Sollen Randalierer länger in den Knast?

CVP scheitert knapp mit Anti-Hooligan-Vorstoss

Beim letzten Spiel des FC Luzern gegen den FC Zürich kam es zu Schlägereien und Vandalenakten. (Bild: zentral+)

Die Polizei soll randalierende und prügelnde Fussballfans länger in Gewahrsam halten können. Dies verlangte die CVP mit einem Vorstoss. Drei Tage einbuchten hätten eine abschreckende Wirkung, so die Begründung. Auch ein Teil der FDP war dafür – obwohl die Forderung gar nicht umsetzbar wäre.

Diesen Montag diskutierte der Luzerner Kantonsrat darüber, ob festgenommene Hooligans in Zukunft länger im Gefängnis festgehalten werden dürfen. Der Vorstoss des abgewählten Kantonsrates Serge Karrer sollte mit der Verschärfung der Zwangsmassnahmen ein Zeichen setzen. Gewalttätige und randalierende Fussballfans, die auch an Spielen des FC Luzern hin und wieder Probleme bereiten, müssen gemäss CVP generell härter angepackt werden. Heute dürfen Polizei und Staatsanwaltschaft solche «Fans» für maximal 48 Stunden einsperren. Diese Frist soll laut Vorstoss auf 72 Stunden verlängert werden.

«Wir wollen, dass Hooligans länger festgehalten werden dürfen.»

Gianmarco Helfenstein, CVP-Kantonsrat

Im Vorfeld zur Debatte stiess die Idee bei der Regierung auf Ablehnung (zentral+ berichtete), weil die Umsetzung des Postulats übergeordnetes Recht verletzen würde. Doch wurde nun mit Spannung erwartet, ob die bürgerlichen Parteien den Vorstoss unterstützen. Generell werden Verschärfungen und eine härtere Gangart von FDP und SVP begrüsst.

Abschreckende Wirkung?

CVP-Kantonsrat Gianmarco Helfenstein (Horw) hielt an den Forderungen fest und übernahm das Wort für seinen Parteikollegen Karrer: «Wir wollen, dass Hooligans länger festgehalten werden dürfen, damit die Polizei unter anderem für Abklärungen mehr Zeit hätte. Zeit, die sie für Analysen aus Videos, Fotos oder auch aus Telefongesprächen einsetzen kann.» Solche Verlängerungen der Haft würden den Hooligans – und besonders den Rädelsführern – zu denken geben. Sie hätten eine abschreckende Wirkung, so Helfenstein.

Dann war SVP-Kantonsrat Armin Hartmann (Schlierbach) an der Reihe. «Grundsätzlich unterstützen wir die Idee, Hooliganismus und Vandalismus härter anzupacken», sagte er. Doch stellt er sich mit seinen Argumenten auf die Seite des Regierungsrates, das CVP-Postulat sei nicht gesetzeskonform, nicht umsetzbar und müsse deshalb abgelehnt werden. Den Rahmen steckt die Eidgenössische Strafprozessordnung. «Solange die Europäische Menschenrechtskonvention und auch das Bundesrecht nicht geändert werden, ist die Forderung nicht realistisch.» Die SVP-Fraktion wollte deshalb das Postulat nicht überweisen. 

«Die Kantone können bereits jetzt gemeinsam gegen Hooliganismus Massnahmen ergreifen.»

Michèle Graber, Kantonsrätin GLP

GLP befürchtet ungleiche Behandlung

Auch die grünliberale Kantonsrätin Michèle Graber (Udligenswil) zeigte sich skeptisch. «Wir sehen keinen Grund für eine Unterscheidung zwischen Hooligans und sonstigen Vandalen. Warum sollte ein Hooligan 72 Stunden festgehalten werden können und andere nur 48 Stunden? Das wäre eine Ungleichbehandlung.»

