Zug: SP-Nationalratskandidat Zari Dzaferi

Er will mit den Beatles das Volk bezirzen

«Als Hardliner hat man in Zug keine Chance», glaubt Zari Dzaferi. (Bild: wia)

Zari Dzaferi ist bei weitem nicht der einzige Zuger SP-Politiker, der in den Nationalrat will. Ganze 15 Personen wollen nach Bern. Seine Wahl wäre denn auch eine Sensation, wie Dzaferi selbst einschätzt. Im Interview mit zentral+ erklärt er, wie er dennoch erfolgreich sein will.

«Können wir das Interview bei schönem Wetter machen?», fragt der Nationalrats-Kandidat Zari Dzaferi. «Es ist eben so, dass mein Wahlmobil nicht gerne Regen hat.» Die Wettergötter sind uns wohlgesinnt. Das selbstgebaute Wahlmobil — ein Veloanhänger, auf dem grossflächig Dzaferis Gesicht prangt — kommt angerösselt. Vorne in die Pedale tritt Dzaferi, steckt gerade zwischen zwei Unterrichtslektionen und hat deshalb Zeit für eine Cola mit zentral+.

zentral+: Ihre Schwerpunkte liegen bei der Bildung, der Gleichberechtigung von Mann und Frau und der Verkehrspolitik. Die SVP hat derzeit mit der ganzen Asyldebatte eine grossartige Plattform, um Wahlkampf zu machen. Von der SP hört man diesbezüglich kaum etwas. Sie sind Secondo – Integration wäre doch eigentlich Ihr Thema?

Zari Dzaferi: Ich mag den Ausdruck: «Schuster bleib bei deinen Leisten.» Es ist wahr, die SVP sagt viel zur Asyldebatte, doch schlussendlich ist es ein Thema, das vom Bund an die Kantone delegiert wird. Über ihre National- und Ständeräte können die Kantone darauf Einfluss nehmen. Wie gross die Wirkung in Bern ist, wenn wir im Kanton Zug darüber debattieren, ist fraglich. Wir sollten uns nicht auf Reserve zu Themen äussern, zu denen wir als Kantonsräte ohnehin nichts entscheiden können.

Vielmehr sollten wir uns auf Themen konzentrieren, bei denen wir wirklich etwas verändern können. Sich plakativ, polemisch und rein medienwirksam über andere herabzulassen, ist halt nicht die Art der SP. Es wäre aus meiner Sicht ohnehin interessant zu sehen, wie sich die SVP verhalten würde, wenn Ex-Justizminister Blocher heute noch das Asyldossier in Händen hätte. Wenn ich sehe, was kürzlich in Baar zum Thema Asyl gemacht wurde, bin ich nämlich besorgt, wie die SVP das Asylthema zu ihrem eigenen Gunsten ausgeschlachtet.   

zentral+: Was sind denn Ihre Ansichten zur momentanen Asyldebatte?

Dzaferi: Das Problem ist wie ein riesiges Puzzle. Zug ist ein kleines Puzzleteil der Schweiz, und diese wiederum ist ein Puzzleteil im grosseuropäischen Raum. Ich finde es ein Armutszeugnis, dass sich die Länder gegenseitig den schwarzen Peter zuspielen und keine Kooperation anstreben. Man würde viel mehr erreichen, wenn man zusammenarbeiten und die Grenzländer nicht alleine mit dem Problem lassen würde. Was derzeit in Ungarn, Griechenland und Italien passiert, ist eine Sauerei.

«Vielleicht sind wir einfach zu lieb und zu seriös.»

zentral+: Sie äussern sich also nicht laut zur Asyldebatte. Damit überlassen Sie der SVP das Feld. Die SP kann da offenbar nicht mithalten.

Dzaferi: Das kann man so auffassen. Es ist allerdings viel leichter, über etwas herzuziehen, als Lösungen zu präsentieren. Die SVP könnte womöglich in diesen Wahlen profitieren, allerdings war und ist es nie die Art der SP, ein solches Thema medial auszuschlachten. Vielleicht sind wir einfach zu lieb und zu seriös. Langfristig wird es aber auch das Volk merken, dass es Lösungen braucht. Und nicht nur ein Gepolter zulasten jener, die sich sowieso nicht wehren können.

zentral+: Sie kandidieren für den Nationalrat. Wie würden Sie sich denn dort einbringen?

Dzaferi: Auf nationaler Ebene werden die Grundsteine gelegt für die Bildung, die Hoheit darüber haben aber die Kantone. Man müsste sich auf Bundesebene beispielsweise überlegen, inwiefern Chancengleichheit für jedes Kind herrscht. Ich bin überzeugt, dass man als Kind in eine Gesellschaft geboren werden sollte, in der alle die gleichen Chancen haben. Zudem ist unser duales Bildungssystem zwar gut, hat aber dennoch Schwächen.

Wir bilden beispielsweise viel zu viele Coiffeusen oder Elektromonteure aus, die während der Lehre als billige Arbeitskraft eingesetzt werden können. Handkehrum werden weniger Pfleger oder Informatiker ausgebildet, als nötig wären. Diese müssen wir danach vom Ausland «importieren». Und fast schon ein Skandal ist, dass es in Krippen viel mehr Praktikums- als Lehrstellen hat und somit junge Menschen während eines Jahres ausgebeutet werden und anschliessend dennoch keine Lehrstelle erhalten.  

zentral+: Zusammen mit Andreas Lustenberger sind Sie einer der jungen Hoffnungsträger der Zuger Linken. Nun wollen Sie sich aber beide vom Acker machen und in Bern Fuss fassen. Verlassen Sie das sinkende Schiff?

