Initiative will Luzerner Agglo entlasten

Neuer Anlauf für günstigeres Wohnen

Die SP bei der Einreichung ihrer Initiative «zahlbares Wohnen für alle» im Februar 2016.

(Bild: jwy)

Sind steigende Mieten nicht vor allem in Städten ein Problem? Nein, findet die SP Luzern. Und reicht ihre kantonale Initiative «zahlbares Wohnen für alle» ein. Sie fordert mehr gemeinnützigen Wohnungsbau auch in der Agglo. Was prompt den Vorwurf der Planwirtschaft nach sich zieht.

Die SP Kanton Luzern macht sich nun auch auf Kantonsebene für günstige Wohnungen stark: Sie hat diesen Dienstag ihre kantonale Initiative «Zahlbares Wohnen für alle» mit 4714 Unterschriften eingereicht. «In Luzern wird es immer schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Und die Politik schaut zu», argumentiert die SP. Besonders für Familien und Wenigverdienende werde es immer schwieriger.

Das will die SP mit ihrer Initiative ändern. Die Partei fordert den Kanton auf, Wohnbaugenossenschaften zu fördern, da diese im Schnitt 20 Prozent tiefere Mieten verlangen, mehr Familienwohnungen anbieten und verdichteter bauen als Private.

Eine Tradition geht verloren

Aber sind denn teure Wohnungen nicht primär ein Problem im urbanen Raum? Beat Züsli, SP-Kantonsrat und Vorstand im Mieterverband, verneint: «Wir stellen fest, dass immer mehr auch Agglomerationen von steigenden Mieten betroffen sind – oder auch der Grossraum Sursee. Das war für uns der Anlass für die kantonale Initiative.»

«Der Kanton Luzern kennt keine Wohnraumförderung, er hat sich da völlig zurückgezogen.»

Beat Züsli, SP-Kantonsrat

Die SP will nach eigenen Worten die «Tradition des gemeinnützigen Wohnungsbaus stärken». Diese gehe immer mehr verloren, glaubt Beat Züsli: «Der Kanton Luzern kennt keine Wohnraumförderung, er hat sich da völlig zurückgezogen.»

Mit drei Massnahmen will die SP dem Kanton Luzern Beine machen. Das Ziel ist, mehr günstigen Wohnraum zu schaffen und Böden vor Immobilienspekulanten zu schützen.

  • Abgabe von Land an Baugenossenschaften: Der Kanton müsste Land oder Liegenschaften zu tragbaren Bedingungen an gemeinnützige Bauträger verkaufen oder im Baurecht abgeben.
  • Ein Wohnraumfonds: Baugenossenschaften erhalten Mittel, um Bauland zu erwerben oder für Gebäudesanierungen. Der Kanton soll dafür langfristige, zinsgünstige Darlehen zur Verfügung stellen. Der Fonds soll während zehn Jahren mit mindestens 0,1 Promille der bei der Gebäudeversicherung versicherten Versicherungswerte gespeist werden. Das wären rund 10 Millionen Franken im Jahr.
  • Vorkaufsrecht für Gemeinden zur aktiveren Förderung des gemeinnützigen Wohnbaus. Laut Initianten erhalte die Bevölkerung so mehr Mitsprache über die Nutzung des Bodens.

Laut Bundesverfassung müssen sich Kantone dafür einsetzen, dass «Wohnungssuchende für sich und ihre Familien eine angemessene Wohnung zu tragbaren Bedingungen finden können». «Der Kanton vernachlässigt diesen Auftrag sträflich – die Luzerner Mieten steigen so schnell wie sonst fast nirgends in der Schweiz», sagt SP-Kantonsrat Marcel Budmiger.

Unterschriftenboxen für «zahlbares Wohnen für alle».

Unterschriftenboxen für «zahlbares Wohnen für alle».

(Bild: jwy)

Keinen Handlungsbedarf sieht Damian Hunkeler, FDP-Kantonsrat und Vorstandsmitglied des Hauseigentümerverbands. Er sieht nicht ein, wieso die öffentliche Hand im Wohnungsbau aktiv werden sollte – oder der Genossenschaft Land günstig abgeben sollte. «Es reicht, wenn der Kanton gute Rahmenbedingungen für Genossenschaften schafft. Er muss den gemeinnützigen Wohnungsbau nicht aktiv fördern», sagt Hunkeler. Und im Moment sei es sowieso kein Problem, an günstiges Geld zu kommen – einen Wohnraumfonds erachtet Hunkeler als unnötig.

«Steigende Mieten in Hotspots sind ein Marktmechanismus. Inzwischen flachen die Preise wieder ab.»

Damian Hunkeler, FDP-Kantonsrat

Zudem: «Wer würde kontrollieren, ob das Geld richtig eingesetzt wird?», fragt Hunkeler. Ob also auch jene Leute in den günstigen Wohnungen leben würden, die es nötig hätten. Das zu kontrollieren, wäre dann wohl auch Aufgabe des Kantons. Letztlich seien steigende Mieten in Hotspots ein Marktmechanismus, sagt Hunkeler. Aber inzwischen flachten die Preise eher wieder ab.

Bürgerliche gegen «Planwirtschaft»

Die Luzerner Regierung wollte bereits 2014 mehr günstigen Wohnraum schaffen, wurde aber vom Kantonsrat ausgebremst. Die Regierung wollte Grundstücke von Kanton, Gemeinden oder Privaten im Baurecht einer öffentlich-rechtlichen Anstalt zur Verfügung stellen. Doch die bürgerliche Mehrheit war gegen diese «Planwirtschaft».

Linke und Mieterverband sind momentan auf verschiedenen Ebenen aktiv, auch national ist eine ähnliche Initiative unterwegs. Der Mieterverband sammelt Unterschriften für die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen». Beat Züsli dazu: «Es ist nötig, dass wir auf allen Ebenen Vorstösse lancieren. Was bis jetzt noch fehlte, ist die kantonale Unterstützung.»

Vorbild Stadt Luzern

In der Stadt Luzern ist man schon weiter: Hier wurde zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus 2012 die Wohnraum-Initiative angenommen – auch wenn es mit der Umsetzung derzeit noch harzt (zentral+ berichtete am Montag). Die Initiative verlangt, dass der Anteil an gemeinnützigen Wohnungen innert 25 Jahren von 14 auf 16 Prozent erhöht wird.

Vor ein paar Jahren scheiterte der Mieterverband auf Kantonsebene: Er lancierte 2007 im Kanton Luzern die Volksinitiative «Für zahlbares und attraktives Wohnen». Diese forderte die Ergänzung der Staatsverfassung mit folgendem Zusatz: «Kanton und Gemeinden treffen Massnahmen für die Erhaltung preisgünstiger Wohnungen, tragen zur Verbesserung der Wohnverhältnisse bei und fördern den sozialen Wohnungsbau.» Die Initiative scheiterte 2009 in der Abstimmung – sie löste jedoch eine breite Diskussion zum Thema aus.

4714 Unterschriften gegen hohe Mieten: Die SP reicht ihre Initiative bei der Staatskanzlei ein.

4714 Unterschriften gegen hohe Mieten: Die SP reicht ihre Initiative bei der Staatskanzlei ein.

(Bild: jwy)

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