Zug will keine «Europa-Allee»

Zuger Stadtparlament redet SBB ins Geschäft rein

Der Ökihof auf dem Güterbahnhof-Areal muss weg. Die SBB hegen dort Neubaupläne. Doch Zug will mitreden. (Bild: anm)

Das Zuger Stadtparlament will, dass sich der Stadtrat weiter für den Erhalt des Ökihofs einsetzt. SVP, CVP und SP waren sich  einig. Eine Mehrheit erklärte eine Motion erheblich, die sogar ein totales Bauverbot auf dem SBB-Güterbahnhofareal fordert. Der Stadtrat wehrte sich vergeblich dagegen. Das Vorhaben sei juristisch nicht durchsetzbar.

Willi Vollenweider (parteilos, SVP-Fraktion) will nicht, dass die SBB im Herzen der Stadt Zug bauen können, was sie wollen. Seine Motion verlangt, dass der Stadtrat alle Massnahmen einleitet, damit der Ökihof am heutigen Standort bleibt. Die Überbauung des Areals Güterbahnhof Zug soll überdies verhindert werden.
Der Stadtrat hat die Motion beantwortet, über die Antwort und was damit geschehen soll, wurde am Dienstagabend im Grossen Gemeinderat lange debattiert.

«Linke Töne» von rechts

«Mit meiner Motion haben wir ein Druckmittel in der Hand, um dafür zu sorgen, dass das Areal nicht spekulativen Partikularinteressen geopfert wird, wie es mit der Versteigerung von Wohnraum in der Europaallee in Zürich passiert ist», so Vollenweider.
«Die SBB haben einen Transportauftrag und nicht den Auftrag, Spekulation mit ihren Grundstücken zu betreiben. Es kann nicht sein, dass irgendwelche Kerle der SBB in Bern sagen, was in Zug läuft, und hier die grossen Profite ziehen», sagte er plakativ. Die städtebauliche Entwicklung der Stadt Zug laufe leider weitgehend hinter verschlossenen Türen ab, so Vollenweider.

«Es kann nicht sein, dass irgendwelche Kerle der SBB in Bern sagen, was hier in Zug läuft.»

Willi Vollenweider, parteilos

«Entschädigung von 50 Millionen Franken»

Werner Hauser (FDP) ist gegen die Motion. Der Mietvertrag mit den SBB für den Ökihof sei bis Ende 2019 verlängert worden. «Es bleibt der Stadt also genügend Zeit für die Planung eines neuen Ökihofs.»
Der Stadtrat habe ja bereits ein Ersatzareal für die Entsorgungsstelle. Die Möglichkeit einer Enteignung des Areals, wie dies der Motionär verlange, sei ausserdem kaum durchsetzbar, so Hauser. Der so genannte Heimschlag mit der nötigen Entschädigung käme Zug auf rund 50 Millionen Franken zu stehen, was unverhältnismässig sei.

Auch Stadtrat André Wicki (SVP), Vorsteher des Baudepartements, appelliert an die Gemeinderäte, die Motion nicht zu unterstützen. Die SBB hätten nachgewiesen, dass sie den südlichen Teil des Areals nicht mehr für den Bahnbetrieb brauchten.

Eine Umzonung des Baugebiets in eine andere Zone sei unzulässig. «Die SBB und auch die Zuger Kantonsregierung haben eine Umzonung als juristisch nicht realisierbar erklärt. Der Eingriff ins Privateigentum der SBB ist unverhältnismässig», sagt Wicki. Auch sei der Bedarf für eine Zone des öffentlichen Interesses nicht gegeben. Der Stadtrat sei gegen die Erheblichkeitserklärung.

SVP, CVP und SP ausnahmsweise einig

Doch mehrere SVP-Gemeinderäte wollen davon nichts wissen. Man wies darauf hin, dass die SBB kein privater Eigentümer sei. Philip C. Brunner spricht von einem sehr wichtigen Entscheid für die Stadt Zug. «Der Druck seitens des GGR muss aufrecht erhalten bleiben», sagt auch sein Parteikollege Manfred Pircher. Mit der Abschreibung der Motion gebe man die Sache aus der Hand. Pircher: «Lieber André, mal nicht den Teufel an die Wand, wir wollen nicht mit dem Kopf durch die Wand.»

«Lieber André, mal nicht den Teufel an die Wand, wir wollen nicht mit dem Kopf durch die Wand.»

Manfred Pircher, SVP-Gemeinderat

Man glaube den SBB nicht mehr alles. Die CVP überzeuge der mögliche neue Ökiohof-Standort im Unterfeld (bei der alten Verteilstation des WWZ) nicht, sagt Richard Rüegg. Man unterstütze die Motion deshalb.

SP- Fraktionschef Urs Bertschi meint, die SBB-Grundstücke stellten in vielen Städten, so auch in Zug, eine wichtige Landreserve der öffentlichen Hand dar. «Doch mit der Vorgabe des Bundesrats werden die SBB auf ihren Grundstücken statt preisgünstigen Wohnungsbau mehrere tausend Wohnungen im oberen Marktsegment bauen.»

