Showdown im Luzerner Stadtparlament

Blaues Auge fürs Musegg-Parkhaus

In etwa so könnte die Einfahrt zum Parkhaus Musegg dereinst aussehen.

(Bild: zvg)

Mit Stichentscheid des Ratspräsidenten hat das Stadtparlament eine brisante Volksmotion abgelehnt. Diese hatte zum Ziel, das Projekt Musegg-Parkhaus zu Fall zu bringen. Die Initianten des Riesenparkhauses im Musegghügel versprechen, die vielen Ängste ernst zu nehmen. Die Gegner rüsten sich bereits für die Volksabstimmung.

Das war knapp. Nach zwei Abstimmungsdurchgängen gab es diesen Donnerstagnachmittag im Stadtparlament mit 23 Ja zu 23 Nein zwei Mal ein Patt. Der Ratspräsident Jörg Krähenbühl (SVP) kam zum Handkuss, zögerte keine Sekunde und lehnte die Anti-Museggparkhaus-Volksmotion per Stichentscheid ab. Somit muss der Stadtrat keinen eigenen Planungsbericht erstellen und die privaten Initianden des Projekts können halbwegs abgesichert weiter arbeiten. Ende Jahr wollen Sie das Vorprojekt der Öffentlichkeit präsentieren. Mitte 2016 soll das Volk abschliessend darüber entscheiden.

Anwohner gehen auf Barrikaden

Ein neues unterirdisches Parkhaus unter dem Musegghügel mit 36 Car- und 700 Autoparkplätzen, von Privaten für 150 Millionen Franken finanziert: Um nicht weniger als das ging es diesen Donnerstag im Stadtparlament. Traktandiert war zum einen die wohl einzige Volksmotion mit gleich drei Ausrufezeichen: «Für den Luft- und Lebensraum in den betroffenen Quartieren! Für die Museggmauer! Gegen das Parkhaus Musegg!»

Die von 2’116 Personen unterschriebene Motion möchte das Grossprojekt lieber heute als morgen beerdigen. Befürchtet wird vor allem massiver Mehrverkehr und mehr Lärm im St. Karli-Quartier. Also dort, wo die ganzen Cars und Autos ins Parkhaus rein- und rausfahren würden. Die Volksmotion fordert von der Stadt einerseits einen Verzicht aufs Parkhaus, andererseits, was etwas verwirrlich ist, einen Planungsbericht. Dieser soll aufzeigen, wie all die Verkehrsprobleme und gesetzlichen Auflagen erfüllt werden könnten. Und wie die Museggmauer geschützt wird. Der Stadtrat lehnt die Volksmotion jedoch ab. Er will dem Projekt eine Chance geben.

«Zudem höre ich jetzt schon das Gewerbe raunen, wenns um die Aufhebung der Parkplätze geht.»

Mario Stübi, Grossstadtrat (SP)

Zum anderen stand im Parlament eine Interpellation von Christian Hochstrasser namens der Grünen zur Debatte. Darin wird vom Stadtrat Auskunft über Chancen und Risiken des unterirdischen Parkhauses verlangt. Der Stadtrat gibt dem Projekt zwar eher den Vorzug gegenüber dem Metro-Projekt. Allerdings müsse das Musegg-Parkhaus das Carproblem am Schwanenplatz lösen und die Innenstadt attraktivieren, wo zwischen 300 bis 600 Parkplätze aufgehoben werden müssten. Auch dürfe die Museggmauer nicht beeinträchtigt werden.

Hier beim Falkenplatz in der Luzerner Altstadt könnten die Touristen und Besucher das Parkhaus verlassen/betreten. (Quelle: www.museggparking.ch)

Hier beim Falkenplatz in der Luzerner Altstadt könnten die Touristen und Besucher das Parkhaus verlassen/betreten. (Quelle: www.museggparking.ch)

 

SP: Unrealistisches Projekt

Die Debatte im Grossen Stadtrat zog einen Graben fast genau durch die Mitte der 47 anwesenden Parlamentarier (es fehlte nur Josef Schärli von der SVP). SVP, FDP und CVP waren gegen, SP, Grüne und GLP für die Volksmotion. Den Anfang machte Mario Stübi, der seine Rede kurzerhand vom Handy ablies: «Die Volksmotion fordert nichts, dass nicht sowieso erarbeitet werden müsste. Nämlich einen Planungsbericht, der wichtige Fragen klären soll. Wir stimmen deshalb dem Anliegen zu. Obschon auch mit Annahme der Volksmotion das Parkhaus noch möglich wäre, halten wir das Projekt jedoch für unrealistisch. Von einer Lösung der Problematik, etwa am Schwanenplatz, kann keine Rede sein. Zudem höre ich jetzt schon das Gewerbe raunen, wenns um die Aufhebung der Parkplätze geht. Fazit: Heute gehts nicht um ein abschliessendes Ja oder Nein, sondern um eine nötige Nachbesserung.»

