Gerhard Pfister auf den Zahn gefühlt

«Migration ist eine Hauptsorge der Bevölkerung»

Glaubt, die klare Linie mache die Zuger CVP stark: Nationalrat Gerhard Pfister. (Bild: mbe)

Er ist einer der streitlustigsten Politiker der Schweiz: Der Zuger Gerhard Pfister (52) politisiert seit 2003 für die CVP im Nationalrat. Im Herbst will es Pfister nochmals wissen. zentral+ fragte ihn, welches Zug er eigentlich vertritt in Bern, ob Expats die besseren Ausländer sind und ob er Homo-Adoptionen unterstützen würde.

zentral+: Gerhard Pfister, Sie treten bereits zum vierten Mal zu den eidgenössischen Wahlen an. Macht Ihnen die Arbeit in Bern Spass?

Gerhard Pfister: Ja, sehr. Ich empfinde es nach wie vor als grosses Privileg, als Mitglied unserer fünfköpfigen Delegation aus dem Kanton Zug in Bern mitzuarbeiten.

zentral+: Noch nicht amtsmüde?

Pfister: Nein, alles andere. Sonst würde ich aufhören.

zentral+: Haben Sie denn viel Einfluss in Bern?

Pfister: Man darf seine Möglichkeiten nicht überschätzen als einer von 200. Ich sage immer: Im Nationalrat sind die ersten vier Jahre Lehrjahre. Nachher kann man versuchen, Einfluss aufzubauen. Es braucht viel Zeit und Geduld, um in Bern etwas bewirken zu können und es hat niemand auf einen gewartet dort. Ich erinnere mich, dass ein Journalist mich nach meinen ersten vier Jahren als Hinterbänkler bezeichnete, ich habe ihm damals Recht geben müssen.

zentral+: Und jetzt sind Sie, um Ihren Gedanken weiterzuspinnen, ein Vorderbänkler?

Pfister: Ich bin nicht einer, der viel am Rednerpult steht und mache wenig Vorstösse. Aber ich bin Mitglied des Präsidiums der CVP Schweiz und da haben Sie natürlich einen gewissen Einfluss. Letztendlich müssen Sie andere fragen, wie sie mich beurteilen.

zentral+: Wie lange hält es Sie noch in Bern, vier, acht, gar zwölf Jahre?

Pfister: Die Frage ist immer, ob die Partei noch daran interessiert ist, dass man weiter macht und ob man selber interessiert ist. Jetzt trete ich einmal für vier weitere Jahre an.

zentral+: Was braucht es für Eigenschaften, um in Bern erfolgreich zu sein?

Pfister: Keine. Es braucht keine besonderen Qualifikationen, Gott sei Dank. Das ist ja das schöne an der direkten Demokratie. Aber um Ihre Frage doch zu beantworten, gesunder Menschenverstand ist schon einmal eine gute Vorausetzung. Dann braucht es Freude an der Debatte, am guten Streiten über Ideen. Und es braucht sicher viel Geduld.

zentral+: Herr Pfister, welches Zug vertreten Sie eigentlich in Bern?

Pfister: Die Linken sagen von sich selber immer, sie vertreten das andere Zug und meinen damit das moralisch bessere Zug, das gehört seit jeher zum Rollenspiel. Ich masse mir nicht an, zu wissen, wen ich vertrete. Es war aber immer mein Ziel, die Bevölkerung relativ klar wissen zu lassen, wie ich politisiere und wofür ich einstehe. Ich bin Vertreter einer liberal-konservativen CVP seit meinen politischen Anfängen im Zuger Kantonsrat.

«Die Linken sagen, sie vertreten das andere Zug und meinen das moralisch Bessere.»

Gerhard Pfister zur Frage, wen er in Bern vertritt

zentral+: Vertreten Sie vielleicht die vermögenden Zuger?

