Luzerner SVP-Steuerinitiative

Volksvertreter lehnen Volksinitiative für mehr Volksrechte ab

Das Volk als Hampelmann? Mit diesem Flyer wirbt die SVP für ihre Initiative. Doch die Volksvertreter vom Kantonsrat sagen nun klar Nein dazu. (Bild: Montage zentralplus)

Nein, nein, nein: Der Kantonsrat lehnt die SVP-Initiative «Steuererhöhungen vors Volk!» sehr deutlich ab. Auch ein Gegenvorschlag der Linken war chancenlos. Die Kritik an der SVP-Initiative war teilweise recht heftig. Nun wird sich zeigen, ob das auch die Bevölkerung so sieht.

Es kam, wie es kommen musste: Der Kantonsrat lehnt die SVP-Initiative «Steuererhöhung vors Volk!» klar mit 86 Nein gegen 28 Ja ab. Damit kommt das Anliegen wohl nächstes Jahr an die Urne.

Abgeschmettert wurde an der Kantonsratssession diesen Montag auch ein Gegenentwurf von SP und Grüne. Diese wollten, dass das Referendum nicht nur für Steuererhöhungen, sondern für den Voranschlag gelten sollte. Abstimmung im Kantonsrat: 89 Nein, 19 Ja und 3 Enthaltungen.

SVP gegen den Rest der Welt

SP will Firmensteuern erhöhen

Die SVP ist nicht die einzige Partei, die sich mit einer Volksinitiative an das Thema Steuern wagt. Von linker Seite wurde die Initiative «Für faire Unternehmenssteuern» lanciert. Diese verlangt, die Halbierung der Unternehmensgewinnsteuern im Rahmen der Steuerstrategie des Kantons teilweise rückgängig zu machen. Der Regierungsrat und die Mehrheit des Kantonsrates lehnen die Initiative ab (zentralplus berichtete). Ein möglicher Termin für diese Volksabstimmung wäre der 25. September 2016.

Und darum geht’s: Die SVP des Kantons Luzern hat im April vergangenen Jahres 4571 gültige Unterschriften für die Volksinitiative «Steuererhöhungen vors Volk!» gesammelt. Sie verlangt, dass bei einer Erhöhung des Steuerfusses in jedem Fall eine Volksabstimmung durchgeführt wird. Die Initiative wurde im Zusammenhang mit der durch den Kantonsrat für den Voranschlag 2014 beschlossenen Erhöhung des Steuerfusses um einen Zehntel lanciert.

Nebst allen Parteien ausser der SVP lehnt auch die Luzerner Regierung die SVP-Initiative ab. «Könnte das Parlament nur noch die kantonalen Leistungen bestimmen, nicht aber die zur Erfüllung notwendigen Mittel, drohten chaotische Zustände bei der Finanzplanung», sagte Finanzminister Marcel Schwerzmann bereits im Vorfeld. Mittels fakultativen Referendums bestünde zudem bereits heute die Möglichkeit, das Volk über Steuererhöhungen – ab dem aktuellen Steuerfuss von 1,6 Einheiten – entscheiden zu lassen.

Blick von der Zuschauertribüne im Kantonsrat runter in den Saal auf die Luzerner Regierung.

Blick von der Zuschauertribüne im Kantonsrat runter in den Saal auf die Luzerner Regierung.

(Bild: lwo)

 

Tenor: Unnötig

Den Auftakt zur Debatte machte Urs Marti (CVP): «Der Kantonsrat beschliesst über Ausgaben und Einnahmen und ist dafür verantwortlich. Eine Aufteilung wäre nicht förderlich. Die Kompetenzen des Kantonsrates würden mit der SVP-Initiative massgeblich beschnitten.» Das erschwert laut Marti eine sinnvolle Finanzplanung. Bei einer Ablehnung durch das Volk müsste laut ihm von einem budgetlosen Zustand ausgegangen werden, was negative Auswirkungen hätte. «Wir wollen die Hoheit über den Steuerfuss nicht abgeben und uns damit aus der Verantwortung ziehen.»

«Es muss eine Debatte darüber stattfinden, wie viele staatliche Leistungen wir wollen.»

Reto Frank, SVP

Mit den Worten seines Vorredners war SVP-Sprecher Reto Frank logischerweise gar nicht einverstanden. «Es muss eine Debatte darüber stattfinden, wie viele staatliche Leistungen wir wollen. Mit der heutigen Regelung sind Steuererhöhungen zu leicht möglich.» Das obligatorische Referendum würde laut Frank für einen haushälterischen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln sorgen. Und Frank gab auch Entwarnung: «Die Budgetkompetenzen liegen nach wie vor beim Parlament, denn das Parlament muss es ja beraten, nicht das Volk.»

Seitens der FDP machte Heidi Scherer klar, warum ihre Fraktion gegen die Initiative ist: «Interessanterweise soll gemäss der SVP-Initiative das Volk nicht das letzte Wort haben, wenn die Steuern gesenkt würden oder gleich bleiben.» Der Steuerertrag mache zudem bloss einen Drittel der Einnahmen des Kantons aus. «Ein Ja zu dieser Initiative würde den Budgetprozess erschweren und ungenauer machen. Denn zum Zeitpunkt der Zusammenstellung der Unterlagen würden wesentliche Informationen fehlen.» Die Initiative sei schlicht unnötig.

