Kritik des Datenschützers

Regierungsrat redet um den heissen Brei

Wieder gibt es «Bad News» aus seinem Informatikdepartement: Regierungsrat Marcel Schwerzmann an der Medienkonferenz vom Montag.

(Bild: bra)

Der Luzerner Datenschutzbeauftragte kritisiert das Informatikdepartement und dessen Chef Marcel Schwerzmann. Die Analyse zum Internet-Surfverhalten der Angestellten sei auf illegalem Weg zu Stande gekommen. Die Antworten an der Medienkonferenz sorgten allerdings für Verwirrung.

Erstens: Es sind happige Vorwürfe an die Adresse von Marcel Schwerzmann. Und zweitens: So viele offene Fragen gab es noch selten nach einer Medienkonferenz. Aber alles von vorne: Im «Sonntagsblick» wurde der Luzerner Datenschutzbeauftragte Reto Fanger zitiert. Die von Marcel Schwerzmann in Auftrag gegebene Analyse über die Internetnutzung von Kantonsangestellten sei unzulässig gewesen. Die Analyse sei auf illegalem Weg zu Stande gekommen und man hätte die Daten besser schützen sollen.

Die Kritik des Datenschützers kommt im Nachspiel zur «Webgate-Affäre», also zur Analyse über das Surf-Verhalten der Kantonsangestellten (siehe Box). Fanger schreibt in einem internen Bericht, bei der Internet-Analyse habe man «in mehrfacher und gravierender Weise» gegen gesetzliche Grundlagen verstossen. Auf Anfrage von zentral+ wollte Fanger dem nichts mehr hinzufügen. Er dürfe sich nicht zu vertraulichen Berichten äussern. 

Konkret bestätigte der Geschäftsführer der Firma, welche die Datensätze untersucht hatte, den Erhalt von 534,75 Millionen Datensätzen – inklusive Namen der Mitarbeiter. 

Eine Stellungnahme… oder doch nicht?

Also schien am Rüffel des Datenschützers etwas dran zu sein. Es gab Klärungsbedarf, als diesen Montag Marcel Schwerzmann (50) vor die Medien trat. Zuerst wurde aber über die Ergebnisse des Untersuchungsberichts des Zuger Anwalts Oliver Sidler informiert, der die administrativen Vorgänge rund um die Informatik-Affäre gründliche untersucht hatte (zentral+ berichtete). Anschliessend nahm Sidler zu den Vorwürfen des Datenschützers Stellung. 

Wurde mit dem Persönlichkeitsschutz der Angestellten nicht sorgfältig umgegangen? «Datenschutzrechtlich wäre eine nicht anonymisierte Weitergabe problematisch», bestätigt auch Sidler. «Ich habe aber keine gesicherten Informationen darüber ermitteln können, welche Daten anonymisiert oder nicht anonymisiert wurden.»

Nachspiel zur «Webgate-Affäre»

Der Kanton Luzern hatte 2010 von einer IT-Firma untersuchen lassen, wie seine Staatsangestellten das Internet nutzen. Demnach waren nur 51,7 Prozent der Seitenaufrufe geschäftlich. Ansonsten surften die Angestellten im Facebook, tummelten sich auf Porno- und Gewaltseiten, schauten Fernsehen, shoppten online oder spielten. Anfang März wurde die Ergebnisse des internen Berichtes den Medien zugespielt. Der Regierungsrat relativierte später die Ergebnisse in einer Stellungnahme. 

Dann folgte ein grosses Hä? Der Experte Siedler habe auch gar nicht die Zeit gehabt, genau hinzuschauen, räumte er selber ein. Er sei auf diese Thematik nicht ausführlich eingegangen. Und: «Es stand nicht im Hauptaugenmerk des Auftrages des Regierungsrates»

Was konkret in seinem Gutachten zum Thema Datenschutz steht, ist: «Die Resultate wurden vertraulich behandelt und nur dem Vorsteher des Finanzdepartementes und eventuell seinem Departementssekretär übergeben.»

«Wir wissen es nicht mehr…»

Marcel Schwerzmann fügte hinzu, dass man die Übermittlung nicht mehr nachvollziehen könne: «Ob die IP-Adressen oder Namen auch auf dem Datenträger der Analyse waren, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen, weil die Daten nach einer bestimmten Zeit auf Sender- wie auch auf Empfängerseite gelöscht worden sind. Dies passierte gemäss Vorschrift. Wenn aber diese Namen übermittelt worden wären, wäre das eine Verletzung des Datenschutzrechtes.» 

Im «Sonntagsblick» wurde zitiert, die Daten seien ohne schriftlichen Vertrag und ohne gültige Geheimhaltungsvereinbarung an die beauftragte Firma weitergegeben worden. Darauf antwortet Schwerzmann: «Es gibt eine schriftliche Stellungnahme von der Firma, welche den Auftrag ausgeführt hat. Diese schreibt, sie gingen davon aus, dass die Daten anonymisiert worden waren. Es gibt auch noch entsprechende mündliche Aussagen.» Auch dies sei «keine überzeugende Antwort», räumt Schwerzmann selber ein.

Klar ist demnach nichts. Der Datenschützer darf nichts zu seinem vertraulichen Bericht sagen. Der Gutachter hatte keinen klaren Auftrag zu dieser Thematik und auch nicht die Zeit dafür. Ein weiteres Rätsel, dass der Regierungsrat hinterlassen hat.   

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