Marcel Schwerzmann im Interview

Regierung ohne Frau und Linke? Kein Problem…

Wäre gerne von der CVP unterstützt worden: Regierungsrat Marcel Schwerzmann. (Bild: lwo)

Marcel Schwerzmann (50) will am 10. Mai für eine dritte Amtszeit gewählt werden. Im Interview mit zentral+ erklärt er, warum er sich als Opfer einer Medienkampagne sieht. Und warum er gerne eine Regierung hätte, in der die 20 Prozent Linken im Kanton ausgeschlossen sind.

zentral+: Herr Schwerzmann, Sie müssen ziemlich unter Druck stehen. Sind sie angespannter als sonst? 

Marcel Schwerzmann: Danke für die Nachfrage. Sie kennen mein Motto: «In der Ruhe liegt die Kraft». Ein zweiter Wahlgang ist in Luzern üblich. Ich gehe meiner täglichen Arbeit nach. Ich fühle mich nicht unter Druck, allerdings ist die zeitliche Belastung natürlich schon noch etwas höher als sonst.

zentral+: Sie zeigen sich in dieser Tagen nicht viel in der Öffentlichkeit. Haben Sie so viel zu tun?

Schwerzmann: Ich habe mir über Ostern ein paar freie Tage gegönnt. Ein Regierungsratsamt kann man langfristig nur erfolgreich ausüben, wenn man sich auch Erholung gönnt. Wenn ich meinen Terminkalender anschaue, habe ich nicht den Eindruck, dass ich mich in der Öffentlichkeit nicht viel zeige.

zentral+: Ihre Kontrahenten Paul Winiker und Feilicitas Zopfi sind die ganze Zeit unterwegs. Von Ihnen hört man nicht viel. Warum machen Sie keinen Wahlkampf? 

Schwerzmann: Ich führe meinen Wahlkampf selbstverständlich fort. Allerdings überrolle ich den Kanton nicht mit einer Werbewalze. Nach acht Jahren im Amt kennt mich die Bevölkerung. Ich muss mich also nicht wie Neukandidierende bekannt machen. Die eingesetzten Instrumente sind etwas diskreter und die Werbung weniger aufwendig. Wir haben uns für den zweiten Wahlgang bisher einzig auf kleine Testimonial-Inserate beschränkt. Das sind alles «Unikate», ohne Wiederholungen. Daneben darf ich mit Freude feststellen, dass überaus viele Bürgerinnen und Bürger meine Wiederwahl mit Leserbriefen unterstützen.

«Meine Chancen stehen gut.»

zentral+: Wäre es jetzt nicht besser für Sie, von einer eigenen Partei Rückhalt zu haben?

Kopf-an-Kopf-Rennen

Marcel Schwerzmann tritt für eine dritte Amtszeit als Regierungsrat an. Der parteilose Finanzdirektor muss dabei um seinen Sitz bangen. Für die restlichen zwei Sitze bewerben sich neben ihm noch zwei weitere Kandidaten: Der SVP-Kandidat Paul Winiker und die SP-Frau Felicitas Zopfi, welche für die zurücktretende Yvonne Schärli kandidiert.

Paul Winiker erreichte im ersten Wahlgang überraschend mit 42'842 Stimmen nur knapp weniger Stimmen als Schwerzmann (43'562), Zopfi erreichte 34'231 Stimmen, wobei sie für den zweiten Wahlgang noch mit der Unterstützung der Grünen rechnen kann. 

Schwerzmann: Diese Frage ist hypothetisch. Ich bin kein Opportunist. Ich wurde 2007 von der Bevölkerung klar als Parteiloser gewählt und bleibe dies auch. Ich habe den Support von vielen Mitgliedern aus allen bürgerlichen Parteien. Zudem werde ich von zahlreichen massgeblichen Verbänden und der Wirtschaft unterstützt. Regierungsratswahlen sind Persönlichkeitswahlen und da ist die Parteizugehörigkeit sekundär.

zentral+: Die grösste Partei, die CVP, unterstützt für den zweiten Wahlgang Ihre Gegenkandidaten und lässt Sie quasi fallen. Ist das eine Quittung für Ihre Arbeit im Regierungsrat?

