Sparpläne der Luzerner Regierung

«Zwangsferien-Vorlage» hat schlechte Karten

Die Sparmassnahme der Regierung könnte auch die Berufsschule des KV Luzern treffen. (Bild: bra)

Die Luzerner Regierung will als kurzfristige Sparmassnahme «Zwangsferien» für Kantons- und Berufsschulen einführen. Das sorgte in den letzten Tagen für heftige Kritik von Seiten der Studenten- und Lehrerschaft. Jetzt scheint diese Stimmung auch beim Kantonsrat angekommen zu sein. Wir zeigen mögliche Szenarien zu den «Zwangsferien» auf.

Der Spardruck der Luzerner Regierung führt zu einer ungewöhnlichen Idee: In den kommenden zwei Jahren sollen die Kantons- und Berufsschulen jeweils für eine Woche ihre Türen schliessen. Das Personal von Berufsschulen und Gymnasien würde damit die angehäufte Überzeit abbauen. Die Einsparungen sollen laut Finanzdepartement für 2014 und 2015 total rund 8 Millionen Franken betragen. Auf die Löhne habe die Vorlage keinen Einfluss, so der Luzerner Finanzdirektor Marcel Schwerzmann.

Kaum vorgeschlagen, wehte dem «Zwangsferien»-Vorschlag ein heftiger Wind entgegen: «Schüler drohen mit Streik», Mittelschullehrer sind «geschockt» und «Berufschullehrer prüfen Klagen», so titelten verschiedene Medien. Doch wie wahrscheinlich sind diese möglichen Gegenaktionen? 

Widerstand bei den Berufsschullehrern

Ein erstes Szenario: Die Berufsschullehrer gehen rechtlich gegen drohende Zwangsferien vor. Der Vize-Präsident des Luzerner Berufsschullehrerverbands, Stefan Moser, will eine entsprechende Klage beim Bund prüfen lassen. «Laut unseren Abklärungen wird das Minimum der Anzahl an Lektionen in Luzern bereits heute unterschritten», sagt er gegenüber zentral+. Der Bund könnte theoretisch die Kantone zur Einhaltung zwingen.

Die Folgen für den Kanton Luzern wären aber nicht sehr dramatisch. Laut dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation würde eine entsprechende Beschwerde nur zu einer Abmahnung führen. Zu mehr nicht. Entsprechende Verfahren seien noch nie durchgeführt worden, erklärt ein Sprecher des Bundesamtes gegenüber zentral+. Und zuerst müsse genau überprüft werden, ob das Minimium an Lektionen tatsächlich unterschritten würde. Ein Verfahren wäre lang und sehr aufwendig. Dass diese Klage wirklich gemacht wird, ist demnach unwahrscheinlich.

Aber gleichzeitig lobbyieren die Berufsschullehrer bei verschiedenen Kantonsräten. Aus den Gesprächen sei der Grundtenor bis jetzt einhellig: «Es geht um die bewährte duale Berufsbildung und die Lehre. Diese würden geschwächt. Dort schraubt man nicht gerne», sagt Moser. Die Gespräche scheinen Wirkung zu zeigen. Doch davon später.

Schülerstreik denkbar?

In den letzten Tagen war auch – so das zweite Szenario – von «Schüler-Streik» zu lesen. Tatsächlich schlossen sich die Kantonsschüler von Sursee, Beromünster, Schüpfheim, Musegg und Alpenquai zu einem Dachverband zusammen. Dieser Zusammenschluss weckt Erinnerungen an ein Komittee, das vor gut einem Jahr rund 1’500 Schüler und Lehrer gegen geplante Kürzungen bei der Kantonsschule Musegg mobilisieren konnte. Doch wie sich herausstellte, ist für Kantonsschüler ein Streik heute keine Option. «Das wäre kontraproduktiv», sagte der Sprecher Serafin Curti gegenüber SRF.

