Luzern gibt Gas

Stadt muss drei Mal mehr Solarstrom produzieren

Das war Rekord: Nur etwa sieben Stunden brauchten die Jungen Grünen 2013, um die Unterschriften für ihre Initiative zu sammeln. (Bild: www.jungegruene.ch)

So pragmatisch kann Politik sein: Diesen Donnerstag hat das Stadtparlament die Flachdachinitiative der Jungen Grünen abgesägt, dafür aber den Gegenvorschlag des Stadtrates angenommen. Die Jungen Grünen zogen daraufhin ihre Initiative zurück. Doch kritiklos passierte die Vorlage beileibe nicht.

Die Stadt Luzern wird grüner und ökologischer. Bis 2025 muss drei Mal mehr Solarstrom produziert werden als heute. Zudem muss bis dann die Fläche an thermischen Solaranlagen verdoppelt werden. So stehts im Gegenentwurf des Stadtrates auf die Volksinitative der Jungen Grünen namens «Sonne auf Luzerner Dächern (Flachdach-Initiative)». Das Stadtparlament hat diesen Donnerstag die Initiative verworfen und dem Gegenvorschlag grünes Licht gegeben. Einzig die SVP war dagegen. Die Initianten haben anschliessend ihre Initiative zurückgezogen.

Die Flachdach-Initiative wäre wohl zusammen mit dem Gegenvorschlag in einer Doppelabstimmung am 29. November 2015 den Stimmberechtigten zur Abstimmung unterbreitet worden. Nach dem Rückzug der Initiative ist das hinfällig geworden. Wird nicht das Referendum ergriffen, stehen ab 2017 mehr Gelder für die ökologische Energiegewinnung zur Verfügung.

«Wir werden das Referendum nicht ergreifen. Der Aufwand steht wohl in keinem Verhältnis zum Ertrag.»

Peter With, Präsident SVP Stadt Luzern

Gestoppt werden könnte das Projekt jetzt nur noch vom Volk: Es gilt das fakultative Referendum. Das dürfte jedoch kaum ergriffen werden. So sagte SVP-Präsident und Grossstadtrat Peter With nach der Debatte auf Anfrage von zentral+: «Wir werden das Referendum nicht ergreifen. Der Aufwand steht wohl in keinem Verhältnis zum Ertrag, zumal auch die ‹bürgerlichen› FDP und CVP dem Gegenvorschlag zugestimmt haben.»

Mehr Geld für Solarenergie

Der Ende 2013 von den Jungen Grünen Luzern eingereichten Flachdach-Initiative musste der Stadtrat auf Antrag des Parlaments einen Gegenvorschlag entgegenstellen (zentral+ berichtete). Konkret forderten die Initianten, dass auf allen dafür geeigneten Flachdächern der Stadt eine Sonnenenergienutzung installiert und diese so ökologisch aufgewertet werden. Da dies, laut Stadtrat, aber zu einer Ungleichbehandlung mit Gebäuden mit Schrägdächern führe und der Initiativtext in anderen Punkten verschiedene rechtlich heikle Fragen aufwerfe, lehnte der Stadtrat die Initiative ab.

Der Gegenvorschlag kommt in Form einer Revision des Energiereglements daher. Darin ist als neues Ziel die Verdreifachung der Solarstromproduktion in der Stadt Luzern bis 2025 vorgesehen, was nach Ansicht des Stadtrates durchaus realistisch ist. Im Bereich der thermischen Solaranlagen jedoch erachtet der Stadtrat eine Verdreifachung der Produktion bis in zehn Jahren als unrealistisch. Eine Verdoppelung jedoch sei machbar. 2025 könnten so rund sieben Prozent des Warmwasserbedarfs geheizt werden.

Mit dem vorliegenden Bericht und Antrag soll gleichzeitig die Finanzierung des Energiereglements geändert werden. «Die Einlagen in den Energiefonds sollen in den kommenden Jahren schrittweise erhöht werden», so der Stadtrat. Konkret handelt es sich um folgende Summen: 575’000 Franken (2017), 975’000 Franken (2018) und 1,375 Milionen Franken (ab 2019). Derzeit liegt die jährliche Einlage in den Energiefonds bei 500’000 Franken. Jährlich wird jedoch rund das Doppelte an Fördermitteln benötigt.

Kritik an Finanzierung

In der zuvor angeregten, aber sachlich geführten Debatte stemmte sich unter anderem die FDP gegen mehr Geld für den Energiefonds.