Schwerzmann: Da sich die CVP sich ja hinter meine Finanz- und Steuerpolitik stellt, hat sie keinen Grund, mir eine Quittung für meine Arbeit im Regierungsrat zu verpassen. Das macht sie auch nicht. Im Gegenteil, aus der CVP-Basis erhalte ich viel Unterstützung.

zentral+: Trotzdem unterstützt sie die CVP nicht offiziell. Das fällt ins Gewicht.

Schwerzmann: Natürlich wäre ich gerne unterstützt worden. Aber der Entscheid der CVP-Delegiertenversammlung ist zu akzeptieren.

zentral+: Wie schätzen Sie persönlich Ihre Wahlchancen ein?

Schwerzmann: Meine Chancen auf eine Wiederwahl stehen gut, weil die Bevölkerung über meine Arbeit der letzten acht Jahre gut informiert ist und somit weiss, wofür ich stehe.  

zentral+: Ihre Konkurrenten sind stark. Paul Winiker war Ihnen beim ersten Wahlgang dicht auf den Fersen. Er wird wohl zulegen. Und bei Felicitas Zopfi kommen die Stimmen der Grünen noch dazu, die vorher ihre eigenen Kandidaten unterstützt haben. War die Ausgangslage vor vier Jahren komfortabler?

Schwerzmann: Beim zweiten Wahlgang verändert sich das Abstimmungsverhalten der Wahlbevölkerung immer. Das gilt nicht nur für meine Mitkandidaten, sondern auch für mich.

zentral+: Im Kanton Luzern leben mehr Frauen als Männer. Wie erklären sie ihnen, dass der Regierungsrat nur aus Männern bestehen soll?

Schwerzmann: Es darf keinen Unterschied machen, ob eine, zwei oder drei Frauen in der Regierung sind. Der Unterschied liegt einzig in der Haltung und Positionierung. Keine Männerregierung wird es sich leisten wollen und können, eine Politik zu betreiben, die Fraueninteressen nicht gleichermassen einschliesst. Wir sind dazu da, eine Politik für den ganzen Kanton zu betreiben, das heisst gleichermassen für Frauen wie für Männer.

zentral+: Die SP hat laut Konkordanzprinzip ein Anrecht auf einen Sitz in der Regierung. Die SVP genauso. Wie sehen Sie das? 

Schwerzmann: Nun, das ist immer so eine Sache mit den Ansprüchen. Da beide Parteien je eine Kandidatin, beziehungsweise einen Kandidaten portiert haben, müsste man mit dem Konkordanzprinzip gar keine Wahl mehr durchführen. Immerhin hat selbst die CVP bei der SP eine andere Kandidatin gefordert. Ein solches «Anrecht» gibt es in der Politik nicht, denn die Wählenden haben ihrerseits ein Anrecht, frei zu wählen und nicht bloss irgendwelche arithmetische Ansprüche sanktionieren zu müssen. Die SP erreicht übrigens einen rechnerischen «Anspruch» von genau 0,5 Sitzen. Ob dies «Anrecht» genug ist, entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Dabei bleibt die Qualifikation die erste zu beantwortende Frage. Mit drei Kandidierenden haben jetzt die Wählerinnen und Wähler eine echte Wahl.

Der parteilose Marcel Schwerzmann hat ein bürgerliches Mitte-Profil. (smartvote.ch)

Der parteilose Marcel Schwerzmann hat ein bürgerliches Mitte-Profil. (smartvote.ch)

(Bild: Smartvote)

zentral+: Wen hätten Sie lieber als Kollegen oder Kollegin: Paul Winiker oder Felicitas Zopfi? 

Schwerzmann: Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich gerne eine Regierung hätte, die den Kanton geschlossen bürgerlich vorwärts bringt. Der Grund liegt in erster Linie in den finanzpolitischen Herausforderungen, die wir noch zu bewältigen haben.

zentral+: Sie gelten als fleissiger Schaffer. Trotzdem haftet Ihnen das Image des Beamten an, des Technokraten. Ärgert sie das?

Schwerzmann: Keinenfalls. Es kann ja nicht schlecht sein, als fleissiger Schaffer zu gelten. In den letzten Monaten hat man mir vorgeworfen, die Verwaltung nicht genug zu führen. Früher hat man mir das Gegenteil vorgeworfen; zu nahe an der Verwaltung zu sein. Die Geschichte wird in Ermangelung anderer Argumente von Zeit zu Zeit wieder erzählt. 

zentral+: Apropos Vorwürfe: In letzter Zeit brachen viele Medienwellen über Sie: mutmasslicher Betrug des Dienststellenleiters Informatik, Internetkonsum der Beamten. Wie sehr haben Ihnen die Schlagzeilen geschadet?