Stadtpräsident: «Motion nicht durchdacht»

Die Meinungen sind somit gemacht. Da nützt auch nichts, dass Stadtpräsident Dolfi Müller seinem Stadtratskollegen André Wicki den Rücken stärkt. Es gehe schon längst nicht mehr um die Rettung des Ökihofs, sagt Müller. «Die Motion ist nicht durchdacht und juristisch nicht durchsetzbar.»
Die Motion wird mit 23 Ja- zu 15 Nein-Stimmen für erheblich erklärt.

«Die Motion ist nicht durchdacht und juristisch nicht durchsetzbar.»

Dolfi Müller, Stadtpräsident (SP)

Auftrag an Stadtrat

Der Stadtrat wird damit beauftragt, den Erhalt des Güterbahnhofs-Areals mit allen finanziell tragbaren Mitteln sicherzustellen. Der Stadtrat soll sich ausserdem nach dem Willen des Parlaments dafür einzusetzen, dass auf dem Güterbahnhof-Areal in der Stadt Zug vorsorglich ein längerfristiges planungsrechtliches Bauverbot erlassen und durchgesetzt wird.

Willi Vollenweider freut sich über seinen Erfolg: «Damit zwingen wir die SBB an den Verhandlungstisch zurück. Sie werden eine Drohkulisse aufbauen, die Stadt Zug ebenfalls, so wird man eine Lösung finden.» Er könne sich sozialen Wohnungsbau auf dem Areal vorstellen, oder ein Parkhaus, sagt er zentral+.

Brunner: Luzern ein schlechtes Beispiel

An der Parlamentssitzung sind auch die Finanzen ein Thema. Der Stadtrat hat eine Interpellation der SVP-Fraktion vom März beantwortet, in welcher die Partei wissen wollte, wie die Stadt mit der neuen Spar- und Verzichtsplanung des Kantons umgehen wolle.
Philip C. Brunner (SVP) ist mit der Antwort des Stadtrats zufrieden. Man habe gesehen, was in Luzern, wo der Kanton bei der Bildung spare, mit betroffenen Mitarbeitenden und Studierenden passiere. Er wünsche sich das nicht für Zug.

Personalaufwand gestiegen

Doch Brunner gibt zu bedenken, dass der Personalaufwand der Stadt im Budget 2016 um 1,8 Millionen Franken steige. Die Stadt beschäftige 564 Personen. «Doch mit dem zusätzlichen Geld wird keine einzige neue Stelle geschaffen», so Brunner. «Ich fordere keinen Abbau. Aber in der Wirtschaft haben wir eine Stagnation, das sollte man auch bei der Stadt berücksichtigen.»
Die SVP Zug werde das Budget 2016 sehr genau studieren und Sparvorschläge machen.

Eliane Birchmeier (FDP) ist nicht zufrieden, dass der Stadtrat nicht Stellung nimmt zur Frage eines Personalstopps in der Verwaltung. «Wir fordern vom Stadtrat eine vorausschauende, antizipierende Personalplanung.»

«Lassen wir unsere Bewohner gerechte Steuern bezahlen.»

Stefan Hodel, Gemeinderat Alternative – die Grünen

Alternative-CSP für moderate Steuererhöhung

Stefan Hodel (Alternative – die Grünen) erklärt, dass eine moderate Steuerfusserhöhung schon längst gerechtfertigt wäre. Hodel zitiert ein Beispiel: 2006 habe eine Familie mit drei Kindern noch 7000 Franken Steuern jährlich bezahlt. 2014 seien es noch 2258 Franken gewesen.
Hodel: «Da kann man kaum mehr von einer Steuerbelastung reden.» Die Bürger des Kantons Schwyz hätten Ja gesagt zu einer Steuererhöhung. Zug solle mit der «Spar-Manie» aufhören. «Lassen wir unsere Bewohner gerechte Steuern bezahlen.»

Stadtrat rüttelt derzeit nicht an den Steuern

Stadtrat Karl Kobelt (FDP) erklärt, man wolle die Stadtfinanzen langfristig gesund halten. Dafür müsse die Rechnung dauerhaft ausgeglichen gestaltet werden. «Und dies ist bei einer attraktiven Steuerbelastung zu erreichen», so der Zuger Finanzchef.
Zum Personalaufwand sagt Kobelt, dass man die Stadtverwaltung so schlank wie möglich halten wolle. Bis 2019 sehe der Stadtrat eine Reduktion des Verwaltungsaufwands von «immerhin» rund neun Stellen vor.
«Es ist keine Steuerfusssenkung, aber auch keine Erhöhung vorgesehen.»  Spätestens mit dem Budget 2017 werde man die Ergebnisse des kantonalen Entlastungspakets sehen. «Dann werden wir weitere Schritte überprüfen, und der Stadtrat wird, falls nötig, Massnahmen ergreifen», so Karl Kobelt.

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