Pfister: Das ist aus meiner Sicht eine falsche Fragestellung. Ich vertrete nicht eine bestimmte Bevölkerungsgruppe. Ich versuche gewisse Einstellungen zu vertreten. Zum Beispiel, die Einstellung, dass der Wohlstand aller, auch der Schwachen, dann am grössten ist, wenn wir eine möglichst liberale Wirtschaftsordnung haben. Der Sozialstaat ist nur finanzierbar mit einer liberalen Wirtschaftsordnung. Das aktuelle Gegenbeispiel ist Griechenland.

zentral+: Was ist Ihr grösster Erfolg in Bern, etwas, was Sie angeregt haben und das durchgekommen ist?

Pfister: Eines der grössten Projekte liegt etwas weiter zurück, die Totalrevisision des Ausländer- und Aslygesetzes. Da habe ich wesentliche Beiträge leisten können. Das andere ist aktueller: Angesichts der heutigen Flüchtlingssituation wird die Verteilung anerkannter Flüchtlinge nach einem Schlüssel in Europa diskutiert. Das haben wir von der CVP bereits vor Jahren gefordert, nun wird es langsam mehrheitsfähig. Beim Nationalen Finanzausgleich (NFA) habe ich dazu beigetragen, dass sich die Geberkantone mit ihren Argumenten etwas besser Gehör verschaffen. Ich war in der NFA-Kommission, als dieser vor acht Jahren eingeführt wurde, damals war man absolut chancenlos als Vertreter eines Geberkantons.

Zur Person

Der 52-jährige Gerhard Pfister politisiert seit 2003 für den Kanton Zug im Nationalrat. Vorher war er im Kantonsrat und bis 2008 CVP-Kantonalpräsident. Der Politiker aus Oberägeri ist Mitglied des Präsidiums der CVP Schweiz und wird als möglicher nächster Parteipräsident vom rechten Flügel gehandelt (zentral+ berichtete). Pfister ist in Bern in der Aussenpolitischen und der Staatspolitischen Kommission und politisiert wirtschaftsliberal-konservativ. Beruflich ist Pfister Verwaltungsratspräsident der von ihm gegründeten privaten Tagesschule Elementa in Menzingen. Und ebenso Delegierter des Verwaltungsrats der Privatschule Institut Montana auf dem Zugerberg. Pfister studierte Germanistik und Philosophie und ist Dr. phil.

zentral+: Sehr erfolgreich waren die Zuger in dieser Frage bisher nicht.

Pfister: Das gehört zu den unbefriedigenden Situationen. In Bern hat man einen so genannten Kompromiss geschlossen, in der Meinung, man käme den Geberkantonen entgegen. Drei Wochen später zeigen die offiziellen Zahlen, dass der Kanton Zug noch mehr zahlen muss. Er wäre nur mit dem Vorschlag des Bundesrats allenfalls entlastet worden. Doch dieser hat keine Mehrheit gefunden.

zentral+: Der Regierungsrat will ein Kantonsreferendum einreichen, die FDP verlangte ein NFA-Sperrkonto einzurichten, CVP und GLP haben weitere kreative Ideen. Ihre Meinung dazu?

Pfister: Ich befürworte den Regierungsratsentscheid für ein Kantonsreferendum. Das Problem wird sein, genügend Kantone zu finden, die auch mitmachen. Die verschiedenen Vorstösse im Kantonsrat befürworte ich ebenfalls, auch wenn sie vor allem Symbolcharakter haben. Die Sistierung der Mitgliedschaft in der Konferenz der Kantonsregierungen, wie von CVP und FDP gefordert, ist aus meiner Sicht ebenfalls ein klares Zeichen. Gerade die Kantone, die sonst immer auf Minderheitenschutz pochen, sind zu keinen Zugeständnissen bereit, wenn sie für einmal in der Mehrheit sind.

«Beim NFA habe ich dazu beigetragen, dass sich die Geberkantone etwas besser Gehör verschaffen können.»

zentral+: Eine Frage zu Ihrer politischen Arbeit in Bern. Liest man Ihre Vorstösse, betrifft fast jeder Zweite Ausländer und Asyl. Warum ist Ihnen das Ausländerthema eigentlich so wichtig?

