25'000 Franken für einen Tisch

Luzerner Regierung leistet sich «Luxus-Lounge»

Hinter diesen Mauern wird kräftig investiert: Im Ritterschen Palast leistet sich die Regierung eine Luxus-Lounge. (Bild: zentral+)

Der Kanton pfeift finanzpolitisch aus dem letzten Loch. Auf eine Sparmassnahme folgt die Nächste. Just in dieser Zeit leistet sich der Luzerner Regierungsrat ein flottes «Gästezimmer». Das sei unverantwortlich, ärgern sich Politiker, und sprechen von einer «schallenden Ohrfeige».

Im Ritterschen Palast sind die Bauarbeiten in vollem Gange. Für insgesamt 795’000 Franken werden zur Zeit die Vorräume des Regierungsratssaals renoviert. Darin enthalten sind die Kosten für den Umbau, die Renovation und die Möblierung. Die Instandsetzungskosten, die bauliche Massnahmen zur Werterhaltung und Sicherheit umfassen, machen aber lediglich rund 300’000 Franken aus. 

Teure Spezialanfertigungen

Wie zentral+ aus gut unterrichteten Quellen weiss, macht die neue Inneneinrichtung einen massgeblichen Teil der Gesamtkosten aus. Alleine der Tisch im Gästezimmer kostet 25’000 Franken. Es handelt sich um eine arbeitsintensive Massanfertigung. Dazu kommen unter anderem passende Beistellmöbel, weiteres Büromobiliar für den Arbeitsplatz der Standesweibelin und eine neue Beleuchtung.

«Und das gerade jetzt, wo sonst überall gespart wird.»

Ralph Hess, Kantonsrat Grünliberale

Für die Neugestaltung der Innenräume, die unter Verwendung kostspieliger Materialien und stilvoller Einrichtung erfolgt, zeichnen sich zwei bekannte Luzerner Büros für Innenarchitektur verantwortlich. Beide, sowohl die Antonietty Architekten AG als auch die Krucker Partner AG, haben sich auf die Gestaltung von Räumen für Gäste spezialisiert. Die Federführung des Projekts unterliegt der kantonalen Dienststelle Immobilien.

«Der Kanton kratzt überall Geld zusammen, spart an allen Ecken und Enden. Und was macht der Regierungsrat? Er richtet sich für teures Geld hübsch ein!», regt sich Ralph Hess, Kantonsrat Grünliberale, auf.

Zu den einzelnen Budgetposten konnten in den vergangenen Tagen keine weiteren Details in Erfahrung gebracht werden. Weder Kantonsbaumeister Urs Mahlstein noch sein Stellvertreter Franz Müller, Leiter Baumanagement, waren für eine Stellungnahme erreichbar.

zentral+ versuchte auf Anfrage, einen Augenschein vor Ort im Regierungsgebäude zu nehmen. Laut Philipp Berger, Kommunikationsbeauftragter und stellvertretender Informationschef des Kantons, sei eine Besichtigung aber erst nach Abschluss der Arbeiten Ende April möglich. Ausnahmen würden keine gemacht.

Regierung rechtfertigt ihren Entscheid

Hess selbst erfuhr letzten Sommer von den Plänen der Regierung, das Vorzimmer zum Regierungsratssaal und die benachbarten Räume zu einer Lounge umzubauen. Und hat von der Regierung mit einer dringlichen Anfrage Rechenschaft verlangt.

«Eine simple Renovation hätte ausgereicht.»

Ralph Hess

Wie der Regierungsrat in seiner Antwort vom 23. Juni 2014 dem Kantonsrat mitteilt, seien die Vorräume des Regierungsratszimmers in einem schlechten Zustand und müssten dringend renoviert werden. Diese seien letztmals vor rund vierzig Jahren überholt worden. Aus heutiger Sicht seien die damaligen Arbeiten unzureichend ausgeführt worden. Vor allem habe man «für ein historisches Gebäude dieser Wichtigkeit und Nutzung ungenügende Materialien verwendet».

Auch die Beleuchtung sei mangelhaft und nicht energieeffizient, die Tapeten seien provisorisch repariert, die Fenster sanierungsbedürftig und die «Einrichtung nicht mehr zeitgemäss», so der Regierungsrat. Grund genug also, diese Räumlichkeiten einer Totalsanierung zu unterziehen. Dem Regierungsrat aber schwebt mehr vor.

