Bundesrat gesucht – Heinz Tännler im Visier

«Ist es illegal, bei der Fifa gearbeitet zu haben?»

Fühlt sich vorverurteilt: Landammann Heinz Tännler. (Bild: lama)

Die SVP sucht einen zweiten Bundesrat – und der Zuger Landammann Heinz Tännler gilt als chancenreich. Wenn ihm nicht wieder die alte Schwachstelle ein Bein stellt: Seine Fifa-Vergangenheit. «Welche Vergangenheit?» Fragt Heinz Tännler im Interview. Und spricht enttäuscht von einer «Vorverurteilung».

Die SVP ist auf der Suche nach einem Bundesratskandidaten – und wie vor vier Jahren ist auch der Zuger Regierungsrat Heinz Tännler im Visier der Partei. Mit substanziellen Chancen: Damals war er auf Platz zwei der Kandidaten. Tännler bekommt Unterstützung aus allen möglichen politischen Lagern, ihm wird Schaffenskraft und gute überparteiliche Zusammenarbeit auch von Links attestiert. Sogar der Zuger SP-Stadtpräsident Dolfi Müller hatte ihn im letzten Wahlkampf mit einem Empfehlungsschreiben unterstützt, zusammen mit FDP-Nationalrat Rolf Schweiger.

Allerdings hatte ihm damals seine ehemalige Tätigkeit bei der Fifa ein Bein gestellt: Tännler war von 2004 bis Ende 2006 Direktor der Rechtsabteilung der Fifa. Alt-Nationalrat Jo Lang verfasste ein Rundschreiben an alle Nationalräte, in dem er davor warnte, einen ehemaligen Fifa-Angestellten in den Bundesrat zu wählen – es bestehe die Gefahr, dass er erpressbar sei. Tännler wurde nicht nominiert.

Mittlerweile haben sich die Ereignisse bei der Fifa überschlagen. Die SVP hat es aufs Justizdepartement abgesehen, schreibt die Sonntagszeitung. Ausgerechnet jenes Departement also, dem auch die Bundesanwaltschaft unterstellt ist, die gegen Joseph Blatter ermittelt. Wird die Fifa auch dieses Mal wieder zwischen Tännler und dem Bundeshaus stehen? Der Landammann ist aufgebracht.

Heinz Tännler: Als erstes muss ich eines klarstellen: Das ist eine Vorverurteilung, die gerade passiert. Ist es denn illegal, bei der Fifa gearbeitet zu haben?

zentral+: Herr Tännler, wieso tun Sie sich das überhaupt noch ein Mal an – es war ja klar, dass dieselben Vorwürfe wieder kommen, wie vor vier Jahren.

Tännler: Und da soll man sich von zwei, drei Journalisten einschüchtern lassen? Sicher nicht. Und es ist ja auch noch gar nichts wirklich entschieden: Ich stehe nur auf einer Liste, Nationalrat Thomas Aeschi hat mich darauf gesetzt (lehnt sich zurück). Ob die Fraktion mich wirklich als Kandidaten aufstellen will, das ist ja noch völlig offen. Jetzt warten wir erst einmal die Parlamentswahlen ab.

zentral+: Haben Sie sich schon in Bern bei der Fraktion vorgestellt?

Tännler: Nein, das ist noch viel zu früh.

«Vergleichen Sie mich nicht mit Zuppiger. Ich habe mit ihm nichts gemein.»

Heinz Tännler, Zuger Landammann und Baudirektor

zentral+: Fakt ist, Sie haben in leitender Funktion bei der Fifa gearbeitet. Eine Organisation, die jetzt wegen happigen Korruptionsvorwürfen massiv durchleuchtet wird. Es rollen Köpfe: Blatter und Uefa-Chef Platini wurden suspendiert. Verstehen Sie da nicht, dass die Partei vorsichtig wird? Bei Bruno Zuppiger hat sich die SVP ja heftig verwählt. SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel sagte in der «Sonntagszeitung»: «Wir brauchen keinen zweiten Fall Zuppiger».

Tännler: Vergleichen Sie mich nicht mit Zuppiger. Ich habe mit ihm nichts gemein. Bruno Zuppiger hat offenbar Geld veruntreut. Ich habe nie im Leben irgendetwas veruntreut. Das käme mir nicht in den Sinn.

Zentral+: Das Strafregister hat die SVP ja dieses Mal von allen Bewerbern verlangt.

