Heisse Debatte im Luzerner Kantonsrat

Wie das Budget zur Wundertüte wird

Fachklasse Grafik eliminieren, Zusatzstunden für Lehrer, weniger Polizeipatrouillen: Am Montag gilt es im Luzerner Kantonsrat ernst. Die Budgetdebatte steht an. Wir klären hier die wichtigsten Fragen vorab.

An diesem Montag wird im Luzerner Kantonsratssaal hart gekämpft: Die Kantonsregierung muss neben dem laufenden Entlastungsprogramm bis 2019 zusätzlich noch 330 Millionen Franken einsparen. In der kommenden Session wird über das Budget 2016 und die Finanzplanung bis 2019 beschlossen. Doch so viel steht bereits fest: Ob Bildung, Gesundheit, Kultur, Sicherheit oder Soziales – es gibt kaum einen Bereich, der nicht vom geplanten Sparpaket betroffen ist (zentral+ berichtete). Hier die wichtigsten Fragen dazu.

 

#1 Was gibt am meisten zu reden?

Für reichlich Unmut sorgen die Vorschläge auf der Ausgabenseite:

  • Die Fachklasse Grafik soll geschlossen werden, so rechnet man fürs nächste Jahr mit Einsparungen von 240’000 Franken, für 2017 mit 400’000 und für 2018 mit 950’000 Franken.
  • Ab 2016 sollen eine Woche weniger Arbeit in Gymnasien und in der Berufs- und Weiterbildung (Zwangsferienwoche) zu jährlichen Ersparnissen von 4 Millionen Franken führen. Zudem sollen Gymilehrer pro Woche eine halbe Lektion mehr, Berufsschullehrer eine Lektion mehr arbeiten. Macht 2 Millionen Franken.
  • Universität und Fachhochschule erhalten keinen höheren Trägerschaftsbeitrag. Ersparnis 2016: 1,05 Millionen Franken.
  • Weniger Patrouillen: Die Luzerner Polizei soll dauerhaft auf eine Patrouille pro Tag verzichten. Macht 1,4 Millionen Franken weniger pro Jahr.
  • Höhere Gebühren: Das Strassenverkehrsamt soll höhere Gebühren für Kontrollschilder (0,4 Millionen Franken) und Fahrzeug-/Führerprüfungen (0,5 Millionen) verlangen.
  • Weniger Prämienverbilligungen: Gemeinden und Kanton sollen ihre Mittel für die individuellen Prämienverbilligungen um je 1,2 Millionen Franken kürzen.
  • Sach- und Betriebsaufwand: Dieser soll in allen Bereichen um 2,4 Prozent sinken, was 5,3 Millionen Franken einbringt. Löhne: Das generelle Wachstum beim Personalaufwand soll um 1 Prozent reduziert werden. Das bedeutet keine Lohnreduktion, sondern eine Kürzung bei den Personalnebenleistungen.
  • Gespart werden soll auch über Personalabbau mittels Fluktuation.
  • Gesundheit und Bildung: Im Gesundheits- und Sozialdepartement sowie im Bildungsdepartement soll der Personalaufwand stärker, um 5 statt 1 Prozent, gekürzt werden.
  • Im Asyl- und Flüchtlingsbereich ist die Kantonalisierung des Asylwesens eingerechnet (Budget 2015: 21,3 Millionen/2016: 27,5 Millionen Franken). Der Personalaufwand bei der Bildung reduziert sich von 279,1 auf 260,5 Millionen Franken. 
 

#2 Welche Massnahmen werden wohl aus dem Budget gestrichen?

Der Verlauf der Diskussion im Kantonsrat ist offen. Beobachter sprechen von einer wahren «Wundertüte» und von «Kaffeesatzlesen». Die Haltungen der Parteien waren bisher ziemlich unterschiedlich.

Auch die Entscheide der vorberatenden Finanzkommission waren äusserst knapp: Sie schlug vor, einige Sparbemühungen des Regierungsrats bei der Bildung zu streichen, unterstützte aber dessen Vorschläge im Polizeibereich (zentral+ berichtete). Zudem war sie für die Zwangsferien.

Fest steht bis jetzt: Die Fachklasse Grafik wird mit einem blauen Auge davonkommen. SP, Grüne und CVP haben sich deutlich gegen die Schliessung ausgesprochen. Die FDP ist gespalten (zentral+ berichtete). Die Diskussion rund um die Fachklasse Grafik wird insofern weitergehen, als man Alternativen aufzeigt. Die CVP will etwa eine Erhöhung der Ausbildungsplätze in der Grafikbranche prüfen lassen. 

