Nachgefragt: Horbach, wie weiter?

«Die Situation an den anderen Schulen ist besser»

Wegweiser zur «Internat/Tagesschule Horbach» auf dem Zugerberg. (Bild: hch)

Der Kanton Zug hat Druck aufgesetzt wegen der Personalsituation an der Sonderschule Horbach. Damit bestätigen sich die Recherchen von zentral+, dass an der Schule fast keine Fachpersonen mit einem Diplom in schulischer Heilpädagogik mehr arbeiten. Gerade mal zwei sind es momentan.

Die neue Leistungsvereinbarung mit der Gemeinnützigen Gesellschaft Zug (GGZ), Trägerin der Internat/Tagesschule Horbach (ITH) enthält klare Auflagen (zentral+ berichtete). Das ist ein Novum. Gelingt es der GGZ und der ITH-Schulleitung bis Ende 2016 nicht, die Qualität der Betreuung durch genügend diplomierte schulische Heilpädagogen sicherzustellen, verliert die GGZ möglicherweise ihren Auftrag. Lukas Fürrer, stellvertretender Generalsekretär der Zuger Direktion Bildung und Kultur, erläutert im Interview die Haltung des Kantons.

Lukas Fürrer

(Bild: PD)

zentral+: Herr Fürrer, steht der Kanton noch hinter der Sonderschule Horbach?
Lukas Fürrer: Ja, nach wie vor.

zentral+: Wir machten im Herbst 2014 publik, dass viel zu wenige Lehrpersonen mit heilpädagogischer Ausbildung an der Sonderschule arbeiten. Ist die neue Leistungsvereinbarung eine Folge der Medienberichte?
 
Fürrer: Nein. Qualitätsfragen wurden schon früher besprochen. Die neue Leistungsvereinbarung wurde dazu genutzt, um die Antworten darauf festzuhalten.
 
zentral+: Gemäss der GGZ und der betroffenen Sonderschule ist der Fachkräfte-Mangel kein spezifisches Problem der Schule Horbach, sondern ein generelles Problem in der Schweiz. Teilen Sie diese Einschätzung?
Fürrer: Ja.
 
zentral+: Ehemalige ITH-Lehrkräfte, die sich bei zentral+ gemeldet haben und heute teilweise bei anderen Sonderschulen arbeiten, sagen jedoch, das Problem sei hausgemacht. Es liege an der Personal-Führung. Dass eine Institution mit einer solchen Kündigungswelle ihre frei werdenden Stellen nicht einfach mit den nötigen Fachkräften besetzen könne, sei logisch. Was sagt der Kanton zu diesen Vorwürfen?
 
Fürrer: Reorganisationen sind oft mit Personalentscheiden verbunden. Der Fachkräftemangel ist eine Tatsache. Die ITH steht diesbezüglich nicht alleine da. Erschwerend kommt dazu: Die Arbeit an der ITH ist sehr anspruchsvoll.

zentral+: Könnte es nicht am ramponierten Ruf der Schule liegen, dass sie keine Fachkräfte findet?

Fürrer: Der Ruf ist in unseren Augen nicht ramponiert.
 
zentral+: Führt die Direktion bezüglich Personalführung Gespräche mit ITH-Geschäftsführer Thilo Behrendt?

Fürrer: Nein, wir führen die Schule nicht. Dafür ist die Gemeinnützige Gesellschaft Zug zuständig.
 
zentral+: Gemäss Leistungsvereinbarung muss die Sonderschule bis Ende 2015 an beiden Standorten «mindestens eine Person» mit der nötigen heilpädagogischen Ausbildung beschäftigen. Bedeutet das, dass an beiden Standorten aktuell keine Lehrperson arbeitet, die über die nötige Ausbildung verfügt?

