Tiefbahnhof: Regierungsrat im Interview

«Er kommt. Davon bin ich felsenfest überzeugt»

Regierungsrat Robert Küng zum Tiefbahnhof: «Wir setzen alles daran, dass wir in die nächste Planungsetappe des Bundes kommen.» (Bild: Montage, bra)

Der Kanton Luzern will alles daran setzen, den Tiefbahnhof Luzern so rasch wie möglich zu realisieren. Im Interview mit zentral+ spricht Regierungsrat Robert Küng über Chancen und Risiken, den Tunnel unter der Neustadt hindurch sowie das Zögern des Bundes. Klar ist: Das Projekt muss noch sehr, sehr hohe Hürden nehmen.

Es geht was in Sachen Tiefbahnhof: Diesen Montag legte der Luzerner Regierungsrat einen neuen Bericht zum Luzerner Megaprojekt auf den Tisch. Darin favorisiert er ein 2,4-Milliarden-Projekt mit Seeunterquerung Richtung Ebikon. Und damit es ohne längere Unterbrüche vorwärtsgeht, will er allenfalls das Geld für die Finanzierung vorschiessen (zentral+ berichtete).

Regierungsrat Robert Küng (FDP), Vorsteher des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements, steht Rede und Antwort zu den wichtigsten Fragen. 

«Die entscheidende Frage ist: Wann?»

zentral+: Herr Küng, Luzern will den Tiefbahnhof. Aber werden wir ihn auch bekommen? 

Robert Küng: Ja, der Tiefbahnhof wird kommen. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Die entscheidende Frage ist: Wann? Das Bundesamt für Verkehr und der Bundesrat müsen in der Botschaft 2018 die Frage beantworten, ob der Tiefbahnhof schon im Ausbauschritt 2030 oder erst später berücksichtigt wird.  

zentral+: Wie stehen die Chancen? 

Küng: Luzern hat das Bekenntnis von allen Seiten erhalten. Es ist so weit unbestritten, dass es einen Durchgangsbahnhof braucht. Wir können aber nur erahnen, wie schwierig die Priorisierungen für die Bundesstellen sein müssen. Diese haben bei einem sprichwörtlichen Wunschkonzert von vielen Schweizer Regionen eine Rangliste vorzunehmen. Bereits ist man allerdings am Diskutieren, ob sieben Milliarden für die ersten Ausbauschritte reichen werden, oder ob es nicht doch 12 Milliarden sein müssten. 

zentral+: Wird der Kanton Luzern den Tiefbahnhof auch unabhängig davon vorfinanzieren?

Verantwortung beim Bund

Das Luzerner Stimmvolk genehmigte am 29. November 2009 mit 75 Prozent Ja-Anteil einen Kredit von 20 Millionen Franken für die Ausarbeitung eines Vorprojekts zum Tiefbahnhof Luzern. Der Kanton Luzern hat daraufhin die SBB mit der Ausarbeitung dieses Vorprojekts beauftragt. Letztere hat den Auftrag zusammen mit verschiedenen Planern in den letzten knapp vier Jahren ausgeführt. Die Ergebnisse sind in einem Bericht eingeflossen. 

Das Neue: Mit einer Vorfinanzierung könnte der Kanton das Schlüsselprojekt Tiefbahnhof vorantreiben, schlägt der Regierungsrat vor. Der Tiefbahnhof Luzern steht in Konkurrenz zu anderen Ausbauprogrammen des Bundes. Getragen werden die Kosten schlussendlich vom neuen Fonds System Fabi

Küng: Wir wollen grundsätzlich an unseren Plänen festhalten und klarmachen, dass wir weiterhin dran sind. Klar ist, wenn wir in die Liste des Bundes kommen, müssen wir nicht über Vorfinanzierungen diskutieren. Dann übernimmt der Bund das Projekt von Anfang an. Wenn der Tiefbahnhof aber erst 2035 kommen soll, also in einem ferneren Ausbauschritt, bringen wir die Vorfinanzierung ins Spiel. 

zentral+: Welche Risiken birgt eine solche Vorfinanzierung? Für Zinsen könnten schon mal zwischen 120 bis 360 Millionen Franken aufgewendet werden. 

Küng: Wichtig ist: Wir sprechen nicht von einer Finanzierung des gesamten Bahnhofs, sondern von einem Vorschuss und von diesen Aufwendungen für die Zinsen über mehrere Jahre. Mit den neuen Fabi-Regelungen übernimmt der Bund die Kosten für den Bau des Tiefbahnhofs. Die Zinskosten für die Vorfinanzierung müssten wir und andere Kantone aber tragen. So kommen wir schneller zu unserem Tiefbahnhof. 

zentral+: Was sagen die anderen Kantone dazu? 

Küng: Ob sich Nidwalden oder Obwalden an einer Verzinsung beteiligen, ist noch offen. 

«Meine persönliche Meinung wäre, dass man für die Verzinsung die Gemeinden nicht miteinbeziehen sollte.»

zentral+: Auch die Gemeinden müssten die Zinskosten mittragen. Wie könnte die Verteilung aussehen? 