Pfister: Kennen Sie das Sorgenbarometer der Schweizer Bevölkerung? Migration ist seit Jahren das Topthema. Ich finde, dass es Aufgabe der Politik ist, sich dieser Sorgen anzunehmen. Auf der anderen Seite bin ich in der zuständigen Staatspolitischen Kommission, dann fangen Sie an, sich in diese Dossiers einzuarbeiten.

zentral+: Die Einwanderung gehört zur Schweiz, das Land würde ja ohne Ausländer gar nicht funktionieren. Man denke an die Spitäler, den Bau, Gastronomie und Hotellerie.

Pfister: Richtig. Das ist ja nicht bestritten. Die Frage ist einfach – auch angesichts des Volksentscheids vom Februar 2014 – wie viel Einwanderung wir wollen. Wer darf noch kommen und unter welchen Rechtstiteln? Ich bin überzeugt, dass die Ausländerinnen und Ausländer wichtig sind für die Schweiz. Aber das heisst ja nicht, dass die Bevölkerung nicht ein gewisses Unbehagen empfindet angesichts des Wachstums. Das sehen sie auch hier in Zug.

zentral+: Haben Sie ein persönliches Problem mit Ausländern?

Pfister: Überhaupt nicht. Ich bin ja selbst halber Deutscher, von meiner Mutter her, insofern habe ich kein Problem. Trotzdem kann ich mich den Sorgen der Bevölkerung annehmen.

zentral+: In einem Ihrer Vorstösse setzten Sie sich beim Bundesrat gegen die Abschaffung von Steuerabzügen für Expats ein. Gibt es für Sie zwei Arten von Ausländer, die Expats, für die Sie sich einsetzen und die anderen, die Sie attackieren?

«Den Expats verdanken wir in Zug einen grossen Teil des Wohlstands.»

Pfister: Das wird mir immer unterstellt. Ich glaube, ich attackiere niemanden. Ich stehe zur humanitären Tradition der Schweiz (denkt lange nach). Man muss verschiedene Sachen auseinanderhalten. Sie haben vorhin selbst gesagt, dass Ausländer wichtig sind für die Schweiz. Insbesondere für den Kanton Zug sind die Expats enorm wichtig. Wir verdanken ihnen einen grossen Teil des Wohlstandes und die gesamte Schweiz verdankt ihnen via Nationaler Finanzausgleich ebenfalls recht viel. Bei diesem Vorstoss ging es darum, gute Bedingungen für internationale Unternehmen in der Schweiz zu schaffen. Jeder Ausländer, der sich an die hier geltenden Sitten und Gebräuche hält, ist bei uns sehr willkommen. Das kann man von einem Expat wie von einem Asylbewerber verlangen.

zentral+: Ein ganz anderes Thema. Sie sind gegen das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben. Korrekt?

Pfister: Die CVP ist dagegen.

zentral+: Sie persönlich auch?

Pfister: Ja.

zentral+: Warum?

Pfister: Weil wir der Meinung sind, dass das traditionelle Familienmodell einen grösseren Schutz verdient und weil wir seinerzeit dem Gesetz über die eingetragene Partnerschaft unter der Bedingung zugestimmt haben, dass das Adoptionsrecht nicht drin ist. Das ist seinerzeit von den interessierten Kreisen akzeptiert worden, und daran halten wir eigentlich fest.

zentral+: Traditionelles Familienmodell ist so ein schönes Wort. Viele Ehen werden wieder geschieden, es gibt verschiedenste Arten des Zusammenlebens, Patchworkfamilien, Alleinerziehende. Warum dieses Beharren auf einem nicht existierenden Ideal?

Pfister: Dass es verschiedenste Lebensmodelle gibt, wird ja von uns nicht bestritten, unser Staat ist genug liberal, dass jeder so leben kann, wie er oder sie will. Es darf aber einer Partei unbenommen sein, sich für eine bestimmte Lebensform mehr einzusetzen als für die anderen. Ohne die anderen Formen deswegen abzuwerten. Nicht jeder Unterschied ist eine Diskriminierung.

zentral+: Sie sind also nicht bereit, den Homosexuellen mit Kinderwunsch entgegen zu kommen, um das zu ändern?