In seiner Antwort erklärt der Rat weiter: Die Räume würden neben den Regierungsratssitzungen auch für den Empfang von Gästen genutzt. Diesen Anforderungen genügten die Räume in diesem Zustand nicht mehr. Zudem würden die Räume im Zuge der Renovation modernisiert, «um den erweiterten Anforderungen gerecht zu werden», schreibt die Regierung. Repräsentativ soll das Vorzimmer also werden. Geplant ist auch eine kleine Küche.

Wichtige Fragen bleiben unbeantwortet

Ralph Hess ist mit der Antwort des Regierungsrates auch ein gutes Dreivierteljahr später noch nicht zufrieden. Auch in der anschliessenden Diskussion während der Kantonsratssitzung sei die Regierung nicht auf seine Hauptfrage eingegangen.

«Aus der Antwort war nicht ersichtlich, warum der Regierungsrat eine Luxus-Lounge mit Küche braucht», kritisiert Hess die Stellungnahme. Zwischen den baulichen Massnahmen zwecks Substanzerhalt und Sicherheit und den zu hohen Ausgaben zur Innenraumgestaltung und -Ausstattung sei beim besten Willen keine dringende oder zwingende Notwendigkeit zu erkennen.

«Als privater Unternehmer muss ich jeden Franken umdrehen. Beim Kanton ist das offenbar anders.»

Ralph Hess

Für Hess gehen die von der Regierung beschlossenen Ausgaben klar zu weit. «Als privater Unternehmer muss ich jeden Franken umdrehen. Beim Kanton ist das offenbar anders.» Er vermisst den haushälterischen Umgang mit den Steuergeldern. «Eine simple Renovation hätte ausgereicht.» Noch mehr wurmt ihn, dass die Regierung gegenüber dem Bürger in Sachen verantwortungsvollem Umgang mit Steuergeldern so unsensibel auftrete. «Und das gerade jetzt, wo sonst überall gespart wird.» Das sei eine schallende Ohrfeige.

Wie war das mit dem Sparen? 

Ralph Hess fragt sich, wo bei solchen Ausgaben «die moralische Grenze liegt». Denn das Gesetz lässt dem Regierungsrat nämlich grossen Spielraum.

Bis zu drei Millionen Franken erfolgt die Ausgabenbewilligung bei frei bestimmbaren und gebundenen Ausgaben durch Beschluss des Regierungsrates, besagt das Gesetz über die Steuerung der Finanzen und Leistungen (FLG).

«Bis heute bleibt nicht ganz nachvollziehbar, wie sich Gesamtkosten von 795’000 Franken zusammensetzen und wozu sie gut sein sollen», meint Hess. Mit seiner Kritik ist der Politiker nicht alleine. Auch Michael Töngi (Grüne) und Felicitas Zopfi (SP) haben sich laut Ratsprotokoll konkretere Antworten gewünscht.

Die politische Verantwortung für diese baulichen Massnahmen liegt schlussendlich beim Finanzdepartement. zentral+ wollte vom zuständigen Departementsvorsteher Marcel Schwerzmann wissen, wie er den Bürgern gegenüber die hohen Kosten für diese Innenraumgestaltung in Zeiten des Spardrucks rechtfertige. Die Anfrage von zentral+ vom vergangenen Freitag blieb bis zur Stunde unbeantwortet.

 

Liegt so eine Lounge in Zeiten des Spardrucks drin? Was meinen Sie? Nutzen Sie die Kommentarfunktion. 

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4 Kommentare
  • Profilfoto von tvm
    tvm, 17.03.2015, 12:56 Uhr

    ein weiteres Beispiel, wie Nehmerkantone bedenkenlos (hirn…) nicht selber verdientes Geld ausgeben und dadurch eigentlich wieder einerseits das eigene und andererseits fremde Kantons-Budgets über- statt entlasten …

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  • Profilfoto von GH
    GH, 17.03.2015, 12:55 Uhr

    Bei den nächsten Wahlen kann man diesen Sonntagsrednern die rote Karte zeigen !

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  • Profilfoto von Rower54
    Rower54, 17.03.2015, 12:34 Uhr

    Unglaublich – wer soll dann sparen, wenn die Regierung es schon nicht tut?

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  • Profilfoto von Christian Herbert Hildebrand
    Christian Herbert Hildebrand, 16.03.2015, 17:06 Uhr

    Eine schallende Ohrfeige für alle NFA Geberkantone.

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