«Wieso sollen wir schon heute über die Höhe der Einlagen debattieren? Dazu fehlen die Grundlagen.»

Rieska Dommann, FDP

Rieska Dommann etwa argumentierte: «Wieso sollen wir schon heute über die Höhe der Einlagen debattieren? Dazu fehlen die Grundlagen. Wir können so nur darauf vertrauen, dass der Stadtrat alle Faktoren angemessen berücksichtigt. Nur um über die Finanzierung der Massnahmen gemäss Gegenvorschlag zu ermöglichen, würden 70’000 Franken genügen.»

Genosse Mario Stübi (SP) sah es erwartungsgemäss anders. Er erinnerte seine 47 Ratsmitglieder: «Bis 2045 wollen wir aus der Atomenergie aussteigen.» Deshalb sei die Initiative der Jungen Grünen grundsätzlich richtig. Jedoch habe diese auch einige Schwächen, die rechtlich problematisch seien. «Wir begrüssen den Gegenvorschlag des Stadtrates deshalb sehr.» Dieser sei jedoch nicht wahnsinnig generös. «Er sichert einzig die weitere Handlungsfähigkeit des Energiefonds.»

Jules Gut (GLP) hat für sein Votum ordentlich recherchiert, wie sich zeigt: «Von 100 Franken pro Liter Erdöl bleiben 15 Franken bei uns. 85 Prozent des Erdöls kommen aus Lybien, Kasachstan und Nigeria.» Alles Länder mit problematischem Hintergrund. «Für uns sind auf dem eigenen Dach installierte Solaranlagen sympathischer.» Gut mahnte aber, ganz im Sinne einer ausgewogenen Haltung: «Die Subventioniererei muss dann auch mal ein Ende haben.» 

«Sonnenenergie ist sehr teuer»

Wenig überraschend war die SVP nicht sonderlich angetan von der Aufstockung des Energiefonds. Urs Zimmermann fotzelte: «Die Flachdachinitiative wäre überhaupt nicht umsetzbar. Für uns ist zudem nicht nachvollziehbar, warum man Sonnenergie so stark pushen will. Sie ist ja sehr teuer.» Doch auch mit dem Gegenvorschlag würde die Handlungsfähigkeit der Politik in Bezug auf die Energieziele eingeschränkt. «Kommt dann jemand mit neuen Ideen heisst es sicher schnell: Das geht nicht, denn es entspricht nicht dem Reglement.»

«In der Stadt Luzern könnte fast ein Viertel des Strombedarfs mit Strom aus der Fotovoltaik gedeckt werden.»

Korintha Bärtsch, Grüne

Korintha Bärtsch von den Grünen stellte sich hinter den Gegenvorschlag des Stadtrates. «Das Ziel des Gegenvorschlages ist ambitioniert, aber erreichbar. In der Stadt Luzern könnte fast ein Viertel des Strombedarfs mit Strom aus der Fotovoltaik gedeckt werden.» Damit komme man dem Atomausstieg etwas näher und trage zur Verringerung der Abhängigkeit von ausländischen Stromproduzenten bei. Bärtsch mahnte aber vor zu hohen Erwartungen: «Der vom Stadtrat beantragte Beitrag ist bescheiden.»

Thomas Gmür (CVP) begrüsste die neue Finanzierung und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Jungen Grünen ihre Initiative zurückziehen – was dann ja auch prompt geschah.

Netter Bluffversuch

Dann durfte auch noch einer der Initianten selber, der Junge Grüne Grossstadtrat Laurin Murer, das Wort ergreifen: «Wir sind sehr glücklich über den Gegenvorschlag». Jedoch beanstandete Murer ein paar Punkte darin. Unter anderem verlangte er, dass die Finanzierung des Energiefonds vorverschoben werde. «Ansonsten halten wir an der Initiative fest», drohte er in höchst freundlichem Tonfall. Entsprechend liess sich das Parlament davon auch nicht beeindrucken und lehnte alle Forderungen der Jungen Grünen ab. Doch Murer war nicht beleidigt, dass sein Bluff die erhoffte Wirkung nicht erzielte, und gab kurz darauf zufrieden bekannt: «Obwohl unsere Forderungen bezüglich Gegenvorschlag nicht erfüllt wurden, ziehen wir die Initiative trotzdem zurück.»

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