Ständeratswahlen Kanton Luzern

Zweiter Wahlgang: Eine ziemlich teure Extrarunde

Die Favoriten fahren vorne mit, die Aussenseiter müssen im hinteren Wagen Platz nehmen. (Bild: fotolia/bra)

Konrad Graber (CVP) und Damian Müller (FDP) liegen nach dem ersten Wahlgang so weit vorne, dass sich ein zweiter Durchgang eigentlich erübrigt. Die SP und die SVP sehen das anders. Und der Experte spricht von einer «Restspannung». Sicher ist: Es wird ein kostspieliges demokratisches Vergnügen.

Eigentlich könnte man sich die Übung sparen. Und es gleich machen wie vor vier Jahren. Damals lagen, ähnlich wie heute, die beiden Kandidaten der CVP und FDP weit vor allen anderen Konkurrenten. Die Exponenten der SVP und der SP verzichteten 2011 auf einen zweiten Wahlgang. Und somit wurden Konrad Graber (CVP) und Georges Theiler (FDP) in stiller Wahl gewählt.

Das wäre auch jetzt wieder möglich. Ähnlich wie vor vier Jahren, liegen Konrad Graber (CVP) und Damian Müller (FDP) weit vor Prisca Birrer-Heimo (SP) und Yvette Estermann (SVP). Es müsste schon ein grösseres politisches Erdbeben geben, damit die SVP oder SP das Ruder noch umdrehen und den Einzug ins Stöckli schaffen könnten.

So haben die vier Ständerats-Kandidaten der CVP, FDP, SP und SVP im ersten Wahlgang abgeschnitten.

So haben die vier Ständerats-Kandidaten der CVP, FDP, SP und SVP im ersten Wahlgang abgeschnitten.

Problematische Kostenfrage

Dennoch werden beide am 15. November nochmals antreten, wie SP und SVP am Dienstagabend entscheiden haben. Und so kommt es zu einem zweiten Wahlgang. Bevor wir genauer hinschauen, wie gross beziehungsweise klein die Chancen der beiden Aussenseiter tatsächlich sind, stellt sich die Frage, was denn das Ganze kosten wird und wie gross der Zusatzaufwand ist.

Zwischen 65’000 und 90’000 Franken: So viel muss der Kanton aufwerfen, um Druck-, IT- und diverse andere Kosten für die 267’000 Stimmberechtigten zu decken. «Das ist ein Erfahrungswert des zweiten Wahlgangs der Regierungsratswahlen 2011», sagt Erwin Rast, zuständig für Kommunikation im Justiz- und Sicherheitsdepartement. Rast weist aber darauf hin, dass es in diesem Zusammenhang etwas problematisch sei, nur von Kosten zu sprechen. «Schliesslich handelt es sich um einen demokratischen Vorgang, der völlig legitim ist.»

Viel Extrapersonal in Luzern

Die Aufwendungen des Kantons sind aber nur ein Teil der Kosten, welche ein solcher Wahlgang verursacht. Die Hauptarbeit fällt in den einzelnen Gemeinden an. Die Stadt Luzern mit ihren gut 53’000 Stimmberechtigten benötigt allein für den zweiten Wahlgang zwei Gruppen mit je neun Personen, welche die Stimmen auszählen müssen. Für die Wahlzentrale, den Transport der Wahlzettel, das Leeren der Briefkästen etc. werden noch einmal rund sechs bis sieben Leute benötigt. «Fürs Personal rechnen wir dafür rund 12’000 Franken ein», sagt Thomas Zumbühl, Leiter Wahlen und Abstimmungen der Stadt Luzern.

«Der zweite Wahlgang wird uns in der Stadt Luzern zusätzlich 65’000 Franken kosten.»

Thomas Zumbühl, Leiter Wahlen und Abstimmungen Stadt Luzern

Unglücklich ist, dass für die Ständeratswahl ein separater Versand nötig wird, denn: Am 15. November findet sowieso ein Urnengang statt – die beiden Volksinitiativen  «Kinder fördern ­– Eltern stützen, Ergänzungsleistungen für Familien» und «Für eine gerechte Aufteilung der Pflegefinanzierung» gelangen ebenfalls zur Abstimmung. Daher wäre es naheliegend, dass Abstimmung und Wahl mit einem Couvert an die Stimmberechtigten gelangen. Damit spart man viel Papier und Aufwand.

Zwei Couverts sorgen für Verwirrung

Dumm nur, dass die Abstimmungsunterlagen bereits jetzt versendet werden. «Wir wollten das eigentlich zusammen verschicken, aber die Abstimmungsunterlagen müssen mindestens drei Wochen vorher in die Haushalte gelangen», so Zumbühl. Und der Entscheid, ob es zu einem zweiten Wahlgang kommt, fällt erst am Donnerstag. Also bekommen alle Stimmbürger zweimal Post. Das hat seinen Preis: «Der zweite Wahlgang wird uns in der Stadt Luzern zusätzlich 65’000 Franken kosten», sagt Zumbühl. Ein Zusatzaufwand, den alle Gemeinden des Kantons haben werden. Alles in allem wird die zweite Ausmarchung fürs Stöckli also ein ziemlich teurer Spass.