Fürrer: Nein. Das ist nicht richtig. Die ITH verfügt heute über zwei Lehrpersonen, an jedem Standort für Primar- und Sekundarstufe eine, mit der entsprechenden Ausbildung. Dazu kommen Lehrpersonen in SHP-Ausbildung. 2015 schliesst eine ITH-Lehrperson die Ausbildung ab, 2016 werden es zwei weitere sein. Per Schuljahr 2016/17 sollte die Schule also drei weitere Lehrpersonen mit abgeschlossener SHP-Ausbildung haben. Schon früher, per 2015/16 ist vorgesehen, dass nochmals drei weitere Lehrpersonen mit der Ausbildung beginnen.
 
zentral+: Konnte die ITH seit Inkrafttreten der Vereinbarung im April 2015 neue Lehrkräfte einstellen, welche die gestellten Bedingungen erfüllen?
Fürrer: Ja, ab Sommer 2015 ist eine Schulleiterin mit den entsprechenden Qualifikationen eingestellt worden.
 
zentral+: Der Kanton Zug regelt seine Zusammenarbeit mit den verschiedenen Sonderschulen und dem Heilpädagogischen Dienst Zug per Leistungsvereinbarung. Mit welchen anderen Schulen, ausser der ITH, hat Zug noch Verträge abgeschlossen? 

Kommission unterstützt Bildungsdirektion

Die neue Leistungsvereinbarung des Kantons mit der Gemeinnützigen Gesellschaft Zug (GGZ) zur Sonderschule Horbach wird auch beim Geschäftsbericht 2014 des Kantons erwähnt, der am Donnerstag im Kantonsrat traktandiert ist. Die erweiterte Staatswirtschaftskommission (Stawiko) hat sich mit dem Thema der ITH beschäftigt, liest man in ihrem Bericht und Antrag. Sie wurde von der Direktion für Bildung und Kultur über die Leistungsvereinbarung 2015-2016 mit der GGZ informiert. Der Vertrag enthalt fünf Auflagen, die erfüllt werden müssen, um die Qualität der Betreuung zu gewährleisten (zentral+ berichtete). Sollte sich die Situation mit den schulischen Heilpädagogen bis Ende 2016 nicht gemäss Auftrag entwickeln, werde der Kanton keine weitere Leistungsvereinbarung mehr abschliessen. Die Stawiko unterstützt diese Haltung, schreibt sie. Sie bittet Bildungsdirektor Stephan Schleiss, die Kommission bei der Visitation zum Budget 2016 über den weiteren Verlauf zu informieren.

Fürrer: Mit dem Heilpädogischen Zentrum Hagendorn, der Heilpädagogischen Schule der Stadt Zug, der Privatschule Dr. Bosshard in Unterägeri, dem Heilpädagogischen Schul- und Beratungszentrum Sonnenberg in Baar, der Stiftung Zürcher Sprachheilschule in Unterägeri und mit «schuLpLus» aus Oberägeri.
 
zentral+: Ist die Situation mit den schulischen Heilpädagogen an diesen Schulen besser als an der ITH?
 
Fürrer: Bezüglich der Ausbildungsquote stehen die übrigen Einrichtungen besser da als die Internat Tagesschule Horbach.
 
zentral+: Haben Sie eine konkrete Zahl?
 
Fürrer: Die Quote bewegt sich bei den anderen Institutionen im Bereich des Zuger Schnitts an den öffentlichen Schulen, also bei rund 75 Prozent.
 
zentral+: Und bei der ITH, sind es wieviele, in Prozenten?
 
Fürrer: Das kann ich Ihnen aus dem Stegreif nicht sagen.
 
zentral+: In der Leistungsvereinbarung mit der ITH ist auch die Rede davon, dass die Schule Investitionsbeiträge an Bauten zurück zahlen müsste, wenn die Vereinbarung nicht eingehalten wird. Was hat der Kanton Zug allenfalls investiert?
 
Fürrer: Diese Klausel ist ein grundsätzlicher Teil der Leistungsvereinbarung und trifft nicht speziell auf eine Institution zu. Der Kanton Zug hat der ITH bis heute keine direkten Investitionsbeiträge gewährt.
 
zentral+: Falls es der ITH nicht gelingen sollte, die Auflagen der Direktion Bildung und Kultur alle zu erfüllen, könnten die anderen Sonderschulen den Auftrag übernehmen oder braucht es eine neue Lösung?
 
Fürrer: Die personelle Situation muss sich verbessern, damit es zu einer weiteren Leistungsvereinbarung kommt. Fiele die ITH weg, müsste die Lage neu beurteilt werden. Eine solche Entwicklung liegt überhaupt nicht in unserem Interesse.

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