modulable: der Fahrplan

Der weitere politische Fahrplan für das Projekt «Neues Luzerner Theater/Salle Modulable» ist sportlich: Der Regierungsrat entscheidet am 17. Juni über den Projektierungskredit, der Stadtrat am 13. Juli über Projektierungskredit und Baurechtsvertrag. Die Parlamente folgen am 19. September (Kanton) und 29. September (Stadt). Die erste Volksabstimmung folgt in der Stadt Luzern am 27. November. Entscheide zu Baukredit und Anpassung der städtischen Bau- und Zonenordnung folgen 2018.

Was spricht für das Inseli? Lesen Sie hier unseren detaillierten Artikel über die Machbarkeitsstudie

zentralplus hat bereits ausführlich über die Salle Modulable geschrieben: Alle Berichte finden Sie in unserem Dossier

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Kurz
    Kurz, 05.04.2016, 20:56 Uhr

    31 Millionen jedes Jahr, oder anderst gesagt, mindestens 7 Millionen mehr pro Jahr als heute.
    Der Mehrwert findet hauptsächlich im Highend-Bereich statt.
    Die angestrebten Top-Events werden sich aber nur die Leute aus Panama leisten können.
    (500-1000.- Fr. für eine Veranstaltung).
    Das ganze Projekt ist eine unverschämte Anmassung.

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