CVP: Abwarten, dann entscheiden

Markus Mächler (CVP) sah es ganz anders: «Die CVP wird die Volksmotion ablehnen. Schonen wir die Stadtkasse, indem wir auf einen eigenen Planungsbericht verzichten und warten wir auf die Ergebnisse der Projektleitung.» Das Projekt biete Chancen, aber auch Risiken. Um das fundiert beurteilen zu können, müsse man die Ergebnisse der Initianten abwarten. «Hören wir denen zu, lassen wir sie das Projekt weiter treiben. Wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, können wir entscheiden.»

«Die Kritik am Projekt ist weder nachvollziehbar noch fundiert. Lassen wir die Initianten die Antworten liefern und uns das Denken nicht verbieten.»

Urs Zimmermann (SVP)

GLP: Öffentlichkeit nicht einbezogen

Jules Gut (GLP) erklärte, warum die GLP zwar für die Volksmotion ist, das Museggparkhaus aber nicht schon jetzt abschreiben will: «Der Stadtrat hat eine Auslegeordnung zwischen dem Metro-Projekt und dem Parkhaus Musegg gemacht und sich fürs Musegg-Projekt entschieden. Wir vermissen und kritisieren stark, dass die Direktbetroffenen bislang nicht in die Arbeiten involviert worden sind.»

Eine engere Zusammenarbeit mit den Direktbetroffenen sollte laut Gut seit der Abstimmung über die Industriestrasse selbstverständlich sein. «Wir unterstützen die Volksmotion, damit der Stadtrat in die Verantwortung genommen wird und transparenter agieren muss. Ein solches neues Parkhaus hätte fundamentale Auswirkungen auf die Stadt.» Für seine Rede erhielt Gut dann prompt Applaus von den zahlreichen Parkhaus-Gegenern, die im Rathaus die Debatte mitverfolgten.

Diese Lage hätte das unterirdische Parkhaus. (Quelle: www.museggparking.ch)

Diese Lage hätte das unterirdische Parkhaus. (Quelle: www.museggparking.ch)

SVP: Kritik an der Kritik

Finanzierung angeschoben

Hinter dem Parkhaus-Projekt stehen zehn Personen wie zum Beispiel Jörg Baumann, Direktor der Bucherer AG, der frühere Kantonalbank-CEO Fritz Studer oder Arno Affolter, Direktor Wilden Mann. Per April 2015 wird die Musegg Parking AG rechtliche Trägerin des Projekts. Die zehn Mitglieder des Initiativkomitees haben jeweils privat 10'000 Franken investiert. Daneben sind Organisationen wie die City Vereinigung, Luzern Hotels sowie die Firma Bucherer involviert. Fritz Studer amtet als Verwaltungsratspräsident.

Damit die Ausarbeitung des Vorprojekts vorankommt, hat die Musegg Parking AG mit André Marti einen Projektleiter beauftragt. «In den nächsten Monaten werden wir das Projekt so konkretisieren, dass wir klare Aussagen machen können zu Verkehr, Umwelt, Bautechnik, Denkmalschutz und Wirtschaftlichkeit», sagt der designierte Projektleiter kürzlich gegenüber zentral+. Die fürs Projekt benötigten 1,8 Millionen Franken sind bereits beisammen. Eine mögliche Inbetriebnahme des Parkhauses könnte 2020/2021 geschehen.

Urs Zimmermann (SVP) kritisierte, dass die Motionäre vom Stadtrat einen teuren Planungsbericht fordern, obwohl sie das Projekt ja gar nicht wollten. Der geforderte Bericht würde laut Zimmermann mehrere 100’000 Franken kosten, was sich die klamme Stadt nicht leisten könne. Da sei es doch viel lobenswerter, wenn die privaten Initianten des Projekts diese Abklärungen vornehmen würden. «Die Kritik am Projekt ist weder nachvollziehbar noch fundiert. Lassen wir die Initianten die Antworten liefern und uns das Denken nicht verbieten.»

FDP: Verschleuderung von Steuergeldern

Sonja Döbeli Stirnemann (FDP) schloss sich der CVP an: «Die beiden Forderungen der Volksmotion sind zwar absolut begründet. Trotzdem lehnt die FDP die Volksmotion ab.» Zum einen müssen die Initianten laut Döbeli diese Fragen sowieso beantworten und das Projekt muss sich innerhalb der gesetzlichen Vorgaben bewegen. «Deshalb wäre das eine Verschleuderung von Steuergeldern.» Trotzdem stehe die Stadt in der Verantwortung. «Die Motionäre wollen primär kein Parkhaus. Diese kategorische Ablenkung ist ein Denkverbot, und das stört uns. Seit Jahren diskutieren wir über die Lösung des Carproblems am Schwanenplatz. Das Musegg-Parkhaus würde die Innenstadt markant vom Verkehr befreien.»

