SVP-Kandidat fühlt sich gemobbt

SVP nominiert With – Eklat um Schärli

Peter With heisst der SVP-Stadtratskandidat. Wechselt er nun im Ratssaal von der Parlamentarierseite (links) auf jene der Stadträte (rechts an der Wand)? (Bild: zVg/thor)

Damit hat niemand gerechnet: Der Geheimfavorit Thomas Schärli zieht seine Nomination für die Luzerner Stadtratswahlen zurück. Davon profitiert Parteipräsident Peter With, er wird für die SVP nächsten Frühling in den Ring steigen. Doch Schärlis Rückzug geschah nicht im Guten – er prangert Intrigen an.

Wäre er an diesem Freitagabend angetreten, er hätte es womöglich geschafft. Doch der Littauer SVP-Kantonsrat Thomas Schärli (35) hat genug. Er zog an der SVP-Delegiertenversammlung zur Überraschung aller Anwesenden seine Kandidatur für die Stadtratswahlen 2016 zurück. Damit machte er den Weg frei für die Wahl von Parteipräsident Peter With (43). Der dritte Kandidat im Bunde, Fraktionschef Marcel Lingg (50), trat ebenfalls nicht zur Nomination an und zog seine Kandidatur noch vor Schärli zurück. With wurde in der Folge mit 32 Stimmen für die Stadtratswahlen nominiert, neun Stimmen wurden leer eingelegt oder betrafen Kandidaten, die gar nicht antraten.

«Wir sind alle von diesen Rückzügen überrascht worden.»

Peter With, SVP-Präsident und Stadtratskandidat

Ein sichtlich erleichterter Peter With sagte nach der Wahl zu zentral+: «Wir sind alle von diesen Rückzügen überrascht worden. Ich finde es natürlich sehr gut, das bringt auch wieder Ruhe in die Partei. Ich freue mich sehr auf diese Herausforderung und bin voll motiviert.» Nun werde man das Gespräch mit den anderen bürgerlichen Parteien suchen. Ziel sei es, die bürgerliche Seite im Rat zu stärken. «Dazu braucht es die Zusammenarbeit unter den Bürgerlichen.»

Schafft es die SVP erstmals?

Seit zwölf Jahren bei der SVP

Peter With, 43, ist Geschäftsführer in seinem Littauer Familienbetrieb With Metallbau. 2003 trat der Familienvater der SVP Littau bei, wo er bald in die Parteileitung nachrutschte. Von 2004 bis 2009 sass With im Littauer Einwohnerrat, nach der Fusion mit der Stadt Luzern wurde er 2011 Stadtparlamentarier. In diesem Jahr wurde er auch in die Parteileitung der kantonalen SVP aufgenommen. Seit 2012 ist With zudem Parteipräsident. Einen herben Dämpfer erlebte der ambitionierte With, als er heuer von der Stadt-SVP nicht für die Nationalratswahlen nominiert wurde – er unterlag dem Jungspund Thomas Schärli klar. Erst die kantonale SVP verhalf ihm dann doch noch auf die Liste. Bei den Wahlen vom 18. Oktober landete With zu seiner eigenen Enttäuschung aber auf dem letzten SVP-Platz, wenn auch nur knapp.

Peter With wird nun also bei den Gesamterneuerungswahlen vom 1. Mai 2016 versuchen, als erster SVP-Vertreter überhaupt in die Stadtregierung gewählt zu werden. Bislang sind alle Versuche hochkant gescheitert. Aktuell sitzen in der Exekutive Martin Merki (FDP), Stefan Roth (CVP), Manuela Jost (GLP) und Adrian Borgula (Grüne). Stadträtin Ursula Stämmer (SP) wird bekanntlich als einzige nicht mehr zur Wiederwahl antreten. Ihren Sitz erben möchten die SP-Kandidaten Beat Züsli, Daniel Furrer und Giorgio Pardini. Die Entscheidung, wer von diesem Trio ins Gefecht zieht, fällt an der SP-Versammlung anfangs Dezember.

Eine Wahl von Peter With nächsten Frühling halten Szenekenner jedoch für eher unrealistisch. Denn falls das klappen würde, ginge es wohl auf Kosten des GLP-Sitzes von Manuela Jost. Dann aber hätte die Stadt eine Mitte-Rechts-Regierung. Und das entspricht nicht den politischen Verhältnissen der Stadtluzerner, die eher Mitte-Links orientiert sind.

«Genug ist genug»

Zudem: Was Peter Withs Wahlchancen auch nicht pushen werden, sind die spätestens diesen Freitagabend ans Licht gekommenen internen Streitereien. So wurde die Nomination des als so klugen wie sturen geltenden Schaffers von unschönen Nebentönen begleitet. Thomas Schärlis Chancen, von den SVP-Mitgliedern nominiert zu werden, wären gross gewesen. Zwar ist der Littauer noch jung, er kann aber hervorragend Anhänger mobiliseren – was ihm auch einige Neider eingebracht hat.

«Man kann es mit Intrigen auch übertreiben.»