Schwerzmann: Die Vorkommnisse um den Leiter der Dienststelle Informatik liegen schon über eine Legislaturperiode in der Vergangenheit. Nur weil die Aufarbeitung eines Einzelfalles so lange dauert, heisst das noch lange nicht, dass sich die Informatik nicht positiv weiterentwickelt hat. Der von den Medien aufgepauschte «Pornoskandal» ist eigentlich ein Medienskandal. Ich erwarte von den Medien schon, dass sie die ihnen zugespielte Studie wenigsten eine Stunde lang gelesen hätten, statt nur fünf Minuten. Es ist ja auch für jeden Leser offensichtlich, dass mir jemand gut orchestriert vor den Wahlen Schaden zufügen wollte. Selbstverständlich nehme ich mich den Problemen an, welche in meinem Verantwortungsbereich entstehen.

«Dass ich nicht als Regierungsrat pensioniert werde, war mit bereits bei meiner Erstwahl im Alter von 42 Jahren klar.»

zentral+: In diesen Diskussionen werden Ihnen immer wieder mangelnde Führungsstärke und Kommunikationsschwäche vorgeworfen. So zum Beispiel auch an der CVP-Delegiertenversammlung.

Schwerzmann: Ich war an der besagten Delegiertenversammlung nicht anwesend, kenne entsprechend die gemachten Aussagen auch nicht konkret. Dazu kann ich keine Stellung nehmen.

zentral+: Was würden Sie nach einer Abwahl machen? 

Schwerzmann: Darüber denke ich heute nicht nach. Sie dürfen aber davon ausgehen, dass ich noch einige Ideen habe, die ich nach meiner Zeit als Regierungsrat umsetzen will. Dass ich nicht als Regierungsrat pensioniert werde, war mit bereits bei meiner Erstwahl im Alter von 42 Jahren klar.

zentral+: Das mit der Parteizugehörigkeit ist bei Ihnen ja so eine Sache: Sie gelten als finanzpolitischer Hardliner, vor ihrem Amt als Regierungsrat waren Sie offiziell Parteisympathisant der FDP und ihr jetziger persönlicher Assistent, Othmar Wüest, war vorher Parteisekretär der FDP. Braucht die FDP neben Robert Küng noch einen inoffiziellen zweiten Sitz?

Schwerzmann: Ich habe stets erklärt, eine bürgerliche Finanzpolitik zu betreiben. Das funktioniert gut, auch ohne Parteietikett. Die FDP hat viele eigene anerkannte Finanzpolitikerinnen und –politiker. Sie braucht mich nicht, hat aber bestimmt Freude an mir.

zentral+: Sie werden von Wirtschaftsverbänden unterstützt. Aber was versprechen Sie allen Arbeitnehmern, die Sie wählen sollen?

Schwerzmann: Ich habe mich stets für den ganzen Kanton eingesetzt, dazu gehören die Arbeitgeber wie auch die Arbeitnehmer. Die beste Arbeitnehmerpolitik besteht darin, mich für Rahmenbedingungen einzusetzen, welche es den Unternehmen ermöglicht, Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten.

zentral+: Wie lautet das offizielle Partei-Programm der Parteilosen? 

Schwerzmann: Als Parteiloser habe ich definitionsgemäss keine Partei und somit auch kein Parteiprogramm. Meine Positionen zu den mir zugeteilten Themen sind bekannt. Gerne lade ich Sie ein, auf meiner Webseite (www.marcelschwerzmann.ch) die Aussagen zu den wichtigsten Themen nachzulesen.  

zentral+: Was versprechen Sie Ihren Wählern?

Schwerzmann: Meinen Wählerinnen und Wählern verspreche ich, mich weiterhin mit dem gleichen Engagement für einen gesunden Kanton Luzern einzusetzten. Meine Arbeit werde ich, wie bisher, gradlinig und sachbezogen weiterführen.

Das Interview wollte Marcel Schwerzmann schriftlich führen. Für Nachfragen nahm sich der Finanzdirektor anschliessend 20 Minuten Zeit. 

Lesen Sie hier das Interview mit der SP-Regierungsratskandidatin Felicitas Zopfi.

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