Zuger Finanzausgleich: Neuer Vorschlag

Gemeinden mit Bahnhof sollen bluten

Soll zur Messlatte für den innerkantonalen Finanzausgleich werden: Stadtbahnanschluss in Cham Alpenblick. (Bild: zvg)

Wem steht wieviel Geld zu, und wer bezahlt das alles? Der Streit zwischen den Gemeinden um den kantonalen Finanzausgleich geht in eine nächste Runde. Ein Neuheimer Kantonsrat schlägt eine neue Lösung vor, bei der ein einfaches Kriterium alles richten soll. Das wird allerdings nicht alle begeistern.

Es klingt nach einer einfachen Lösung für ein schwieriges Problem: Der Neuheimer FDP-Kantonsrat Thomas Lötscher hat eine Motion eingereicht, um den Knatsch zwischen Geber- und Nehmergemeinden im Kanton Zug zu lösen (zentral+ berichtete). Die Gebergemeinden wünschen sich seit längerem ein zweites Paket in der Revision des Zuger Finanzausgleichs, eine weitere Entlastung. Die Nehmergemeinden sind dagegen. In letzter Zeit kursierten deshalb mehrere Ideen darüber, wie der Ausgleich zwischen den Gemeinden gestaltet sein soll – im Grunde geht es dabei immer um die Frage, wieviel Geld eine Nehmergemeinde wirklich braucht, um die unterschiedlichen Ausgangslagen ausgleichen zu können.

Lötschers Idee liefert eine Lösung für diese Frage: «Man könnte dieses System ganz kompliziert ausgestalten, und es bildet trotzdem nicht wirklich die Realität ab. Mein Vorschlag ist ganz einfach: Es hat sich gezeigt, dass Gemeinden mit einem SBB-Anschluss einen grossen Vorteil gegenüber Gemeinden ohne Anschluss haben. Deshalb möchte ich den SBB-Anschluss als Kriterium für das Potential einer Gemeinde einführen.»

Cham «lüpft» es zuerst

Lötscher schweben drei Kategorien von Gemeinden vor: Gebergemeinden, Nehmergemeinden mit Anschluss, und solche ohne. «Es ist allen klar, dass es Gemeinden gibt, die sehr stark auf die Gelder aus dem Finanzausgleich angewiesen sind. Es gibt aber Gemeinden im Tal, die aufgrund ihrer Lage und ihrer Infrastruktur mit weniger Geld aus dem Ausgleich auskämen. Diese Gemeinden tun den Gebergemeinden weh.»

«Ich glaube, der SBB-Anschluss ist ein wichtiger Faktor für die Entwicklung einer Gemeinde. Das hat sich in der Vergangenheit gezeigt, und das zeigt sich auch heute noch.»

Thomas Lötscher, FDP-Kantonsrat

Die Schlüsselgemeinde ist für Lötscher dabei Cham. «Cham ist der grösste Nehmer, und gleichzeitig die Gemeinde, die am stärksten von einer Ausgleichsreduktion betroffen wäre. Cham würde es als erstes ‹lüpfen›.» Deshalb hat Lötscher seinen Vorschlag so austariert, dass Cham gerade noch durchkäme. Die Gemeinde ist quasi der Prüfstein für das Modell Lötscher. Nach seinem Modell hätte Cham im Jahr 2013 ein Defizit von 0.4 Millionen Franken gemacht, statt einem Plus von 6.7 Millionen, die Stadt Zug hätte im Gegenzug 1.36 Millionen Franken vorwärtsgemacht, statt dem realen Defizit von 4.6 Millionen Franken.

Regierung zieht sich zurück

Der Kanton Zug hatte als kurzfristige Lösung beschlossen, 4.5 Millionen Franken in den Zuger Finanzausgleich einzuschiessen, um die Gebergemeinden zu entlasten. Von diesem Betrag will sich die Regierung wieder verabschieden. «Der Auftrag des Parlaments war aber, eine Lösung für den ZFA zu finden, der die Gebergemeinden entlastet», sagt Lötscher. «Wenn die Regierung sich einfach zurückzieht, dann erfüllt sie diesen Parlamentsauftrag nicht. Ich möchte deshalb eine Lösung anbieten.»

