Luzern: Neue Wohlstands-Studie

Mehr «Neureiche» und viel weniger Arme als früher

Familien geht es dank viel kantonaler Unterstützung gut in Luzern. Alleinstehende haben weniger Geld zur Verfügung. (Bild: Fotalia)

Immer weniger Arme und ein stabiler Mittelstand: Die neuste Studie des Kantons zeigt, dass es den Luzernern immer besser geht. Dennoch gibt es Bevölkerungsgruppen, die nach wie vor ein hohes Armutsrisiko haben.

«Alle Einkommensklassen – von den einkommensschwachen bis zu den einkommensstarken – konnten im Kanton Luzern in den letzten 30 Jahren von einem Einkommenswachstum profitierten», sagte LUSTAT-Direktor Norbert Riesen an einer Medienorientierung. Im Mittel erzielten die Luzerner Haushalte 2011 ein Einkommen von 89’000 Franken. Dies geht aus der neuen Studie zu Wohlstand und Armut im Kanton Luzern hervor.

Gemäss der Studie stieg der mittlere Verdienst der Haushalte (Äquivalenzerwerbseinkommen) von 42’796 Franken im Jahr 1983 auf 56’256 Franken im Jahr 2011. «Wie schon 1983 gehörten 2011 rund drei Fünftel aller Erwerbshaushalte dem Mittelstand an», sagt Riesen. Am besten verdienen Luzerner in der Altersgruppe der 45- bis 54-Jährigen (durchschnittlich 110’000 bis knapp 120’000 Franken).

Drei Viertel Doppelverdiener

Der wichtigste Grund für das Wachstum des Erwerbseinkommens ist die massive Zunahme der Doppelverdiener-Haushalte. 1983 betrug diese nur gerade 28 Prozent, 2011 aber 76 Prozent. Die Frauen arbeiten heute mehrheitlich ebenfalls, was vor dreissig Jahren im konservativen Luzern noch eher die Ausnahme war.

Bei den Verheirateten mit Kindern sind 52,1 Prozent der «einkommensschwachen» Haushalte Doppelverdiener. In der unteren Mitte steigt der Anteil auf 83,6 Prozent und bei den höchsten Einkommen auf 85,2 Prozent.

Weniger Steuern, mehr Prämien

Studie online verfügbar

Die Studie «Wohlstand und Armut im Kanton Luzern» von LUSTAT Statistik Luzern analysiert die finanzielle Situation der Luzerner Haushalte und beantwortet Fragen zur Position des Luzerner Mittelstands sowie zur Entwicklung der mittleren Einkommen im Kanton. Sie reicht nur bis 2011, weil die definitiven Steuerdaten bis 2014 noch nicht verfügbar sind. Gemäss LUSTAT Direktor Norbert Riesen erwartet man aber keine grossen Veränderungen in der nächsten Studie zu diesem Thema.

Die Steuerbelastung hat gemäss der Publikation von 2004 bis 2011 abgenommen. «Die grossen Steuergesetzrevisionen, inklusive 2011, haben wir mitberücksichtigen können», sagt der LUSTAT-Direktor gegenüber zentral+.
Für die nächste Studie mit den Steuerzahlen ab 2012 erwartet er keine grossen Veränderungen aufgrund weiterer Steueranpassungen. «Einige wenige Gemeinden sind nochmals hinunter gegangen mit den Steuern. Doch das wird sich kaum auswirken.»

Nicht beeinflussbar durch den Kanton sei der Anstieg der Krankenkassenprämien. «Die Prämien belasten Einkommensschwache ohne Kinder überdurchschnittlich», so Riesen.

Alleinstehende ärmer

Eine Tatsache ist, ebenfalls aus der Studie ersichtlich, dass Alleinlebende, weil sie höhere Fixkosten für die Wohnung, das Auto etc. berappen, im Mittel weniger Geld zur freien Verfügung haben als Paare. Zudem weisen – wenig überraschend – Rentnerpaare im Kanton Luzern die höchsten Vermögen aus.

Armutsquote nur noch 3,7 Prozent

2011 lebten sieben Prozent der Bevölkerung (26’300 Personen) in Haushalten, deren Einkommen unterhalb der Armutsgrenze lag, die von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) definiert worden ist. Diese Haushalte erhalten verschiedene staatliche Unterstützungen; von der Sozialhilfe über Beiträge an Krankenkassenprämien bis zur Alimentenbevorschussung und der Mutterschaftshilfe. Rechnet man diese Unterstützungen zum Einkommen dazu, beträgt der Anteil der Armen nur noch 3,7 Prozent, wurde an der Pressekonferenz betont.

Politische Wertung vorgenommen

Guido Graf, Vorsteher des Gesundheits- und Sozialdepartements des Kantons Luzern nahm eine politische Wertung vor. «Solche Studien weisen uns den Weg in die Sozialpolitik, zeigen uns aber auch auf, ob wir in den vergangenen Jahren politisch die richtigen Weichen gestellt haben.» Graf bejaht diese Frage: «Den Luzernerinnen und Luzernern geht es grossmehrheitlich gut. Die soziale Sicherheit ist in unserem Kanton grundsätzlich gewährleistet», so der CVP-Regierungsrat.

«Die Schwächung des Mittelstands hat nicht stattgefunden»,

sagt der Luzerner Regierungsrat Guido Graf

Graf: «Soziale Lage des Mittelstands gut»

Die Publikation lege einen speziellen Fokus auf den Mittelstand. Dieser steht gemäss Graf auch im Fokus des Politcontrollings. «Wenn die soziale Lage des Mittelstands gut und stabil ist, dann haben wir in der Politik schon vieles wirklich gut gemacht», sagt er. «Die in politischen Diskussionen gerne zitierte Schwächung des Mittelstands hat also nicht stattgefunden.» Die Publikation zeige zudem, dass die Gruppe der Einkommensschwachen von 43 Prozent 1983 auf 25 Prozent 2011 abgenommen habe. Die Belastung durch die Krankenkassenprämien für Haushalte mit geringem und mitteleren Einkommen habe mit der Verbilligung der Kinder- und Jugendprämien  seit 2006 aufgefangen werden können.

«Arbeit muss sich lohnen»

Handlungsbedarf sieht der kantonale Sozialdirektor dennoch. Bei der individuellen Prämienverbilligung müsse man dafür besorgt sein, dass die finanziellen Mittel sicher nicht gekürzt würden, sagt Graf. Der Grundsatz «Arbeit muss sich lohnen» dürfe dabei nicht gefährdet werden. Die Prämienverbilligungen seien gezielt darauf auszurichten.

Guido Graf: Strukturanpassungen nötig

Zu den einkommensschwachen Haushalten zählten besonders Alleinlebende im AHV-Alter und Alleinerziehende. Die Politik sollte sich laut dem Regierungsrat stärker in Strukturanpassungen für diese Gruppen engagieren: Dazu zähle ein bedarfsgerechtes Angebot an familienergänzender Kinderbetreuung, die Förderung von gemeinnützigem Wohnraum oder ein breites Spektrum an Lebensformen, zum Beispiel Alters-Wohngemeinschafen. Zudem muss, gemäss Guido Graf, ins Angebot von betreutem Wohnen im Alter investiert werden.

 

Eine der präsentierten Statistiken: Es danach viel weniger arme und mehr reiche Luzerner.

Eine der präsentierten Statistiken: Es danach viel weniger arme und mehr reiche Luzerner.

(Bild: LUSTAT)

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