Zu tiefer Landpreis für Bernstrasse?

SVP will Projekt mit günstigen Wohnungen kippen

Bernstrasse in Luzern: Auf der rechten Seite soll die Überbauung von ABL und Baugenossenschaft Matt realisiert werden. (Bild: ben.)

135 preisgünstige Wohnungen sollen an der Bernstrasse gebaut werden. Die Stadt will dazu 13 Liegenschaften an zwei Baugenossenschaften übergeben. Doch für die SVP sind die Preisvorstellungen «jenseits». Offene Fragen haben auch die anderen städtischen Parteien. Und stellen beim Projekt den Klimaschutz in Frage.

Ende Monat entscheidet das Luzerner Stadtparlament, ob die städtischen Liegenschaften an der oberen Bernstrasse an zwei Wohnbaugenossenschaften übergehen sollen. Geht es nach dem Stadtrat, werden zwei der insgesamt 13 stadteigenen Liegenschaften an die Wohnbaugenossenschaft Matt verkauft, die anderen elf im Baurecht an die allgemeine Baugenossenschaft Luzern (abl) abgegeben. Beide Wohnbaugenossenschaften wollen eine Überbauung mit 135 preisgünstigen Wohnungen realisieren (zentral+ berichtete).

Die Stadt erhält aus dem Verkauf der beiden Liegenschaften an die Wohnbaugenossenschaft Matt 990’000 Franken. Aus der Abgabe im Baurecht erhält sie einen jährlichen Baurechtszins von 68’000 Franken. Die Summen ergeben sich aus einem Landpreis von 550 Franken pro Quadratmeter.

SVP: «Stadt verschenkt 5,5 Millionen Franken» 

Für die städtische SVP geht diese Rechnung nicht auf. Deren Präsident Peter With ärgert sich über den Preis, für den die Stadt das Areal an die beiden Wohnbaugenossenschaften übergeben will. «Wir haben auf der einen Seite ein Sparpaket und auf der anderen Seite will die Stadt beim Entwicklungsareal Bernstrasse 5,5 Millionen Franken verschenken», so With. Die Stadt habe falsch gerechnet. «Normalerweise hat eine Liegenschaft einen Verkehrswert. Dann fallen Baukosten an und das ergibt dann den Mietzins», erklärt With.

Die Stadt hingegen habe erst die Mietpreise für eine Viereinhalb-Zimmer-Wohnung (103 Quadratmeter) auf 1850 Franken festgelegt und davon die Baukosten abgezogen. «Das ergibt dann einen extrem tiefen Landpreis von 550 Franken pro Quadratmeter», so With. Der eigentliche Wert sei aber doppelt so hoch. Dies habe sich im Sommer 2013 gezeigt, als die Stadt Luzern ein Gebäude der städtischen Pensionskasse zurückkaufte – und zwar für 1’100 Franken pro Quadratmeter. «Wir sind durchaus bereit, das Areal den Wohnbaugenossenschaften zu guten Konditionen abzugeben. Aber der aktuelle Preis ist jenseits», so With. Damit würde die Stadt die künftigen Mieter subventionieren. Für With ist deshalb klar: «So wie das Projekt momentan aussieht, sind wir auf jeden Fall dagegen.»

CVP: «Nun müssen wir die Retourrechnung machen»

Damit steht die SVP alleine da; trotz einzelner kritischer Stimmen. Grosser Widerstand ist nicht zu erwarten, wie eine Umfrage bei den anderen Parteien zeigt. «Die Grundhaltung der CVP dem Projekt gegenüber ist klar positiv», sagt Markus Mächler, Grossstadtrat der CVP. «Klar hätten wir uns auch mehr Geld gewünscht aber so sind nun die Spielregeln. Das ist der Preis, den wir nach der Annahme der Initiative ‹Für zahlbaren Wohnraum› zahlen», so Mächler.

Damit sei der Preis für die Wohnungen vorgegeben worden. «Nun müssen wir die Retourrechnung machen», erklärt Mächler. Es sei nun Aufgabe der Kommission, herauszufinden, wo es beim Projekt finanziellen Spielraum gebe.

«Es entsteht sicher keine schlechte Siedlung, wenn wir die Baugenossenschaften einfach machen lassen würden.»