Seitens der SP wiederholte Giorgio Pardini die meisten Argumente seiner Vorrednerin: «Das Parlament muss seine Aufgaben auch weiterhin wahrnehmen können.» Danach aber verwies er auf den eingangs erwähnten, aber schlussendlich abgelehnten Gegenentwurf von SP und Grüne.

Grüne verteidigen Kanton

Auch für Hans Stutz (Grüne) gehört die SVP-Initiative abgelehnt, weil sie schlicht unnötig sei. Stutz argumentierte: «Wir hören zudem immer wieder das Argument, dass wir über die staatlichen Leistungen diskutieren müssen. Das ist mit dem geltenden Referendum möglich.» Zudem ärgerte sich Stutz: «Dem Kanton wird unterstellt, dass er nicht haushälterisch arbeitet. Das gehört längst zu den Urban Legends und trifft nicht zu.»

«Die Beratung und Entscheidungen über das komplexe Geschäft Budget sollen in den Händen des Kantonsrates bleiben.»

Michèle Graber, GLP

Für die GLP nahm Michèle Graber Stellung. Auch sie betonte die gleichen Argumente wie ihre Vorredner: «Der Steuerfuss ist ein wichtiger Teil auf der Finanzierungsseite. Dieser darf aber nicht separat betrachtet werden. Die Einheit von Einnahmen und Ausgaben wäre mit der Initiative nicht mehr gegeben.» Ein obligatorisches Referendum mache nur bei grundsätzlichen Fragen wie einer Verfassungsänderung Sinn. «Die Beratung und Entscheidungen über das komplexe Geschäft Budget sollen in den Händen des Kantonsrates bleiben.»

Warnung vor Ungewissheit

Dem sich abzeichnenden klaren Nein des Kantonsrates stemmt sich dann noch Guido Müller (SVP) entgegen: «Was ist die Alternative, wenn es so weitergeht wie jetzt? Dann kann der Bürger das Referendum ergreifen. Solange diese Frist läuft, ist das Budget nicht in Kraft. Wie zuletzt in der Stadt Luzern. Diese Ungewissheit dauert bis zum Ablauf der Frist, ergibt also mindestens zwei bis drei Monate Ungewissheit.» Die Abstimmung würde dann gemäss Müller nicht vor Ende März oder April stattfinden. «Wenn das Volk dann Nein sagt, fängt der ganze Prozess wieder von vorne an. Bitte berücksichtigen Sie das.»

«Die Bevölkerung soll nur dort mitreden können, wo es der SVP passt, und sonst nicht.»

David Roth, SP

Wenig schmeichelhafte Worte für die Initiative fand dann noch David Roth (SP): «Die Bevölkerung soll nur dort mitreden können, wo es der SVP passt, und sonst nicht. Vielen Bürger geht’s nicht nur darum, wie viel sie zahlen müssen, sondern auch, was sie dafür bekommen. Wenn es Ihnen wirklich um die Demokratie gehen würde, würden Sie unserem Gegenvorschlag zustimmen.» Sonst handle es sich hier um eine massgeschneiderte Kampagne für die SVP.

Das liess Angela Lüthold (SVP) nicht auf sich sitzen: «In den Gemeinden ist es eine Selbstverständlichkeit, über den Steuersatz abzustimmen. Wieso soll dies nicht auch auf kantonaler Ebene möglich sein?» Ähnliche Modelle gebe es zudem auch in Kantonen wie etwa Basel-Land. «Unsere Initiative würde den Druck erhöhen, vorsichtiger mit den zur Verfügung stehenden Mitteln umzugehen.»

Zu langer Prozess

Regierungsrat Marcel Schwerzmann hielt sich selbst kurz und knapp. Er mahnte: «Budget und Steuerfuss sind ein Zwillingspaar, das zusammengehört. Wenn Sie die Steuern heben oder senken, macht das unter Umständen nur 1 Prozent des Budgets aus.» Mit einem obligatorischen Referendum dauere der Budgetprozess über ein Jahr; wenn er abgelehnt werde, noch länger. Zum Gegenentwurf von SP und Grüne mahnte Schwerzmann: «Wenn dann auch noch über das Budget abgestimmt werden soll, dauert der ganze Prozess bis zwei Jahre.» Und das sei sicher keine gute Lösung.

Michael Töngi (Grüne) wollte die SVP-Initiative zurückweisen lassen, um den Weg für den Gegenvorschlag freizumachen. Er begründete: «Wenn man mehr Mitsprache für die Bevölkerung will, ist es falsch, nur über den Steuerfuss abzustimmen und nicht über den Voranschlag.» Was wirklich einschränke, seien oft Dinge wie Prämienverbilligungen oder Sparmassnahmen beim öV, und diese seien im Voranschlag enthalten. Allerdings hat das Luzerner Stimmvolk vor zehn Jahren bereits über das gleiche Vorhaben abgestimmt. «Es wäre aber richtig, das Vorhaben nun nochmals der Bevölkerung vorzulegen. Klar macht es das System nicht einfacher», räumte Töngi ein. Aber es wäre kein fundamentaler Wechsel, versicherte er.

Stellvertretend für die Ratsmehrheit begründete Heidi Scherer (FDP), warum man von diesem Gegenvorschlag nichts hält: «Das Volk könnte zum Budget nur Ja oder Nein sagen, das macht doch keinen Sinn.»

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