Die neue «Stadtidee»

Der Zuger Traum von der grossen Zukunft

So sieht sie aus, die Zuger Stadtidee. Klingt einfach, wird aber noch zu reden geben. (Bild: zvg)

Was macht die Stadt Zug aus? Die neue «Stadtidee» soll den kleinsten gemeinsamen Nenner bilden, mit dem sich die Stadt neu erfinden kann. Dabei klingt’s zuerst eher harmlos. Und wird dann sehr gewagt. «Man muss träumen lernen», sagt die Stadtentwicklerin.

«War’s das schon?», hat man Regula Kaiser nach der Präsentation des Projekts gefragt, und sie ignoriert die Frechheit nonchalant und sagt: «Man kann nicht das ganze Buch in zehn Minuten zusammenfassen. Jetzt müssen wir schon warten, bis die Leute das mal gelesen haben.» Bis die Idee in die Köpfe gesickert ist. Denn sie wirkt nur auf den ersten Blick etwas banal. Eigentlich will sie die Welt erobern.

Für die Zuger Stadtentwicklerin ist es ein Meilenstein: Ein Jahr lang hatte die Stadt Zug zusammen mit dem Zürcher Thinktank «Wire» (Web for Interdisciplinary Research & Expertise) an der neuen «Stadtidee» gearbeitet. Jetzt ist sie erschienen. Ein blaues Buch voller Analysen und Ideen darüber, was die Stadt Zug ausmacht, und wohin sie in Zukunft steuern soll. «Wenn man sich einmal darüber einigen kann, was diese Stadt ist und was sie sein soll», sagt Kaiser, «dann kann man auch zusammen an neuen Ideen arbeiten.»

«Das weiss man aus der Markenentwicklung»

Die Quintessenz der Stadtidee ist genau das: Sie formuliert eine Aussage darüber, was Zug ausmacht. Entstanden ist die Stadtidee in mehreren Mitwirkungen, mit Bürgern, Politikern, Wirtschaftsmenschen, Expats und Verwaltungsangestellten, und auch der Stadtrat hat sich in zwei Klausuren damit auseinandergesetzt. Dabei wurden Geschichten gesammelt und Ideen generiert (zentral+ berichtete). Diese Flut an Eindrücken liegt nun eingedampft vor.

Die Stadtidee ist in fünf Kernfelder aufgeteilt, die zusammen eine Grundlage für die weitere Diskussion liefern sollen. Fünf Eigenschaften, die die Stadt ausmachen. Das klingt sehr grundlegend, für die Stadtentwicklerin ist es aber gerade deshalb sehr wichtig: «Erst wenn man im Einklang mit seinen inneren Werten auftritt, ist man authentisch», sagt Kaiser, «das weiss man aus der Markenentwicklung. Und für eine Stadt gilt das auch.»

Zug als Zentrum für ethischen Handel

Und das sind diese Werte: «Einfachheit durch Kleinheit» heisst der erste Punkt, «Gemeinschaft durch Netzwerke» der zweite. Klingt so weit harmlos. «Bescheidenheit durch Tradition» und «Vielfalt durch Offenheit» sind auf den ersten Blick ebenso unaufgeregt, und das fünfte Element soll den Zugern den nötigen Drive mitgeben, um die Zukunft zu gestalten: «Vorreiter durch Machermentalität.»

Bis dahin bleibt die Sache unverbindlich. Wenn man aber das Buch weiterblättert, wird es konkret. Und da haben sich die Mitwirkenden tatsächlich weitreichende Änderungen im städtischen Gefüge einfallen lassen: Zug soll ein Zentrum für ethischen Handel werden, wird da vorgeschlagen, oder ein Label für gute Industrie. Soll einen Mittagstisch bei Expats zuhause einführen, und Gründungshilfe für Start-Ups, ja soll überhaupt Innovation anziehen, Finetech-Cluster gründen, sich als Global City verstehen, die Kluft zwischen Expats und Einheimischen schliessen. Kulturstadt werden, Elektromobilstadt, Industriestadt, aber hochmodern und vernetzt. Und dabei eine internationale Vorreiterrolle einnehmen.

Der Traum von der globalen Vorreiterrolle

Stephan Sigrist, der Geschäftsleiter von Wire, sagt dazu: «Durch die Kleinheit ist Zug prädestiniert, Lösungen und Innovationen anzuregen, die weltweit auch andere Städte nutzen können. Denn die Herausforderungen, mit denen Zug konfrontiert ist, sind nicht einmalig, sondern existieren weltweit in vielen, weitaus grösseren Metropolen.»

Das ist der Traum, den die Stadt träumt: Der Traum davon, sich mit etwas Neuem hervorzutun, mit einer spannenden Vision in die Zukunft zu gehen, global voranzugehen. Hat irgendeine dieser Ideen eine Chance, umgesetzt zu werden? «Traum ist ein gutes Wort», sagt Kaiser. «Und ich finde, man muss lernen, zu träumen. Wie oft wünscht man sich Dinge, und niemand versteht sie. Und zehn Jahre später werden sie Wirklichkeit.»

«Das Schlimmste wäre, wenn gar nicht darüber diskutiert würde»

Stadtentwicklerin Regula Kaiser

Deshalb geht es ihr vor allem darum, den Traum auszusprechen. «Es sind alles Dinge, die schon länger unbewusst herumschwirren», sagt Kaiser, «die Ethik im Rohstoffhandel etwa ist schon lange ein Thema. Und es ist gut, dass solche Ideen jetzt formuliert sind.»

Konkret?

Es gebe aber auch einige Projekte, die man schnell umsetzen könnte. «E-Government zum Beispiel, da sind wir schon dran.» Die Projektideen seien für sie allerdings sekundär, das wichtigste seien die Kernwerte. Sie sollen in die nächste Strategieplanung einfliessen. «Die Verwaltung muss sich dann Gedanken machen, wie sich das konkret umsetzen lässt.»

Bis dahin soll die Idee aber zuerst noch vom Stadtparlament behandelt werden. «Es liegt zwar in der Kompetenz des Stadtrates, die Strategie festzulegen, aber es macht keinen Sinn, wenn der GGR nicht dahinter steht.» Keine Angst, dass diese sehr urbanen und progressiven Projekte beim GGR auf Granit beissen? «Gar nicht. Auch wenn der GGR sagt, Moment, das sind gar nicht unsere Werte: Dann muss der GGR ja etwas anderes vorschlagen, was die Stadt ausmachen soll.» Das Schlimmste wäre, sagt Kaiser, wenn gar nicht darüber diskutiert würde, wie die Stadt in Zukunft aussehen soll. «Wenn wir einfach weiterhin ignorieren würden, dass sich die Stadt verändert. Jetzt liegt eine Idee auf dem Tisch, da kann man jetzt darüber diskutieren.»

 

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