Tännler: Meinen Strafregisterauszug und Betreibungsregisterauszug habe ich der Partei gegeben. Ich muss sagen, ich bin enttäuscht, dass man in der Schweiz eine Person so vorverurteilt. Erstens ist es Jahre her, dass ich bei der Fifa gearbeitet habe, und zweitens sind diese Dinge, die jetzt in den Medien erscheinen, alle nicht in meiner Zeit geschehen.

zentral+: Nicht ganz: Der Mastercard-Skandal ist 2006 ans Licht gekommen, also am Ende Ihrer Zeit bei der Fifa. Der Konkurs der ISL und der Skandal um die von ihr bezahlten Schmiergelder war vor Ihrem Antritt. Wieso wollten Sie überhaupt bei einer offenbar korrupten Organisation arbeiten?

Tännler: Weil die Organisation selber perfekt funktioniert hat. Sie war nicht korrupt. Die ISL möglicherweise ja, die ist in Konkurs gegangen. Aber damit hatte das Management und die Organisation nichts zu tun. Man müsste nach dieser Logik auch jeden UBS-Mitarbeiter für schuldig halten, weil seine Bank den Steuerzahler so viel gekostet hat. Oder heute jeden VW-Mitarbeiter.

Und wegen der Mastercard-Geschichte: Da hat die Marketingabteilung der Fifa Fehler gemacht. Das war aber kein strafrechtliches Vergehen. Am Schluss gab es einen Vergleich, und damit hat sich die Geschichte erledigt.

«Ich bin nicht erpressbar, ich wüsste nicht, wer mich erpressen könnte.»

Heinz Tännler

zentral+: Jo Lang hat mit einem Rundbrief vor vier Jahren Stimmung gegen Sie gemacht. Sein Argument: Jemand, der bei der Fifa in leitender Stellung gearbeitet hat, ist vielleicht erpressbar. Das dürfe ein Bundesrat nicht sein, gerade wenn er möglicherweise das Eidgenössische Polizei- und Justizdepartement übernehmen soll, dessen Bundesanwaltschaft gerade gegen Blatter ermittelt. Was sagen Sie dazu?

Tännler: Das ist unbegründet. Ich bin nicht erpressbar, ich wüsste nicht, wer mich erpressen könnte. Ich habe in dieser Zeit ausgezeichnete Arbeit geleistet. Man muss das trennen: Die Fifa besteht aus der Organisation, die hochqualifizierte Arbeit leistet, und aus den Politikern. Damit, was diese Personen in der Fifa-Politik gemacht haben, hatten wir in der Organisation nichts zu tun. Und ich finde es auch falsch, was da offenbar alles gelaufen ist. Ich weiss es aber auch nur aus der Zeitung. Mit mir hat das nichts zu tun, ich habe keine WM vergeben (lacht).

zentral+: Sie empfinden das als grosses Unrecht, dass man Ihnen Ihre Fifa-Vergangenheit vorwirft?

Tännler: Was heisst Vergangenheit, ich habe einfach da gearbeitet, ich hatte einen Arbeitsvertrag und habe ganz normal gute Arbeit geleistet.

zentral+: Wie geht es Ihnen dabei, wenn immer wieder neue Schlagzeilen über Ihre ehemaligen Fifa-Vorgesetzten erscheinen?

Tännler: Ich muss sagen, ich schaue nicht jeden Tag nach Zürich, was da läuft. Mit der Fifa habe ich längst abgeschlossen, als ich 2006 als Regierungsrat gewählt wurde. Seitdem habe ich keinen Kontakt mehr.

Zentral+: Bereuen Sie, dass Sie bei der Fifa gearbeitet haben?

Tännler: (Wie aus der Pistole geschossen) Ich bin stolz darauf. Stolz darauf, dass man mich in einem harten Assessment einer ganzen Reihe von hochkarätigen Anwälten vorgezogen hat. Stolz auf die gute Arbeit, die ich da geleistet habe. Es war eine goldene Zeit, die Organisation hat perfekt funktioniert. Und auch stolz darauf, dass nach meinem Abgang sich wieder hochkarätige Anwälte auf die Stelle beworben haben.

zentral+: Aber immerhin ist dieser Makel das einzige, was wirklich fundamental zwischen Ihnen und dem Amt als Bundesrat steht, neben anderen Kandidaten natürlich. Ansonsten wird Ihnen von verschiedensten Seiten gute Arbeit attestiert.

Tännler: Was für ein Makel? Es ist kein Makel, bei der Fifa gearbeitet zu haben. Und es stimmt, man sagt, ich leiste hier gute Arbeit als Regierungsrat. Das ist das, was zählt. Hier in Zug war die Fifa nie ein Thema, das interessiert die Leute offenbar nicht. Das interessiert nur Journalisten und einzelne Exponenten.

zentral+: Natürlich ist es ein Makel, auch dann, wenn der implizite Vorwurf nicht stimmt.

Tännler: Sie sagen es, auch wenn es nicht stimmt. Das ist ungerecht.

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