Küng: Grundsätzlich tragen die Gemeinden schon heute die Hälfte der Kosten für den ÖV. Es wird allerdings noch ein politischer Entscheid sein, ob die Luzerner Gemeinden sich beteiligen sollen oder nicht. Meine persönliche Meinung wäre, dass man für die Verzinsung die Gemeinden nicht miteinbeziehen sollte. 

zentral+: Noch vor ein paar Jahren waren Kosten und Nutzen eines Luzerner Tiefbahnhofs laut Bund noch nicht im Verhältnis. Was hat sich geändert? 

Küng: Wir haben die Kosten und den Nutzen jetzt mit dem gleichen System abgebildet, wie das der Bund rechnet, und können diese klar aufzeigen. Der Nutzen für den Regionalverkehr wurde beim Bund früher eher weniger einbezogen. Bei uns liegt der Regionalverkehr aber sehr im Fokus und wir betonen diese Vorteile auch. 

«Die Idee ist es schon, alles zusammen zu realisieren.»

zentral+: Die beste Variante sei laut Regierungsrat ein Durchgangsbahnhof Luzern mit einem Tunnel ab Ebikon, einem unterirdischen Bahnhof mit vier Gleisen und einem Tunnel unter der Neustadt. Warum baut man aber gemäss Planungsbericht zuerst nur den Tunnel und den Bahnhof für 1,8 Milliarden und erst danach plant man die Erweiterung zum Durchgangsbahnhof mit Tunnel unter der Neustadt?

Küng: Die Idee ist es schon, alles zusammen zu realisieren. Die Unterteilung hat aber mit den Finanzierungsschritten des Bundes zu tun. Hier muss man den einen Teil anfangen, um den zweiten zum Beispiel innert fünf bis zehn Jahren anzupacken. Alles miteinander geht nicht. Aber schon die erste Etappe mit dem Dreilindentunnel wäre ein Befreiungsschlag für die Luzerner Mobilität. 

Die Variante D1 sei die beste: Durchgangsbahnhof gemäss Rahmenplan SBB.

Die Variante D1 sei die beste: Durchgangsbahnhof gemäss Rahmenplan SBB.

(Bild: zvg)

zentral+: Mit der vorgeschlagenen Variante wird die Neustadt komplett untertunnelt. Welche Projekte werden da sonst noch beeinflusst? 

Küng: Es besteht ein grosser Vorteil eben genau darin, dass mit einem Tunnel der öffentliche Grund auf der Oberfläche nicht tangiert wird. Der Bau wäre vergleichbar mit einem U-Bahn-Projekt in grossen Städten Europas. An der Oberfläche merkt man von den Bauarbeiten eher wenig. Und wenn wir die Tieferlegung der Zentralbahn als Vergleich heranziehen, sind wir dort mit den geologischen Gegebenheiten sehr gut vorangekommen. Auch die Kostenpläne haben sehr gut gestimmt. 

«Andere Varianten stehen nicht mehr zur Diskussion.»

zentral+: Was ist mit den fünf anderen Varianten (siehe Artikel), die man verglichen hat? Sind die vom Tisch? 

Küng: Sie stehen nicht mehr zur Diskussion. Wir haben die anderen Varianten im Vorprojekt bereits überprüft und haben keine neuen Erkenntnisse gewonnen. Das favorisierte Projekt als Durchgangsbahnhof hat das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis. 

Bund hält sich zurück

Das Bundesamt für Verkehr (BAV) möchte die Bemühungen der Luzerner Regierung noch nicht werten. «Wie müssen auf nationaler Ebene sortieren, was Sinn macht, und wie sich die Nachfrage im Bahnverkehr entwickelt», sagt Mediensprecherin Florence Pictet auf Anfrage.

Die Ergebnisse seien noch völlig offen. «Wir können noch nicht sagen, welche Projekte wir priorisieren.» Seit längerer Zeit sind Gespräche in Gang. Auch andere Kantone würden in Zusammenarbeit mit der SBB ihre Konzepte vorstellen.

Im Fall Luzern wäre eine Vorfinanzierung grundsätzlich möglich, da das Parlament einer «Projektierung für Kapazitätsausbauten Zug-Luzern (Tiefbahnhof bzw. Durchgangsbahnhof Luzern)» zugestimmt hat (Bundesbeschluss über den Ausbauschritt 2025 der Eisenbahninfrastruktur). «Die Fragen, wie genau, wann und ob tatsächlich ein Durchgangsbahnhof in Luzern realisiert wird, werden mit diesem Passus jedoch noch nicht beantwortet», so Picket.

Abgemacht ist: 2018 soll der Bundesrat seine Botschaft übermitteln. 2017 findet dazu eine Vernehmlassung statt. Schlussendlich entscheidet das Parlament über die Ausbauprojekte der Bahn. «Wir werden dann die Projekte vorschlagen, die bis 2030 zu realisieren sind.»

 

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