Markus Mächler, CVP-Grossstadtrat

Mächler ist selber Architekt und erklärt: «Man könnte die Anforderungen der Stadt an das Projekt zurückschrauben. Die Auflage, dass 2000-Watt-konform

gebaut wird, muss nicht a priori erfüllt werden», erklärt Mächler. Auch die Baudichte sei ein Faktor, bei dem eventuell noch variiert werden könne. «Es entsteht sicher keine schlechte Siedlung, wenn wir die Baugenossenschaften einfach machen lassen würden», sagt er.

Mächler spielt darauf an, dass die erste Machbarkeitsstudie der beiden Genossenschaften von der Stadt redimensioniert wurde. Ursprünglich plante die Genossenschaft 160 Wohnungen auf dem Areal. Die städtische Baukommission kritisierte aber Aspekte wie Baudichte, Belichtung sowie den Lärmschutz.

FDP: «Wir sind enttäuscht, dass 25 Wohnungen weniger geplant sind»

Ähnlich klingt es auch bei der städtischen FDP. «Wir stehen dem Projekt grundsätzlich positiv gegenüber», wie Präsident Daniel Wettstein sagt. «Aber wir haben noch ein, zwei kritische Fragen.» Eine betrifft die Redimensionierung des Projekts durch die Stadtbaukommission. Wettstein ist nicht ganz klar, weshalb das geschehen ist. «Wir sind enttäuscht, dass gegenüber der Machbarkeitsstudie der beiden Wohnbaugenossenschaften nun 25 Wohnungen weniger geplant sind», sagt er. Zudem hinterfragt Wettstein die städtischen Vorgaben an das Projekt. «Wir wollen nicht das Projekt in Frage stellen, aber wir stellen die vielen Anforderungen der Stadtbaukommission in Frage.» Zum Beispiel, dass 2000-Watt-konform gebaut werden müsse.

SP stellt Abgabe im Baurecht in Frage

«Es ist sehr wichtig, dass das Projekt obere Bernstrasse endlich vorwärts geht», sagt Mario Stübi, Grossstadtrat der städtischen SP. Der Bedarf nach preisgünstigen Wohnungen sei gross «und die Stadt ist in der Pflicht, solche zu realisieren.» Am Preis stört sich Stübi vordergründig nicht. «Es ist kein Wunder, dass der Preis eher tief ist. Das Projekt hat ja auch eine kleinere Wertschöpfung, also einen tiefen Mietzins.» Es würden keine Luxuswohnungen gebaut, sondern preisgünstige Wohnungen. «Und das ist vom Volk politisch gewollt.»

Wo die SP noch kritisch hinschauen will: der Verkauf der Liegenschaften. «Wir sind eher Fan von der Abgabe im Baurecht», so Stübi. Die Stadt solle zu ihren Grundstücken Sorge tragen. Dennoch: «Wenn das Gesamtpaket stimmt, werden wir uns auch nicht gegen das Projekt wehren», so Stübi.

Grüne: «Diese Rechnung ist nicht transparent»

«Für uns steht im Vordergrund, dass preisgünstige Wohnungen gebaut werden», sagt Marco Müller, Präsident der städtischen Grünen. Die Partei stehe dem Projekt positiv gegenüber. Ebenso der Preisvorstellung von 2000 Franken für eine Viereinhalb-Zimmer-Wohnung. Trotzdem: «Wir haben noch zwei, drei offene Fragen, auf die wir gerne eine Antwort hätten», so Müller. Zum Beispiel, wie der Landpreis von 550 Franken pro Quadratmeter zustande gekommen ist. «Diese Rechnung ist nicht transparent.» Müller betont aber auch: «Der Preis an sich steht bei uns nicht in der Kritik.» Dennoch fordert er eine Gleichbehandlung in Bezug auf den Landpreis mit dem ähnlichen Projekt in der Industriestrasse. «Die unterschiedlichen Partner sollen gleich behandelt werden», so Müller.

«Wir werden weder einen Rückweisungsantrag stellen, noch den Bericht ablehnen», sagt Jules Gut, Grossstadtrat der städtischen GLP. «Dem genossenschaftlichen Wohnungsbau stimmen wir zu.» Dennoch sei er mit dem «schwierigen Geschäft» nicht ganz glücklich. «Wir haben noch offene Fragen, die den Preis betreffen», sagt er.

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