Die Kantonsschüler wollen mit andern Mitteln erreichen, dass die Luzerner Regierung ihre Sparidee verwirft: «Bereits vorher starten wir eine Petition und werden die Unterschriften zusammen mit einer Protestschrift dem Luzerner Finanzdirektor Marcel Schwerzmann übergeben. Sollte der Protest die Politiker unbeeindruckt lassen, behalten sich die Kantonsschüler weitere Aktionen vor. Welche das sind, bleibt bis zur Entscheidung im Parlament unklar. Diese wird nun mit Spannung erwartet.

Politiker reagieren

St. Gallen verordnete «Zwangsferien»

Der Kanton St. Gallen hatte im Frühjahr 2012 entschieden, «auf Kosten der Berufsfachschulen Millionen zu sparen». Laut Ruedi Giezendanner, Leiter Amt für Berufsbildung des Kantons St. Gallen, seien die Reaktionen der Lehrer, Politiker und Bürger im Vorfeld ähnlich harsch gewesen wie in Luzern. St. Gallen schloss trotzdem sämtliche Berufsfachschulen für eine Woche. Heute zieht Giezendanner Bilanz: «Die Rechnung ist aufgegangen.» Die St. Galler Kantonskasse wurde dank den verordneten Zwangsferien um 2.8 Millionen Franken entlastet.

Allerdings spricht Giezendanner von einer einmaligen Aktion, die kaum wiederholt werde. «Von der Idee war anfänglich niemand begeistert. Es ging einzig und allein darum, Geld zu sparen», sagt der St. Galler Amtsleiter.

Die aufgebrachte Stimmung gegen die «Zwangsferien-Vorlage» scheint mittlerweile auch bei einer Mehrheit der Kantonsräte angekommen zu sein. Mitte Dezember wird das Parlament darüber beraten. Guido Müller, Fraktionspräsident der SVP, sieht sich schon jetzt in der Minderheit. «Die linken Parteien und Direktbetroffene werden gegen den Vorschlag der Regierung opponieren», prognostiziert er. Allenfalls hätte die SVP noch die FDP an ihrer Seite. Die Liberalen müssten sich aber noch ausführlich mit der Sparidee auseinandersetzen, bevor sie eine Entscheidung treffen, sagt FDP-Kantonsrätin Angela Pfäffli-Oswald.

Erstaunlich deutlich sind allerdings die Meinungen innerhalb der CVP-Fraktion gemacht. Ludwig Peyer, Mitglied der Bildungskommission, habe bis jetzt nur ablehnende Stimmen gehört: «Ich gehe davon aus, dass der einwöchige Shutdown der Berufsschulen und Gymnasien in unserer Fraktion keine Mehrheit finden wird.» Mit der CVP wäre die politische Mitte des Kantonsrates und damit tendenziell eine Mehrheit des Parlaments gegen die Sparmassnahme.

Entsprechend klar sind die Stimmen der linken Parteien: Die SP/Juso-Fraktion halte nichts von der Sparidee und sei deutlich dagegen, sagt Silvana Beeler Gehrer, Fraktionspräsidentin der SP/Juso. Und auch die Grüne Kantonsräten Monique Frey spricht sich gegen die Vorlage aus.

«Kein Kommentar auf Vorrat»

Finanzdirektor Marcel Schwerzmann hält derweil an seinen Plänen fest: «Die Regierung diskutiert im Dezember den Budgetentwurf mit dem Parlament.» Auf Vorrat wolle sein Departement nichts weiter kommentieren.

Ein Plan B für alternative Einsparmöglichkeiten sei laut Finanzdepartement derweil nicht in Sicht. Die «Zwangsferien» würden bei einer separaten Abstimmung aus dem Budget gestrichen. Bei einer Summe von 3,6 Milliarden Franken würde das Gesamtbudget noch im Bereich der «Schwarzen Null» liegen, so die Regierung.

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