Beitrag für Kultur

Neubad: Fluchen & Zittern um 70’000 Franken

Eine Veranstaltung im Rahmen des Comic-Festivals «Fumetto» im Neubad. (Bild: neubad.org)

Heisse Diskussion in der Sitzung des Luzerner Stadtparlaments: Die SVP hatte im Budget für 2016 einen Beitrag fürs Neubad «entdeckt» und wollte diesen streichen. Ein CVP-Vertreter sprach gar von «Verarschung», der Stadtrat habe vertuschen wollen – und die Abstimmung wurde äusserst knapp. 

Fast am Ende der Sitzung wurde wüst geflucht. Das Luzerner Parlament diskutierte über den Voranschlag 2016 und es wurde heftig. Der Luzerner Stadtrat plante im Budget einen Beitrag von 70’000 Franken für den Verein Neubad ein. «So geht man mit dem Parlament nicht um», sagte Thomas Gmür (CVP), um sich dann an den Stadtrat und insbesondere Ursula Stämmer zu richten: «Ich fühle mich verarscht.» Gmürs Partei sollte schlussendlich das entscheidende Zünglein an der Wage sein. Aber alles der Reihe nach. 

«Alle dachten, dass das Neubad ohne Subventionen auskommt.»

Peter With (SVP-Grossstadtrat)

SVP geht auf die Barrikaden

Die 70’000 Franken tauchten im Voranschlag für nächstes Jahr auf. Das Geld stammt aus dem Kulturfonds, welcher mit Einnahmen aus der Billettsteuer gespiesen wird. Dieser städtische Beitrag hat allerdings viele Politiker aufhorchen lassen. Denn der Stadtrat hatte bisher stets betont, keine finanziellen Beiträge ans Neubad zu leisten. 

Peter With (SVP) monierte: «In der Ausschreibung der Zwischennutzung wurde festgelegt, dass die Stadt keine Betriebsbeiträge leistet.» Der Verein Neubad hat 2013 das ehemalige Hallenbad an der Bireggstrasse bis zu dessen Abriss (voraussichtlich 2020) als Zwischennutzung von der Stadt erhalten.

«Es ist nicht so, dass wir die kulturellen Leistungen des Neubads in Frage stellen wollen», sagte With, «sondern wir sind alle von etwas anderem ausgegangen. Nämlich, dass das Neubad ohne Subventionen auskommt.» Pikant dabei ist: Auf eine SVP-Interpellation aus dem Jahr 2013 antwortete der Stadtrat, dass der Betrieb des Neubads ohne Beitrag der Stadt funktionieren müsse.  

Stämmer: «Es war ein Fehler»

SP-Stadträtin Ursula Stämmer entschuldigte sich und sprach von einem Fehler. «Es gab einen Fehler in der Kommunikation.» Ursula Stämmer ging davon aus, dass es sich um den Beitrag von 70’000 Franken handelt, den der Stadtrat bereits für 2015 gesprochen hatte. Als der Fehler bemerkt wurde, habe sie umgehend eine Protokollergänzung veranlasst. Es handle sich aber um Programmbeiträge für die kulturellen Anlässe. Nicht um Subventionen. «Die bekommt man nur mit bewilligten Anträgen.»  

«Ich kann aber noch immer ruhig schlafen.»

Ursula Stämmer, Stadträtin (SP)

Ein Raunen ging durch den Saal. Stämmer erklärte sich. «Im Budget wurde dann nicht mehr detailliert hingeschaut. Ich kann aber noch immer ruhig schlafen. Es ist ein ‹Tolggen› in meinem Heft und ich bitte das Parlament um Verzeihung.»

Wie anfangs erwähnt, kam diese Botschaft bei Thomas Gmür (CVP) gar nicht gut an. Auf eine Wiederholung seiner Worte verzichten wir. Aber auch Fabian Reinhard (FDP) war ziemlich sauer: «Es gab ein Versprechen, dass das Neubad keine Beiträge erhält. Doch dieses wurde gebrochen.» Und von Franziska Bitzi-Staub (CVP) gab es ebenfalls eine Schelte in Richtung Stämmer: «Wir schätzen das Neubad als Institution. Aber die Spielregeln ändern geht nicht. Es ist eine Frage des Vertrauens. Es bleibt ein Misstrauen. So war das nicht abgemacht. Das ist das Problem.» 

Unterstützung von Links

Max Bühler (SP/Juso) mahnte die Parlamentarier, sich vor Augen zu führen, was das Neubad inzwischen leiste: «Dort arbeiten Start-ups und Kunstschaffende. Es ist ein Ort mit enormem kreativen Potenzial. Wir müssen uns deshalb gut überlegen, welche Zeichen wir setzen. Diese Leute wandern sonst einfach nach Zürich ab.» 

«Für viele Leute ist das Neubad als Veranstaltungsort kaum mehr wegzudenken.»

Noëlle Bucher, Grüne

Auch Noëlle Bucher von den Grünen war für den Budgeteintrag: «Für viele Leute ist das Neubad als Veranstaltungsort kaum mehr wegzudenken. Das Neubad ist nicht nur Kreativwirtschaft par excellence, sondern bietet auch einen gesellschaftlichen Diskurs.» 

Finanzdirektor Stefan Roth stand seiner Stadtratskollegin Stämmer schliesslich zur Seite. «Wir müssen den Fehler auf unsere Kappe nehmen. Die Kritik richtet sich in gleichem Masse auch an mich.» Und Roth fügte in seinem Schlussvotum an: «Liest man den Geschäftsbericht des Neubads, ist es eine reine Erfolgsgeschichte: mit 200 öffentlichen Veranstaltungen und 100 privaten Anlässen.» Es brauche diese kreativen Leute und diese hätten auch Beiträge für gesellschaftliche Leistungen verdient.   

Innerhalb der CVP und den Grünliberalen stimmten schliesslich ein paar Politiker für den Beitrag ans Neubad sowie gegen die SVP – und den erbosten Thomas Gmür. Das heisst: Der Verein Neubad kann nächstes Jahr erneut mit einem Programmbeitrag von 70’000 Franken rechnen. Wie es in den folgenden Jahren weitergeht, wird sich zeigen.  

 

Der Artikel wurde nachträglich noch angepasst. Stadträtin Ursula Stämmer bestand auf folgende Änderung: «Es war kein Versehen, dass die 70’000 Franken budgetiert wurden, sonders es habe einen Fehler in der Kommunikation gegeben. Ursula Stämmer ging davon aus, dass es sich um den Beitrag von 70’000 Franken handelt, den der Stadtrat bereits für 2015 gesprochen hatte. Als der Fehler bemerkt wurde, habe sie umgehend eine Protokollergänzung veranlasst.

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