Zweitens sei vor nicht allzu langer Zeit ein Hooligan-Konkordat eingeführt worden, so Graber weiter (siehe Box). «Die Kantone können bereits jetzt gemeinsam gegen Hooliganismus Massnahmen ergreifen. Bis heute sind aber noch nicht alle Massnahmen umgesetzt worden.» Es werde zum Beispiel noch auf eine Meldepflicht von registrierten Personen oder auf eine flächendeckende ID-Kontrolle verzichtet. «Wir sind der Meinung, dass zuerst alle Mittel des Konkordates ausgeschöpft werden müssen.» Aus diesen Gründen lehne die Grünliberale Partei eine Erhöhung der Haftzeit ab. 

Die SP und die Grünen waren ebenfalls gegen den CVP-Vorstoss. Dies auch, weil eine solche Verschärfung klar gegen übergeordnetes Recht verstosse. «Eine kantonale Bestimmung ist unnötig», sagte SP-Kantonsrat Martin Krummenacher (Willisau). Und der grüne Kantonsrat Hans Stutz fügte hinzu: «Die Überführung von Hooligans geschieht in der Praxis meistens mit Videobeweisen. Diese Abklärungen brauchen ihre Zeit, um rechtsstaatlich sauber gemacht zu werden.» 

FDP war gespalten 

Bei der letzten Votantin wurde es schliesslich nochmals spannend. Die sitzstarke FDP hätte bei geschlossener Meinung zusammen mit der CVP eine Mehrheit bilden und damit das Postulat überweisen können. «Die FDP unterstützt grundsätzlich die Stossrichtung der Verschärfung», eröffnete FDP-Kantonsrätin Johanna Dalla Bona (Kriens) ihre Rede. Doch ihre Fraktion sei gespalten. «Auf nationaler Ebene sind bereits Vorstösse hängig», begründete Dalla Bona die ablehnende Haltung einiger ihrer Parteikollegen und sagte wie schon der SP-Vertreter Martin Krummenacher: «Eine kantonale Regelung ist nicht nötig.» Zudem seien in schweren Fällen und auf Anordnung der Staatsanwaltschaft schon heute Verlängerungen der Haftzeit möglich.

Eine Mehrheit der FDP lehnte dann das Postulat ab. Eine Minderheit hingegen wollte aber ein politisches Zeichen setzen. Und so war dann auch das Resultat im Kantonsrat ziemlich knapp: Der Vorstoss der CVP wurde mit 55 zu 51 Stimmen abgelehnt, bei einer Enthaltung. 

So sieht die heutige Regelung aus

Die Regierung verwies in ihrer Antwort auf das Postulat auf diverse, in letzter Zeit eingeführte neue Änderungen im Kampf gegen Gewalt an Fussballspielen. Alleine das Hooligankonkordat I und II würde ein Bündel an zusätzlichen Massnahmen bieten. Bezüglich der 72-Stunden-Forderung zeigt die Regierung die gesetzlichen Rahmenbedingungen detailliert auf:

 

  • Demnach darf eine Person gemäss Strafprozessordnung während maximal 24 Stunden durch die Polizei festgehalten werden.
  • Danach ist sie entweder freizulassen oder – wenn Gründe für eine Untersuchungshaft bestehen – in die Hände der Staatsanwaltschaft zu übergeben.
  • Die Staatsanwaltschaft ihrerseits hat innerhalb von 48 Stunden seit der Festnahme dem Zwangsmassnahmengericht einen Antrag auf Untersuchungshaft zu stellen. 
  • Das Zwangsmassnahmengericht hat spätestens innerhalb 48 Stunden seit dem Eingang des Hanftantrages über die U-Haft zu entscheiden.
  • Diese Regelung stellt sicher, dass eine Festnahme bis zu 96 Stunden rechtlich möglich ist.
  • Spätestens 96 Stunden nach der Verhaftung muss aber ein Gericht über die Rechtmässigkeit der Festnahme entscheiden. 

Diese Höchstdauer von 96 Stunden ergibt sich laut Regierung aus den Vorgaben der Bundesverfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention. Daran müsse sich auch der Kanton Luzern halten.

 

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