Wie weiter in der Zuger NFA-Debatte?

Die Drohkulisse ist vom Tisch

Der Kantonsrat habe «staatsmännisch entschieden», sagt Peter Hegglin. (Bild: Archiv)

Grosse Töne spuckten die Parteien in Richtung Bern: Das NFA-Geld wolle man auf ein Sperrkonto einzahlen, die Teilnahme an der Konferenz der Kantone sistieren. Am Donnerstag hat das Parlament alle diese Massnahmen gebodigt. Bis auf eine. Finanzdirektor Peter Hegglin sagt im Interview, warum er trotzdem noch an den Erfolg glaubt.

«Jetzt haben wir eine umfassende Debatte über den NFA geführt», sagt Peter Hegglin und lacht, der Zuger Finanzdirektor schliesst sichtlich erleichtert die Tür zum Kantonsratssaal hinter sich. Gefühlte hundert Abstimmungen hat das Zuger Parlament gerade durchgeführt, einen Vorstoss um den anderen abgelehnt: Die ganzen kreativen Ideen, die sich die bürgerlichen Zuger Parteien in den letzten Monaten ausgedacht haben – das Sperrkonto, der Austritt aus der Konferenz der Kantonsregierungen, sogar die Einführung einer Bundesrechtsgerichtsbarkeit wurde gefordert –, sie haben es nicht über das Stadium der Idee hinausgebracht.

Das Parlament hat schliesslich nur eine davon als zielführend betrachtet: Der Kanton Zug wird sich dem Kantonsreferendum gegen den Parlamentsbeschluss zur Dotierung der NFA-Zahlungen anschliessen. Die anderen Vorstösse wurden gebodigt.

«Uns ist jedes Mittel recht», hat die FDP bei jedem Vorstoss verlauten lassen, es wurde allerdings im Verlauf der Debatte deutlich, dass es sich dabei vor allem um Show handelte – vernünftig mussten dann die anderen sein. Von SVP über CVP bis ins grüne Lager wurden Voten zur Mässigung gehalten. Finanzdirektor Peter Hegglin ist zufrieden mit der Debatte.

zentral+: Herr Hegglin, die Drohkulisse, die der Kanton Zug aufgebaut hat, ist heute merklich geschrumpft. Hat das Parlament gekniffen – oder hat es richtig entschieden?

Peter Hegglin: Das Parlament hat sehr staatsmännisch entschieden. Man hat gemerkt, dass man sich nicht auf Aktionen verlassen will, die dem Bundesrecht widersprechen. Das Sperrkonto etwa, damit wären wir gescheitert: Der Bund könnte vom ersten Tag an Verzugszinsen verlangen, dies vor Bundesgericht bringen und würde wahrscheinlich damit auch gewinnen. Es ist gut, dass das Parlament so entschieden hat.

zentral+: Jetzt bleibt nur noch das Kantonsreferendum, alle anderen Ideen sind vom Tisch. Ist das wirklich die einzige Massnahme, die der Kanton ergreifen kann?

Hegglin: Nein, wir werden uns in Bern weiterhin sehr aktiv einbringen. So bei den laufenden Beratungen zur Unternehmenssteuerreform lll, die einen grossen Einfluss auf den NFA haben, und beim nächsten Wirksamkeitsbericht zum NFA.

zentral+: Nur hat die Massnahme kaum Chancen auf Erfolg.

Hegglin: Möglicherweise, allerdings ist sie ein Zeichen: Man kann nicht so mit den Anliegen der Geberkantone umgehen.

zentral+: Stefan Gisler hat in der Debatte gesagt, der Kanton könne mit dem Referendum nur verlieren: Wenn es durchkäme, müsse er mehr zahlen als heute, wenn es abgeschmettert würde, wären die Nehmerkantone demokratisch legitimiert. Was sagen Sie dazu?

Hegglin: Diese Gefahr besteht immer. Aber es ist die einzige Möglichkeit, die wir im Moment haben. Es ist aber nicht richtig, dass wir mehr bezahlen müssten, wenn das Referendum durchkäme.

«Es ist denkbar schlecht eingerichtet, dass die Debatte um den NFA immer kurz vor den eidgenössischen Wahlen stattfindet.»

Peter Hegglin, Finanzdirektor

zentral+: Steht der Kanton Zug ohne die Drohung durch all diese abgeschmetterten Massnahmen jetzt schlechter da in den Verhandlungen um den NFA?

Hegglin: Es gibt ja keine Verhandlungen mehr: Das Verfahren ist seit dem Parlamentsbeschluss vom Juni vorbei. Es dauert jetzt wieder vier Jahre bis zum nächsten Beschluss. Meine Hoffnung ist, dass die Debatte jetzt sachlicher geführt werden kann, wenn der Wahlkampf vorbei ist. Es ist denkbar schlecht eingerichtet, dass die Debatte um den NFA immer kurz vor den eidgenössischen Wahlen stattfindet.

zentral+: Was sollten dann die ganzen Aktionen, wenn es sowieso keine Debatte mehr gibt?