Der Beitrag des Kantons an den kantonalen Finanzausgleich sei systemwidrig. Könnte man das nicht auch vom Beitrag der Gemeinden an den nationalen Finanzausgleich behaupten? «Das Argument ist auch schon gekommen, aber es ist nicht stichhaltig», sagt Lötscher. Es gäbe zwei Systemwidrigkeiten, die man bei der Einführung des ZFA toleriert habe: Der Beitrag der Gemeinden an den NFA und den Beitrag des Kantons an die Gemeindlichen Schulen. «Mit diesen beiden Systemwidrigkeiten leben wir. Wir sollten keine neuen einführen.»

Wer an der Bahn liegt, bekommt weniger

Der Clou an Lötschers Modell: Die Beteiligung des Kantons am Finanzausgleich von 4.5 Millionen Franken ist gestrichen. Die Motion verlangt also ein neues System, das auf der Überlebensfähigkeit Chams beruht, den Austieg des Kantons ermöglicht (siehe Box) und die Geber entlastet. Dafür bräuchte es den Trick mit den SBB-Anschlüssen eigentlich nicht. Weshalb hält Lötscher ihn dennoch für wichtig? «Es braucht ein Kriterium, um das Potential einer Gemeinde abschätzen zu können. Und ich glaube, der SBB-Anschluss ist ein wichtiger Faktor für die Entwicklung einer Gemeinde. Das hat sich in der Vergangenheit gezeigt, und das zeigt sich auch heute noch.»

Da werden doch Gemeinden wie Steinhausen oder Cham einwenden, dass sie bloss Stadtbahnanschluss und keinen Interregio-Halt haben, wie die Gebergemeinden Zug und Baar, und die Nehmergemeinde Risch. «Klar, da könnte man unterscheiden. Ich halte diese Unterscheidung aber nicht für relevant.»

Wer gewinnt?

Dass die Gebergemeinde Oberägeri nicht über einen Bahnanschluss verfügt, spricht für Lötscher ebenfalls nicht gegen die Anschluss-Idee. «Klar, es ist ein relativ einfaches Kriterium. Aber ich habe mir überlegt, wie man eine Aussage darüber machen kann, ob eine Gemeinde stärker oder schwächer dasteht, in Bezug auf ihr Potential. Und dabei halte ich den Bahnanschluss für ein gutes Kriterium.» Oberägeri stünde bei dieser Betrachtungsweise einfach besonders gut da, trotz fehlendem Anschluss, Cham stünde besonders schlecht da, trotz Anschluss.

Die Gemeinde Neuheim kommt bei Lötschers Modell um 400’000 Franken besser weg als im Status Quo: Böse Zungen könnten behaupten, Lötscher möchte vor allem seiner Gemeinde helfen. Der allerdings schwächt ab: «Wenn ich das hätte tun wollen, hätte ich nur auf eine Anhebung des Sockelbeitrages hinwirken müssen. Es stimmt, die Gemeinde steht mit meinem Modell etwas besser da, wie andere Gemeinden auch. Aber das ist nicht ausschlaggebend, wenn man die Dimensionen bei anderen Gemeinden betrachtet.» Je nach Gemeinde würde Lötschers System Änderungen von mehreren Millionen Franken beinhalten.

Neuer Fokus

Es ist ein neuer Fokus, den Lötscher vorschlägt: Statt den Finanzausgleich nur auf die Berechnung des steuerlichen Ressourcenpotentials abzustellen, also auf Kantonssteuern und Wohnbevölkerung der Gemeinden, will Lötscher ihn auf die geringstmögliche Belastung der Geber abstellen, bei der es die schwächste Nehmergemeinde nicht aus der Bahn wirft. Und zieht dafür den Faktor «Bahnanschluss» bei. Ob diese Lösung bei den Nehmergemeinden gut ankommt, da ist Lötscher gespannt.

«Es ist einfach so: Die Gemeinden haben untereinander und mit dem Kanton nach einer Lösung gesucht.» Das Parlament hat diese aber nur als Zwischenergebnis bis 2017 akzeptiert und der Kanton will sich dann aus der Mitfinanzierung verabschieden. «Deshalb braucht es eine neue Idee und ich glaube, mit diesem Modell könnte man ein einfaches System einführen, das die Nehmergemeinden nicht zu fest belastet und die Geber substanziell entlastet.»

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