Imagewandel der Gemeinde Emmen

Vom Agglo-Sumpf zum hippen Stadtzentrum

Die neue Viscosi-Stadt soll zum zweiten Stadtzentrum Luzern Nord werden. (Bild: viscosistadt.ch)

Urban, frisch und hip soll Emmen künftig werden – die Gemeinde befindet sich im Umbruch und will sich vom negativen Image der Vergangenheit befreien. Wie man das anstellen soll, weiss man allerdings noch nicht so genau. Sicher ist: Als Multikulti-Stadt will man sich nicht sehen.

Da tut sich was im Norden Luzerns: Obwohl die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen sind, ist der Seetalplatz bereits heute kaum wieder zu erkennen und auf dem Industrieareal der ehemaligen Viscosefabrik entsteht mit der Viscosi-Stadt auf 300’000 Quadratmetern ein neues urbanes Zentrum. Dort fasst unter anderem die Hochschule für Kunst und Design Fuss (zentral+ berichtete) und macht Emmen zum Hochschulstandort.

Urban, frisch und hip soll künftig alles werden – kein Wunder, will sich die Gemeinde mit ihren 30’000 Einwohnern allmählich von den Altlasten ihres oft von Negativitäten geprägten Images befreien. Ausländer, Kriminalität, Ghetto, die «Emmenbronx» eben, wie es vielfach hiess. Der Agglomerations-Sumpf, der mit seinem überdurchschnittlich hohen Ausländeranteil und Sozialhilfebezügern auffällt.

Nun will man vorwärtsblicken, die Zukunft anpacken und mitgestalten. Es herrscht Aufbruchstimmung, das wurde an den traditionellen Dreikönigsgesprächen vom Mittwoch mit dem Emmer Gemeinderat deutlich. Normalerweise geht es dabei um Ereignisse und Ergebnisse aus dem vergangenen Jahr, heuer jedoch um die Gestaltung der Zukunft – die wohl grösste Herausforderung für Emmen.

«Die Aussenbetrachtung von Emmen hat sich ins Positive verändert, dynamische Entwicklung und städtebauliche Impulse stehen heute für Emmen.»
Urs Dickerhof, Finanzdirektor Gemeinde Emmen (SVP)

«Emmen ist im Umbruch», sagt SP-Gemeinderätin Susanne Truttmann-Hauri. «Die verschiedenen Interessen und Ansprüche der Bevölkerung unter einen Hut zu bringen, erfordert neue Ideen und Wege. Anlässe und Orte im öffentlichen Raum, die gemeinsame Erlebnisse schaffen und dem Leben der Gemeinde dienen.» Kein Wunder: Die Gemeinde Emmen vereint 120 Nationalitäten, das Ländliche trifft auf das Urbane und alteingesessene Emmer auf Neuhinzugezogene.

Hinter der Planlosigkeit steht ein Konzept

Doch in welche Richtung will man sich entwickeln? Wie will man sich künftig positionieren? Einen Plan dazu hat man in Emmen anscheinend nicht – ausser man sieht hinter dieser Planlosigkeit ein Konzept. Und dieses scheint es tatsächlich zu geben und es hat sich sogar verselbstständigt. Es gibt eine Vision, die bereits zur Realität geworden ist, die für Aussenstehende zumindest nicht auf den ersten Blick durchschaubar ist: Emmen ist nicht mehr das, was es mal war.

«Mit Multikulturalität zu hausieren, kommt für uns nicht infrage.»
Rolf Born, Gemeindepräsident (FDP)

Das schien auch den beiden Experten noch nicht aufgefallen zu sein, die der Gemeinderat an die Gespräche im Zentrum Gersag einlud, um sich ihre Strategien für die zukünftige Entwicklung der Gemeinde anzuhören, und die sich alles andere als einig darüber waren, wie sich Emmen in Zukunft positionieren soll. Auf der einen Seite stand Carol Ramuz, CEO von Brand Soul, einem Unternehmen, das sich darauf spezialisiert hat, Marken eine eigene Identität zu verschaffen. Ihr Rat in Kürze: Auf Altbewährtes setzen und ja kein Risiko eingehen.

Auf der anderen Seite stand Otto Steiner der Steiner Sarnen AG. Sein Rat: Ja nichts steuern oder erzwingen wollen. «In einem kulturellen Schmelztiegel wie Emmenbrücke liegt ein grosses Potenzial», ist er überzeugt. Emmen sollte mehr in die Integration der Migranten investieren, sie ins gesellschaftliche Leben einbinden und ihnen eine Plattform bieten, um sich selbst verwirklichen zu können. So liesse sich die Multikulturalität der Gemeinde als positive Qualität vermarkten. Ganz von selbst, man solle die Leute einfach machen lassen.