Hegglin: Es wird natürlich mit den Verhandlungen zur Unternehmenssteuerreform III weitere Diskussionen um den NFA und um Geldflüsse zwischen den Kantonen geben. Der Kanton Zug muss seinen Druck jetzt aufrechterhalten.

zentral+: Die Zuger Regierung hat die Konferenz der Kantonsregierungen (KDK) in einem Brief dazu aufgefordert, über ihren Umgang mit Minderheiten nachzudenken. Was erhoffen Sie sich davon?

Hegglin: Wir erwarten, dass sich die KDK bewusst wird, wie sie mit uns umgeht. Es kann nicht sein, dass in solchen Fragen einfach eine Mehrheit über eine Minderheit entscheidet. Hier geht es nicht um politische Inhalte, hier geht es um Geld, das einem Kanton aus dem Sack gezogen wird. Da gibt es jemanden, der zahlt. Da müssen die Geberkantone mehr Mitspracherecht haben.

zentral+: Nach dem Motto «Wer zahlt, befiehlt»?

Hegglin: Es ist klar, dass man kein Stimmrecht nach Finanzkraft einführen kann, aber es wäre gut, wenn wir da eine Lösung finden würden. Unser Brief soll ein weiteres Zeichen sein.

zentral+: Alt-Nationalrat Rudolf Strahm hat gegenüber zentral+ gesagt, Sie hätten als Präsident der Finanzdirektorenkonferenz keine verbindende Rolle eingenommen, sondern würden polarisierend wirken. Er hat Sie als «unschweizerische Fehlbesetzung» bezeichnet (zentralplus berichtete). Trifft Sie das?

Hegglin: Nein, das nehme ich eher als Kompliment wahr. Ich finde, Strahm hat in dieser Sache eine verzerrte Sicht, er diskreditiert sich damit eher selber. Wie verbindend könnte ich denn noch werden? Die Nehmerkantone diktieren ja jetzt schon alles.

zentral+: Sehen Sie denn noch Möglichkeiten für eine Lösung?

Hegglin: Ich denke, man muss die Verteilung der NFA-Gelder entpolitisieren und einen Mechanismus einführen, der aufgrund mathematischer Formeln entscheidet, wie viel verteilt wird. Und nicht von einem politisch festgelegten Gesamtvolumen ausgeht wie heute.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Robert M. Muench
    Robert M. Muench, 01.09.2015, 11:54 Uhr

    @Stefan Gisler: Na ja, Ihrer Argumentation folgend kehr erst Ruhe ein, wenn alle gleich schlecht geworden sind… Na dann.

    Der NFA ist, wie er aktuell gelebt wird, wohl nahe an einem «Vertrag zu Lasten dritter» (https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_zu_Lasten_Dritter) der durch die Diktatur der Mehrheit auch noch manifestiert wird.

    Dabei gäbe es eine ganz einfache Lösung: Zeitlich beschränken, danach komplette Neuverhandlung der Methode. Das gibt die Chance alle «Lessons Learned» einfliessen zu lassen. Und, der der etwas haben will , muss denjenigen der etwas geben soll, überzeugen.

    Aber davor haben sicher alle, die etwas bekommen, unheimlich Angst.

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  • Profilfoto von Stefan Gisler
    Stefan Gisler, 28.08.2015, 11:41 Uhr

    Was bei Hegglin und auch im Bericht nicht thematisiert wird, ist das Selbstverschulden des Kantons Zug an den hohen NFA-Kosten. Der Beitrag errechnet sich auch dem Ressourcenpotenzial. Zug hat schweizweit das höchste mit über 260 Indexpunkten – das zweitplatzierte Schwyz liegt schon 100 Punkte zurück, das wirtschaftsstarke Zürich hat rund 140 Punkte weniger. Uri als Schlusslicht hat ganze 87 Punkte. Verursacher der Kosten in Zug sind die durch die bürgerliche Wachstums- und Steuerpolitik angezogenen gewinnstarken Firmen und Vermögenden. Diese zahlen gemessen an ihrem Leistungsvermögen aufgrund zahlreicher Steuersenkungen (über 200 Mio. CHF Ausfälle jährlich) kaum was an die NFA. Darum schöpft Zug nur 12% seines Ressourcenpotenzials steuerlich ab – nur Schwyz liegt noch tiefer. Seit die NFA eingeführt wurde, war dieser Mechanismus bekannt, doch der Finanzdirektor sagte noch bis zum Juli 2014 (nachzulesen in den Kantonsratsprotokollen), dass sich Zug die Steuersenkungen leisten könne. Offenbar nicht – die Bevölkerung soll für das finanzpolitische Versagen mit einem Sparpaket von 111 Mio. CHF jährlich zahlen.
    Man kann schon tiefere Beiträge für Zug verlange. Aber solange jegliche Selbstkritik fehlt und man ausblendet, dass man der wirtschaftstärkste Kanton mit der (fast) tiefsten steuerlichen Abschöpfung ist, und dann noch droht und jammert … ja, dann macht man sich kaum beliebt und entsprechend lausig sind die Verhandlungsresultate.
    PS: Das Referendum wendet sich gegen den Beschluss des Bundesparlaments, die Geber um 67 Millionen jährlich zu entlasten. Entsprechend wird Zug bei einem (höchst höchst unwahrscheinlichen Ja) weniger entlastet.

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