#3 Welche Haltung haben die Parteien zu den Sparmassnahmen?

Das Budget für 2016 wird in seine Einzelteile zerpflückt. Schliesslich wollen alle Parteien zwar einen Finanzplan. So einfach wie das aber klingt, so unterschiedlich sind die Auffassungen, wie das Ganze zustande kommen soll. Mit diesen Haltungen gehen die Parteien in die Debatte:

Die SVP (29 von 120 Sitze) trägt den Sparkurs der Regierung mit. Sie wird grundsätzlich alles ablehnen, was zu einer Verschlechterung des Budgets führt. Zu einzelnen Sparmassnahmen nimmt die Partei bis am Montag keine Stellung. 

Auch die FDP (25 Sitze) will an den Sparvorschlägen der Regierung festhalten. Man habe das Gesamtpaket als verantwortbar befunden, einzige Ausnahme wie gesagt: Die Schliessung der Fachklasse Grafik. 

Die CVP (38 Sitze) will keine Abstriche bei der Sicherheit, keine zusätzlichen Belastungen für Familien und «Schnellschüsse» bei der Bildung. Sie stellt sich also gegen die Reduktion der Patrouillendichte und den Verzicht auf die Bewachung des Kantonsrats und der Gerichte. Auch die von der Regierung vorgeschlagenen Gebührenerhöhungen im Bildungsbereich unterstützen die Christdemokraten nicht.

Stattdessen will die CVP die gestrichenen Sparmassnahmen ausgleichen, in dem in allen statt bloss in zwei Departementen fünf Prozent Personalkosten eingespart werden (zentral+ berichtete). Sie fordert ausserdem, dass für alle Lehrer eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung überprüft werde.

Die SP (16 Sitze) holt zum Rundumschlag aus. Sie wird das Budget 2016 mit den Sparmassnahmen ablehnen, falls nicht auch über höhere Einnahmen diskutiert werde. Die Abbaumassnahmen insbesondere im Bildungs- und Sozialbereich seien für die Betroffenen nicht mehr tragbar. Die Sozialdemokraten reichen deshalb mehrere Anträge ein. Eine fundierte Auseinandersetzung mit den Konsequenzen fehle nach wie vor. Eine rote Linie sei längst überschritten.

Ähnlich argumentieren die Grünen (7 Sitze). Auch für sie sind die Sparmassnahmen der Regierung zu viel. Mit einem dringlichen Vorstoss fordern die Grünen zudem eine Aussetzung der Schuldenbremse (zentral+ berichtete). 

Die Grünliberalen (5 Sitze) unterstützen die Steuerstrategie des Kantons ähnlich wie die SVP, FDP, und CVP. Sie sehen die Einhaltung der Schuldenbremse als wichtiges Ziel für das Budget 2016. Längerfristig sollen alle Gesichtspunkte auf der Einnahme- und Ausgabenseite im Gesamtkontext zu beurteilen sein.

#4 Welche Rolle spielt die Schuldenbremse?

Die Schuldenbremse definiert den gesetzlichen Spielraum, den das Parlament zur Verfügung hat. Alle Schulden, die man macht, müssen in den nächsten fünf Jahren wieder abgebaut werden können. Von den Grünen gibt es bereits Vorschläge, die Schuldenbremse zu lockern. Auch die CVP hat an ihrer Parteiversammlung schon einmal laut darüber nachgedacht. 

Für die Debatte heisst dass, wenn eine Sparmassnahme aus dem Budget gestrichen wird, muss das Geld woanders eingespart werden. So wie das Budget 2016 vorliegt, ist es knapp gelungen, die Vorgaben der Schuldenbremse einzuhalten. Ein Defizit von 19,8 Millionen Franken zeichnet sich ab, bei Investitionen von 144,9 Millionen Franken (bei einem 3,7-Milliarden-Haushalt). Das entspricht knapp den gesetzlichen Vorgaben. 

#5 Gibt es Alternativen?

Die Parteien haben die Möglichkeit, bis Freitagabend verschiedene Anträge einzureichen. Bereits Anfang November sind dutzende Anfragen eingegangen. In der Budgetdebatte wird sich zeigen, welche Vorschläge eine Mehrheit finden werden. 

#6 Was passiert, wenn das Budget abgelehnt wird?

Dann wird in der Frühlingssession neu darüber verhandelt. Bis dahin kann der Kanton nur die nötigsten Ausgaben tätigen und beispielsweise Löhne auszahlen. Neue Investitionen können hingegen keine angegangen werden. Einen direkten Einfluss auf die langfristige Finanzplanung (AFP) hätte das nicht. 

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