Grüne: Unrealistische Kompensation

Christian Hochstrasser (Grüne) sprach sich dezidiert gegen das Musegg-Projekt aus: «Ein solches Parkhaus würde unbestritten viel Verkehr im Quartier generieren. Aus unserer Sicht ist es absolut unrealistisch, dass die Mehrfahrten kompensiert werden könnten.» Das Musegg-Parkhaus sei schlicht kein Projekt für die Zukunft. Die Grünen würden keinen Grund für solch ein Parkhaus sehen. «Wir sehen keine Möglichkeit, wie sich das Projekt so weiterentwickeln könnte, dass wir jemals zustimmen könnten. Die Initianten haben die Möglichkeit, weiter zu planen. Aber es würde schwierig, die weiteren Hürden zu meistern.»

Borgula: Stadtrat sagt nicht definitiv Ja

Stadtrat Adrian Borgula (Grüne) stellte den Standpunkt der Exekutive dar: «Der Stadtrat will den Initianten eine Chance geben. Sie sollen aufzeigen, wie die Innenstadt dank des Projekts attraktiver wird und wie das Carproblem gelöst werden kann.» Zentrale Bedingung sei die Kompensation von 300 bis 600 Oberflächenparkplätzen. «Es darf unter dem Strich keinen Mehrverkehr geben.» Der Parkplatzabbau wäre laut Borgula eine Aufwertung der Innenstadt, die entlastet werden könnte.

«Wir werden uns intensiver mit den Ängsten der Anwohner und Politiker auseinander setzen müssen.»

Fritz Studer, VRP Musegg-Parkhaus-AG

Aber Borgula dämpfte auch zu hohe Erwartungen: «Der Carverkehr, der dank des Musegg-Parkhauses verlagert würde, macht nur ein Prozent des Verkehrs auf der Seebrücke aus.» Die beiden Forderungen der Volksmotion seien zudem auch für den Stadtrat Bedingungen, damit das Projekt gelingen könne. «Trotzdem lehnt der Stadtrat die Volksmotion ab, weil sie sich klar gegen das Projekt richtet. Der Stadtrat sagt heute nicht definitiv Ja zum Projekt. Aber er will den Initianten die Möglichkeit geben, das Projekt weiter auszuarbeiten.»

Initianten wollen sich mehr anstrengen

Auch Fritz Studer verfolgte die Diskussion live im Rathaus. Studer ist Verwaltungsratspräsdient der Musegg Parking AG (siehe Box). Nach der spannenden Debatte sagte er zum haarscharfen Abstimmungsergebnis gegenüber zentral+: «Wir werden uns intensiver mit den Ängsten der Anwohner und Politiker auseinander setzen müssen. Auch an der Kommunikation müssen wir noch schwer arbeiten.»

Insbesondere gelte es nun in den nächsten Monaten, und dann speziell vor der Volksabstimmung, die vielen Vorteile des Parkhaus-Projekts stärker zu betonen. «Gelingt uns das, bin ich zuversichtlich, dass wir die Volksabstimmung gewinnen können.» Knackpunkt sei sicher auch, dem Gewerbe den Abbau von 300 bis 600 Oberflächenparkplätzen als Vorteil zu verkaufen. «Auch das ist möglich», gibt sich Studer zuversichtlich.

 

 

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1 Kommentar
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    Casiboy, 26.03.2015, 17:41 Uhr

    Mit Freude und Sorge nehme ich Kenntnis vom Ergebnis der Abstimmung.
    Viel Geld wurde gespart und nicht dumm vom Parlament ausgegeben. Die Initianten von Metro und Museggparkhaus leisten Fronarbeit. Aber eben, die Grünen wollen kein Parkhaus aber wollen viel Geld des Steuerzahlers für Planung ausgeben um diese dann auch wenn es gute Gründe dafür gäbe zu bekämpfen. Für mich ist dies nicht nachvollziehbar. Es ist schade, dass die Cars, welche 1 % der Verkehrsbelastung in Luzern ausmachen als Aufhänger für das Verkehrschaos herhalten müssen. Schuld daran ist eher die Zentrumsbelastung des Bahnhofs. Alles beginnt und endet dort. Die Politik hat diesen Verkehr hierher gezogen und die Cars müssen es jetzt ausbaden.

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