Thomas Zumbühl befürchtet zudem, dass die beiden Couverts zu Verwirrung führen könnten. «Man muss aufpassen, dass man die grünen Couverts und die Stimmrechtsausweise nicht verwechselt. Sonst ist die Wahl ungültig.»

Überraschung ist immer möglich

Demokratie kann mitunter kompliziert werden – und ein teures Vergnügen sein. Darum zurück zur Frage, wie sinnvoll ein zweiter Wahlgang angesichts der Ausgangslage ist. Haben die SP-Kandidatin Birrer-Heimo und die SVP-Frau Estermann tatsächlich keine Chance gegen ihre anscheinend übermächtigen Gegner? Obwohl Damian Müller über 17’000 Stimmen mehr als die beiden Frauen erhalten hat, ist der Politologe Olivier Dolder von Interface Politikstudien zurückhaltend mit einer klaren Prognose: «Ich denke schon, dass die CVP und die FDP gute Chancen haben für die beiden Ständeratssitze.»

Dolder räumt ein, es könne immer Überraschungen geben. Etwa, wenn genügend CVP-Wähler für die Konsumentenschützerin stimmten. Auch der Umstand, dass Yvette Estermann dem FDP-Kandidaten möglicherweise Stimmen der Rechten wegnimmt, ist für Müller nicht optimal. Beides zusammen birgt das Risiko, dass plötzlich Birrer-Heimo vor Damian Müller liegen könnte. Dolder indes winkt ab: «Ich glaube nicht, dass es so weit kommen wird, die Ausgangslage ist zu klar.»

Also doch ein unnötiger, überflüssiger und teurer zweiter Wahlgang? Nein, findet der Politexperte. «Es ist völlig legitim, dass SVP und SP es nochmals versuchen.» Estermann habe zwar nur in etwa die Stimmen aus den eigenen SVP-Reihen erhalten, Birrer-Heimo könne aber über die Parteigrenzen hinaus Stimmen gewinnen. «Eine gewisse Restspannung wird bleiben.»

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Werner Raymond Duss
    Werner Raymond Duss, 21.10.2015, 22:16 Uhr

    Was soll das? Direkte Demokratie darf etwas kosten und das ist völlig ok. Die Schweiz ein einig Volk von Jammerlappen, Geizkrägen und Rosinenpickern. Eines der reichsten Länder der Welt wird wohl noch Geld übrig haben für solche demokratischen Vorgänge.
    Im übrigen sind die Chancen von Frau Birrer- Heimo intakt. Wenn sie die Stimmen der grünen Wähler und vieler GLP und evtl. noch CVP Wählern erhält ist sie im Stöckli.

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  • Profilfoto von Stefan Gisler
    Stefan Gisler, 21.10.2015, 12:41 Uhr

    Wahrscheinlich wollte der Autor etwas provozieren – ich hoffe es zumindest. Wahlen als unnötig und faktische Geldverschwendung zu deklarieren, weil man ja «weiss», wie es rauskommt, ist dennoch eine gefährliche undemokratische Argumentationslinie. Unbequeme, Minderheiten, Andersdenkenden wird das Etikett der Steuergeldverschwendung angeheftet und haben dann auf diese Weise diskreditiert noch weniger Wahlchancen. Billiger ist dann nur noch eine Dikatur zu haben, wo das Politbüro oder die Armee oder eine Parteizentrale über die Zusammensetzung eines Scheinparlaments bestimmt. Das eingesparte Geld dürfen die dann gleich noch selber in den Sack stecken. Natürlich ginge auch Eigenverantwortung – der Autor könnte von Beginn weg aufs Wählen verzichten und so zumindest für uns Steuerzahler 1 Franken Porto sparen, wenn er seine Verwandten und Freunde zur künftigen politischen Abstinenz überredet, spart der Staat je nach Erfolg gar 20-30 Franken (Achtung Satire).

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  • Profilfoto von Felix Kaufmann
    Felix Kaufmann, 21.10.2015, 10:35 Uhr

    Ich finde diesen Titel und den ganzen Beitrag eine völlige Fehlleistung. «Unnötig», «überflüssig»,» teuer»? «Kostenfrage»,» Extrapersonal»,» kostspieliges, demokratisches Vergnügen»?

    Was ist denn das für ein Demokratieverständnis? Ich bin enttäuscht; das ist unwürdig, populistisch – einfach schlechter Journalismus!

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