Pfister: Wenn irgendwann eine Volksmehrheit der Meinung ist, dass man das anpassen müsse, dann bin ich der erste, der das akzeptiert. Ich muss es aber nicht mittragen und muss es nicht besonders fördern.

«Nicht jeder Unterschied ist eine Diskriminierung.»

Gerhard Pfister zum Adoptionsrecht für homosexuelle Paare

zentral+: Sie setzen sich unter anderem für gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft ein. Auf Ihrer Homepage sprechen Sie vom «Erfolgsmodell Schweiz». Ist dieses Erfolgsmodell Ihrer Meinung nach bedroht?

Pfister: Ja, sicher. Massiv. Einerseits nimmt die Regulierung zu, der Etatismus und die vorschnelle Anpassung aufgrund von ausländischen Druckversuchen. Der Schweizer Erfolg beruht auf einer liberalen Wirtschaftsordnung, und die ist ebenfalls gefährdet. In drei bis fünf Jahren wird die Schweiz nicht mehr den Spitzenplatz einnehmen, den sie heute hat. Wir kommen überall von den ersten drei Plätzen auf Platz 4, 5 oder 6 und das ist für die Schweiz mittelfristig eine grosse Bedrohung.

zentral+: Liegt es nicht daran, dass wir mit unserem Schweizer Franken einfach sehr teuer sind?

Pfister: Es liegt daran, dass die Politik zu einem grossen Teil vergessen hat, woher der Wohlstand eigentlich kommt. Sie fokussiert sich zu stark darauf, dessen Früchte zu verteilen als die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass in der Schweiz weiterer Wohlstand erwirtschaftet werden kann.

zentral+: Ihre Meinung zu Aussagen anderer Nationalratskandidaten? Andreas Lustenberger von der Alternative die Grünen sagte im Interview mit zentral+, das neoliberale Erfolgsmodell der bürgerlichen Politik führe dazu, dass die Kantone kaputt gespart würden und die Bürger leiden müssten.

Pfister: Das sehe ich komplett anderes. Andreas Lustenberger vergisst, woher der Kanton Zug kommt. Zug war noch vor zwei Generationen einer der ärmeren Kantone der Schweiz. Er hat dann eine gute Politik eingeschlagen, die sich aber erst Jahre später ausgewirkt hat. Verglichen mit dem Rest der Schweiz ist Zug unglaublich privilegiert geworden. Da hat Andi Lustenberger insofern Recht, dass das nicht der Verdienst der Linken ist, sondern ein Erfolg der Bürgerlichen.

zentral+: Hubert Schuler von der SP findet im selben Interview, es brauche mehr Sozialkompetenz im Nationalrat, die Bevölkerung und die Gesellschaft gehe vor die Hunde durch diese Politik.

Pfister: Wenn das so wäre, würden mehr Leute SP wählen. Offensichtlich trifft seine Wahrnehmung nicht die Stimmung von sehr vielen Leuten in diesem Kanton.

zentral+: Herr Pfister, Sie wohnen in Oberägeri. Auf Ihrer Homepage findet man aber nur eine Postfachadresse und Sie stehen auch nicht im Telefonbuch. Warum so anonym als einer der bekanntesten Politiker der Schweiz, müssen Sie sich schützen?

Pfister: Die Natelnummer finden sich auf meiner Webseite. Insofern bin ich transparent und man kann mich zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichen. Auf dem Festnetzanschluss sollen mich meine privaten Freunde und Bekannte erreichen. Meine Postfach-Adresse hat den einfachen ökonomischen Grund, dass ein Postfach mehr Platz hat als der Briefkasten zuhause. Ich gehöre ausserdem nicht zu denen, die glaubt, dass das Private politisch relevant ist.

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