Dzaferi: Von einem sinkenden Schiff würde ich keinesfalls sprechen. Die SP hat’s aber schon schwer im bürgerlich dominierten Zug. Das habe ich gerade erst am Stierenmarkt erlebt. Ein «V» in der Mitte von «SP» wäre bei manchem dort besser angekommen. Dabei setzt sich die Zuger SP unermüdlich für «Normalverdienende» ein. Bei der Vermarktung unserer Politik könnten wir also sicherlich noch etwas von den Bürgerlichen lernen.

«Derzeit wird der Kanton Zug im Nationalrat von drei Männern vertreten, die fast identisch die gleiche Meinung vertreten.»

Es wäre natürlich eine Sensation, wenn es jemand von der Zuger SP ins Bundesparlament schaffen würde. Auch trotz erschwerten Bedingungen wie der Listenverbindung zwischen CVP, FDP und GLP ist es grundsätzlich wichtig, dass wir kandidieren. Derzeit wird der Kanton Zug im Nationalrat von drei Männern vertreten, die fast identisch die gleiche Meinung vertreten. Das Volk ist also nicht gerecht vertreten und somit gelangen auch unsere Anliegen nicht nach Bern. Ich finde es wichtig, dass unser Kanton auch eine soziale Stimme nach Bern schickt.

zentral+: Ihre Chancen auf einen Sitz sind gering. Wer von der Zuger SP hätte denn die besten Chancen?

Dzaferi: Hubert Schuler ist nicht umsonst unser Hauptkandidat. Er ist länger dabei als ich, kennt mehr Leute. Auch hat er als Kantonsratspräsident einen super Job geleistet. Ich würde mich durchaus freuen, wenn er das Rennen macht.

zentral+: Für die Zuger Sozialdemokraten kandidieren ganze 15 Leute. Es gibt eine Haupt-, eine Frauen-, Männer-, Migranten- und eine JUSO-Liste. Ist das nicht etwas übertrieben?

Dzaferi: Wir haben nicht die gleichen finanziellen Möglichkeiten wie andere Parteien. Darum ist es unsere einzige Chance, über unser persönliches Umfeld auf unsere Politik aufmerksam zu machen. Darum sind 15 Leute besser als nur sechs. Natürlich erzielen die einzelnen Unterstützungskandidaten mit dieser Strategie weniger Stimmen. Jede persönliche Stimme kommt aber schlussendlich in den Parteientopf und unterstützt unser Ziel, eine soziale Stimme nach Bern zu schicken.

zentral+: Sie sagen, Sie haben ein schmales Budget. Was heisst das konkret für Ihren Wahlkampf?

Dzaferi: Mein persönlicher Wahlkampf hat mich wohl bisher so viel gekostet, wie etwa ein kleines Inserat auf der Frontseite der «Neuen Zuger Zeitung» kosten würde. Also etwa 500 Franken. Man kann die Demokratie hochloben, doch schlussendlich ist derjenige im Vorteil, der die meisten Ressourcen hat, um seine Positionen an den Bürger zu bringen.

Wie ungleich die Speere verteilt sind, erkennt man bereits bei einem Blick auf die bezahlten Inserate. Ich selber behelfe mir anderweitig und habe mir beispielsweise ein Wahlmobil gebastelt. Dafür waren insgesamt 44.50 Franken für Material notwendig, ausserdem viel Kreativität. Und schauen Sie, es hat sogar Musik! (Dzaferi schaltet die Musik an und beschallt die nähere Umgebung mit den Beatles.)

zentral+: Die Beatles? Wirklich?

Dzaferi: Ich dachte mir, ich nehme etwas, das möglichst viele Menschen mögen. Ausserdem waren die Beatles unkonventionell, hip und mutig. Das nehme ich auch für mich in Anspruch. (lacht)

«Wenn ich mir die Give-aways gewisser Politiker ansehe, kann ich nur staunen.»

zentral+: Aber nun wieder zurück zu Ihrem Wahlkampf. Sind Sie darüber frustriert, dass sich eine SVP, FDP und CVP mehr leisten können?

Dzaferi: Schon, ja. Ich finde, das Volk verdient es, zu wissen, wer den Wahlkampf finanziert, und damit auch, was die Forderungen, Erwartungen und Interessenbindungen der Sponsoren sind. Wenn ich mir die Give-aways gewisser Politiker ansehe, kann ich nur staunen. Ein Zuger Politiker verteilt während des Wahlkampfs beispielsweise kleine Sackmesser mit Gravur. Andere Bürgerliche schaffen es, jeden Tag mindestens ein Kopfinserat in der «Neuen Zuger Zeitung» zu schalten. Von so etwas kann ich nur träumen.

zentral+: Auf Ihrer Homepage schreiben Sie, dass Sie ein SP-Politiker «mit einem offenen Ohr für bürgerliche Anliegen» sind. Weshalb diese Anbiederung?

Dzaferi: Ich bin jemand, der nicht am linken Flügel politisiert. Ich setze mich dafür ein, dass sich ehrliche Arbeit lohnt. Da ist es wichtig, dass man auch Kompromisse findet mit den Bürgerlichen. Mit einer Hardliner-Politik gewinnt man im Kanton Zug nichts.

zentral+: Sie sind beruflich Sekundarlehrer. Würden Ihre Schüler Sie wählen?

Dzaferi: Oh, das ist eine gute Frage. (Er denkt nach). Wissen Sie, ich unterrichte im bürgerlich-konservativen Menzingen. Vielleicht würden mich fünfzig Prozent oder etwas mehr wählen. Aber nicht unbedingt weil ich in der SP bin, sondern weil sie mich als geradlinigen Menschen kennen und ich mich jeweils für sie einsetze. 

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