Grossanlässe sollen Image aufmotzen

Welchen Weg bevorzugt der Gemeinderat? «Multikulturalität ist bereits ein Bestandteil der Identität von Emmen», meint Gemeindepräsident Rolf Born (FDP). Vielfalt habe auch ihre starken Seiten. Gerade im täglichen Leben, wie etwa in der Schule, gäbe es längst keine Separation mehr. «Der Kontakt untereinander findet statt und wir fördern den Austausch auch seitens der Gemeinde», so Born. «Aber mit Multikulturalität zu hausieren, kommt für uns nicht infrage.» Vielmehr setze man seit 2009 darauf, mit Grossanlässen von regionaler Bedeutung ein positives Bild der Gemeinde nach aussen zu tragen.

Finanzdirektor Urs Dickerhof, Gemeindepräsident Rolf Born und Nationalrat Felix Müri (v.l.) sind sich einig: Emmen hat sich gewandelt – nun muss man das nur noch nach aussen tragen.

Finanzdirektor Urs Dickerhof, Gemeindepräsident Rolf Born und Nationalrat Felix Müri (v.l.) sind sich einig: Emmen hat sich gewandelt – nun muss man das nur noch nach aussen tragen.

(Bild: azi)

Dem pflichtet auch Finanzdirektor und Kantonsrat Urs Dickerhof (SVP) bei. Multikulturalität werde bereits aktiv gelebt. Vielmehr wolle man zeigen, dass Emmen daneben noch mehr zu bieten habe, und dies nach aussen tragen. «Gerade der hohe Ausländeranteil unserer Gemeinde ist uns immer negativ angelastet worden», meint er.

Von der Ruag bis ins Weltall

Diese Wahrnehmung habe sich in den vergangenen Jahren jedoch bereits geändert. «Die Aussenbetrachtung von Emmen hat sich ins Positive verändert, dynamische Entwicklung und städtebauliche Impulse stehen heute für Emmen», so Dickerhof weiter. Es gelte aber weiterhin am Image der Gemeinde zu arbeiten. «Schliesslich soll Emmen auch für weitere Zuzüger attraktiv sein.»

«Als meine Kinder in die Schule kamen, haben wir über einen Wegzug gesprochen.»
Felix Müri, SVP-Nationalrat

Seit man beschlossen habe, eine eigenständige Gemeinde zu bleiben, hätte man ein neues Bewusstsein entwickelt. Man sehe sich als attraktiven Wirtschaftsstandort und diesen weiter zu fördern, sei ihm als Finanzdirektor besonders wichtig. Schliesslich reiche Emmen bereits heute von der Ruag bis ins Weltall, lacht Dickerhof.

Kein Sorgenkind mehr

Multikulturalität im Speziellen zu fördern, gehört somit nicht zur künftigen Strategie der Gemeinde Emmen. «Warum auch, das lebt von selbst», meint Nationalrat Felix Müri. Gerade darum sei er Emmen immer treu geblieben. «Emmen, das ist eine Grossstadt mit Dorfcharakter – hier gibt es einfach alles.»

«Multikulturalität kann man nicht erzwingen», weiss er aus eigener Erfahrung. Viele Jahre über war er Präsident des Quartiervereins Meierhöfli und hatte damals immer wieder versucht, Anlässe unter dem Motto einer bestimmten Migrantenkultur zu organisieren. «Lediglich die Spanier sind gekommen – wahrscheinlich weil sie sich hier bereits heimisch fühlen», so Müri.

Wie lebt es sich als SVP-Politiker in einer Gemeinde, die gerade aufgrund der Ausländerthematik immer wieder von sich reden macht? «Als meine Kinder in die Schule kamen, haben wir über einen Wegzug gesprochen», erzählt Müri. Doch das sei dann doch nicht infrage gekommen. «Die Vorteile von Emmen überwogen letztlich.»

Im Nachhinein findet er sogar, dass seine Kinder vom multikulturellen Umfeld an der Schule profitiert haben. Sie hätten Kompetenzen im Umgang mit Menschen verschiedenster Herkunft erwerben können, was andernorts kaum möglich gewesen wäre. Für ihn ist deshalb auch klar: «Emmen ist längst kein Sorgenkind mehr.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von djdevil
    djdevil, 07.01.2016, 13:55 Uhr

    Als Rothenburger hat Emmen für mich den gleichen Ruf wie vor 15, 10 Jahren. Genau wie Littau und die Baselstrasse. Orte die ich meide.

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