Thomas Schärli, SVP

Dass er an diesem Freitagabend dann doch nicht zur Nomination antrat, begründete Schärli an der Versammlung mit recht unverblümter Kritik an seinen Konkurrenten: «Wahlkämpfe, gerade parteiintern, sind leider sehr oft keine schöne Angelegenheit. Das musste ich leider erfahren. Dies beunruhigte mich anfänglich überhaupt nicht. Doch was in letzter Zeit auf mich zukam, dies ging nicht einfach so spurlos an meiner Person und meiner Familie vorbei. Und da sagte ich mir, zusammen mit meiner Partnerin: Genug ist genug. Man kann es mit Intrigen auch übertreiben.»

Thomas Schärli an einer Standaktion.

Thomas Schärli an einer Standaktion.

(Bild: zVg)

Dann wird Schärli konkreter und bezichtigt die Parteispitze, also With und Lingg, mit harten Bandagen gegen ihn vorgegangen zu sein. «Ich denke mir, wenn so viel Gegenwind aus der Parteispitze heraus kommt, und teilweise einfach frei erfundene Behauptungen in die Welt gesetzt werden, sollte man nach dem Motto handeln: ‹Dä gschiter geht noh, ond de Esel bliibd stoh›».

Diesen Rückzug, betonte Schärli, mache er der Partei zuliebe. «Was mich betrifft: Es kommen ja noch viele andere Wahljahre.» Dann gibt er sich loyal und versöhnlich. Egal welcher Kandidat von der SVP nominiert werde, er stehe hinter dieser Kandidatur und werde sie auch unterstützen.

Wirtschaftsverband schiesst auf Schärli

Auf Nachfrage von zentral+ wollte sich Schärli nicht mehr allzu fest über seine beiden Konkurrenten With und Lingg auslassen. Schärli verwies aber auf ein Schreiben des städtischen Wirtschaftsverbandes. Dieser verschickte am 30. Oktober an alle SVP-Mitglieder eine Nominationsempfehlung. Nur Marcel Lingg und Peter With seien geeignet, die Interessen der Stadt zu vertreten, steht darin.

Im Wortlaut: «Nach unserer Beurteilung haben lediglich die von uns unterstützen Persönlichkeiten eine realistische Chance, sowohl von den bürgerlichen Parteien wie auch insbesondere von den Luzerner Stimmbürgern unterstützt respektive gewählt zu werden. Beide Herren sind seit Jahren geschätzte Mitglieder unseres Verbandes und dürfen von uns eine aktive Wahlunterstützung erwarten.» Mit anderen Worten: Thomas Schärli ist nicht wählbar.

Lachnummer oder Witzkandidat?

Das habe ihn natürlich getroffen, gibt Schärli zu. Und ohne es auszusprechen wird klar, was Schärli so ärgert: With und Lingg haben laut seiner Meinung hinter den Kulissen beim Wirtschaftsverband heftig Stimmung gegen ihn gemacht. Auch sonst haben die beiden SVP-Führungsleute aus Sicht des jungen Kantonsrates keine Möglichkeit ausgelassen, gegen ihn zu intrigieren. Damit meint er wohl auch die von Marcel Lingg kürzlich gegenüber zentral+ gemachte Aussage, die Schärli auf sich bezieht. «Wir brauchen nun eine Kandidatur, die weitherum anerkannt ist, und keine Lachnummer oder einen Witzkandidaten», sagte Lingg, ohne allerdings Namen zu nennen.

Allerdings hätte Schärli mit heftigem Widerstand rechnen müssen. Denn von Anfang an war klar, dass er als erst 35-Jähriger, dessen politische Haltung in der Stadt selber kaum einer kennt, nicht von allen mit Samthandschuhen angefasst wird. Zumal er dem eigenen Parteichef samt Fraktionschef die Show stehlen wollte. Er müsse zuerst mal seine Sporen abverdienen, hiess es in den letzten Wochen oft. Er sei viel zu unerfahren und überschätze sich. Er werde von wichtigen Leuten und Verbänden bloss belächelt. Mit ihm habe die SVP sicher keine Chance, nächsten Frühling ein gutes Resultat zu erzielen. Wenn schon, dann müsse Parteipräsident With ran, der sowohl bei den anderen Parteien als auch bei Verbänden ein gewisses Renommee habe und als verlässlicher Macher gilt. Auch wenn With für einen Luzerner Stadtrat schon sehr, sehr weit rechts aussen politisiert, wie auch sein Profil auf Smartvote zeigt:

Schärli sagt zu all den Vorbehalten, die öffentlich oder hintenrum gegen ihn ins Feld geführt wurden: «Teils trafen sie zu, teils nicht. Ich bin zwar schon seit elf Jahren am Politisieren. Aber der grosse Macher im Vordergrund bin ich nicht, sondern eher der sanfte und ruhige.» Für ihn sei die Sache nun gegessen, eine Kropfleerete mit der Parteispitze sei unnötig.

Marcel Lingg bei einem öffentlichen Auftritt.

Marcel Lingg bei einem öffentlichen Auftritt.

(Bild: zVg)

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